BLKÖ:Ullrich, Joseph Anton

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 49 (1884), ab Seite: 16. (Quelle)
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Ullrich, Joseph Anton (Entomolog, geb. zu Piltsch in Preußisch-Schlesien am 24. Mai 1790, gest. in Wien am 15. November 1858). Auf den Wunsch seiner Eltern, welche ein Bauerngut besaßen, wollte er sich dem geistlichen Stande widmen und besuchte zu diesem Zwecke 1810 das königlich katholische Gymnasium zu Leobschitz als Alumne, doch besann er sich bald eines Andern, denn wir finden ihn schon im genannten Jahre auf der Wiener Universität als Hörer der Mathesis forensis. Aber wieder muß er schnell umgesattelt haben, denn in dem Zeugnisse, welches ihm die Architecturschule der k. k. Akademie der bildenden Künste unterm 9. November 1813 ausstellte, heißt es, „daß er seit drei Jahren mit einem guten Talente und besonderen Fleiß diese Schule frequentirte“. In gleicher Zeit hörte er auch die besondere und allgemeine Rechenkunst an gedachtem Institute. Bei einem Baumeister in Klosterneuburg erlernte er dann das [17] Maurerhandwerk durch drei Jahre und stand daselbst auch kurze Zeit als Geselle in Arbeit. Seine amtliche Laufbahn begann er als zeitlicher Diurnist des Baudepartements der k. k. niederösterreichischen Provinzial-Staatsbuchhaltung. 1817 als beeideter Diurnist bei dem k. k. Hofbaurathe in Wien angestellt, wurde er 1819 zum Ingrossisten befördert, jedoch bei dem Baudepartement der Triester Staatsbuchhaltung exponirt, wo er auch als Localcommissionsmitglied bei den städtischen Baugegenständen in Verwendung kam. 1824 zum Rechnungsofficial im Baudepartement der Staatsbuchhaltung zu Linz ernannt, rückte er daselbst 1826 bis 1831 in die höheren Gehaltsstufen vor und ward 1840 auf sein Ansuchen in gleicher Eigenschaft zum k. k. Hofbaurathe in Wien versetzt. 1847 erhielt er bei dieser Behörde eine Oberingenieursstelle und gleichzeitig die Zuweisung zur Dienstleistung im Hofstaatsbaudepartement. Nach Auflösung des Hofbaurathes wurde er als Oberingenieur zur neu creirten k. k. Generalbaudirection übernommen und als Inspector-Stellvertreter zum Vorstande des Hofstaatsbaudepartements bestellt. Als aber die Umwandlung der Generalbaudirection in eine Bausection des k. k. Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten erfolgte, kam er in gleichen Eigenschaften zu dieser Centralstelle. In dieser amtlichen Stellung starb er, 69 Jahre alt, vom Schlage im Kaffeehause „Casa piccola“ getroffen. Er hinterließ eine Witwe Josephine geborene Krinnes, seine zweite Frau, und liegt auf dem Matzleinsdorfer Friedhofe begraben [siehe S. 18 die Quellen]. Dem vorstehenden Lebenslaufe des Beamten schicken wir noch Einiges über den Naturforscher nach, da wir ihm eigentlich als solchem eine Stelle in unserem Werke einräumen. Ullrich war einer der fleißigsten und glücklichsten unter den Insectensammlern in Oesterreich; es verdankt ihm sowohl die Entomologie überhaupt Bereicherungen, als auch insbesondere die Fauna austriaca die Einreihung vieler neuen Species; vorzüglich aber waren es die Coleopteren, denen er seine Thätigkeit zuwendete, und er stand in Tauschverkehr mit den Capacitäten der Entomologie in Europa. Schon in der ersten Auflage von Dejean’s „Catalogue de la collection de Coleopteres“ (Paris 1821) wird er unter den Autoren angeführt. In Germar’s „Fauna insectorum Europae“ (begonnen 1812 von Ahrens) finden sich einige von Ullrich gefangene und beschriebene Arten [fasc. XI, Nr. 19; fasc. XII, Nr. 21 und 23; fasc. XV, Nr. 3]. Seine Verdienste um die Entomologie wurden 1843 durch die Ernennung zum ordentlichen Mitgliede des entomologischen Vereines in Stettin anerkannt. Ullrich lebte die Zeit mit, in welcher zu Wien ein dem holländischen Schwindel in Tulpen ähnlicher in Coleopteren in Blüte stand. Seine äußerst reichhaltige Sammlung von Coleopteren wurde kurze Zeit vor seinem Tode dem kaiserlichen zoologischen Museum in Wien einverleibt. Hatte Dr. Redtenbacher schon in der ersten Auflage seines Werkes: „Fauna austriaca. Die Käfer“ (Wien 1849) der Unterstützung, welche er durch Ullrich genossen, dankend gedacht, so bezeichnet er in der Vorrede der zweiten Auflage (Wien 1858, S. VI) die für das kaiserliche Museum erworbene Collection unseres Entomologen als „eine Sammlung, die allein es mir möglich machte, meiner Arbeit die jetzige Ausdehnung und Vervollkommnung zu geben“. Und in der That, wenn man [18] Redtenbacher’s Werk nur durchblättert, so wird man die Richtigkeit dieser Angabe bestätigt finden. Ullrich’s Name ist durch Bezeichnung von Specien unter seinen Fachgenossen verewigt, so bezüglich der Coleopteren durch: Carabus Ullrichii Germ., Elaphrus Ullrichii Redt.; bezüglich der Hemipteren durch: Triphleps Ullrichii Mus. Vien., Trapezonotus Ullrichii Fieber, Ophthalmicus Ullrichii Fieber. Als Schriftsteller ist unser Fachgelehrter nur einmal aufgetreten, und zwar im ersten Jahrgang [1851, S. 47] der Sitzungsberichte und Abhandlungen des Wiener zoologisch-botanischen Vereines mit dem Aufsatze: „Neue Käfer der Wiener Fauna“.

Gistel (Johannes). Lexikon der entomologischen Welt, der carinologischen arachnologischen (Stuttgart 1846, E. Schweizerbart, 8°.) S. 72.
Ulrich’s Grabdenkmal. Unser Entomolog ruht, wie bereits erwähnt, auf dem Matzleinsdorfer Friedhofe (Grab Nr. 3088). Auf dem Grabsteine Ullrich’s wollte man dessen entomologische Thätigkeit ersichtlich machen, leider fiel die Aufgabe unfähigen Händen zu. Von grobem Sandsteine hergestellt, zeigt das Denkmal nebst einem gleichfalls nicht besonders gelungenen Reliefporträt des Verstorbenen in Medaillonform noch einen Käfer (Lucanus cervus), einen Schmetterling und eine Fliege. Die Inschrift lautet: „Hier ruhet Herr | Josef Ullrich, | K. k. Oberingenieur im Ministerium des Handels und der Gewerbe | und der öffentlichen Bauten. | Vorsteher des Hofstaats- | Baudepartements, | geboren den 24. May 1790, | gestorben den 15. November 1858“.