BLKÖ:Ulfeld, Corfiz Anton Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Ulbrich, Maximilian
Band: 48 (1883), ab Seite: 290. (Quelle)
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Ulfeld, auch Ulefeld und Uhlefeld, Corfiz Anton Graf (Staatsmann und Ritter des goldenen Vließes, geb. in Siebenbürgen 15. Juni 1699, gest zu Wien 31. December 1760). Der Sproß eines hochansehnlichen dänischen Geschlechtes, über welches die Quellen S. 293 nähere Nachrichten enthalten, ist Corfiz oder wie er in älteren Quellenwerken genannt wird, Cornificius, ein Sohn Leos aus dessen Ehe mit Anna Maria geborenen Gräfin Sinzendorf. In seiner Jugend Militär, machte er den Feldzug 1716 gegen die Türken mit. Kaiser Karl VI. erhob in Erinnerung an seinen treuen Feldmarschall Grafen Leo Ulfeld, der ihn in die spanischen Erblande begleitet hatte, den Sohn desselben im Jahre 1723 zum k. k. Kämmer, 1724 zum wirklichen Reichshofrath. Zur diplomatischen Laufbahn übertretend, wurde Graf Corfiz Anton 1728 Gesandter am savoy’schen Hofe. Am 23. Juni 1730 vermälte er sich mit Maria Anna, einer Tochter Damian Hugos Grafen von Virmond, Hofdame der damals regierenden Kaiserin. Er verlor seine Gattin schon nach anderthalbjährigem Ehestande, am 19. December 1731 durch den Tod. Da sie ihm keinen Leibeserben geschenkt, hatte sie ihn zum Universalerben ihres großen Vermögens eingesetzt. 1733 ging Graf Ulfeld als böhmischer Comitialgesandter nach Regensburg, im folgenden Jahre als Generalbevollmächtigter für die Generalstaaten nach dem Haag: Im Sommer 1739 fanden die Verhandlungen eines der berüchtigtsten und unglücklichsten Friedensschlüsse statt, jenes von Belgrad, „dieses Ergebnisses“, wie Hammer in seiner „Geschichte des osmanischen Reiches“ schreibt, „unglaublicher Eigenmächtigkeiten und Leichtsinnes von Seite der denselben unterhandelnden österreichischen Bevollmächtigten“. Da wurde denn im December 1739 Graf Ulefeld zum kaiserlichen Großbotschafter an der ottomanischen Pforte und bei diesem Anlasse zum wirklichen geheimen Rathe ernannt. Nachdem er in dieser Eigenschaft am 28. April 1740 seinen prachtvollen Einzug in Wien gehalten hatte, ging er am 18. Mai mit zahlreichem Gefolge und großem Pompe an seinen Bestimmungsort ab. Den 11. Juni auf der Save unweit Belgrads gegen den türkischen Großbotschafter ausgewechselt, langte er im Juli in Constantinopel an, wo er mit großen Feierlichkeiten am 11. August seinen öffentlichen Einzug hielt und am 14. zur Audienz vor den Großherrn vorgelassen wurde. Hammer gibt in seiner vorerwähnten „Geschichte des osmanischen Reiches“ (2. Auflage, Bd. IV, S. 372–386) ein recht anschauliches Bild von den Anmaßungen und dem erbärmlichen Intriguenspiel. welches die Pforte bei allen Verhandlungen mit dem Botschafter systematisch durchführte. Nicht ganz ein Jahr blieb Ulfeld auf seinem Posten. Am 18. April 1741 hatte er seine Abschiedsaudienz bei dem Großsultan, am folgenden Tage verabschiedete er sich vom Großvesir, brach am 4. Mai von Constantinopel wieder nach Wien auf und wurde am 15. Juni zu Esseg gegen den [291] türkischen Großbotschafter ausgewechselt. Am 15. Juli hielt er zu Preßburg seinen feierlichen Einzug, und am 18. traf er in Wien ein. Im August von Maria Theresia, damals Königin von Ungarn, zum wirklichen Conferenzminister ernannt, wurde er im Februar 1742 an Stelle des Grafen Phil. Ludwig Wenzel von Sinzendorf [Band XXXII, Seite 20, Nr. 20] zum dirigirenden Minister der auswärtigen Angelegenheiten berufen, als welcher er am 15. Februar den Eid ablegte. Es war eben zur Zeit, als die in Folge des österreichischen Erbfolgekrieges in Böhmen eingebrochenen französischen Truppen Prag und auch sonst noch viele Punkte dieses Landes besetzt hielten. Nun aber verwandelte der Breslauer Friede (16. Juni 1742), mit welchem der erste schlesische Krieg seinen Abschluß fand, mit einem Male die politische Lage. Die Franzosen sahen sich mitten im Kriege, in welchem sie bisher an Preußen einen mächtigen Bundesgenossen hatten, plötzlich auf sich selbst angewiesen. Durch die österreichischen Truppen, welche überall in Böhmen siegreich vordrangen, aus ihren Stellungen vertrieben, zogen sie sich endlich nach Prag zurück und verschanzten sich auf der Halbinsel von Lieben. Ihre Lage wurde immer bedenklicher, und der allerchristlichste König von Frankreich sah sich genöthigt, bei der Königin von Ungarn einen Waffenstillstand anzusuchen, um wegen der vorgeschlagenen Vergleichspunkte gütliche Unterhandlungen pflegen zu können. Naiv genug berichtet nun eine zeitgenössische Quelle, wie der Graf von Ulfeld im Namen der Königin auf diese Vorschläge eine schriftliche Antwort ertheilte, welche mit dem bekannten Verse: „Fistula dulce canit, volucrem dum decipit auceps“ begonnen und folgendermaßen gelautet habe: „Wenn es auf die Cron Frankreich angekommen, würde das Haus Oesterreich schon gäntzlich vernichtet worden sein und nicht mehr bestehen, ohne daß man auf die feyerlichsten Garantien und Tractaten Acht gehabt hätte. Man habe sich sogar gerühmet, der Königin auf den Basteien von Wien Gesetze zu geben, und man sey darauf umgegangen, Deutschland und gantz Europa das Joch aufzulegen. Allein die Sache der Königin sey mit der von den Fürsten des Reiches und aller Puissancen, denen die Ruhe und Freiheit zu Herzen gehen, so genau verbunden, daß sie sich jetzo gemeinschaftlich bemühen müssen, beydes zu erhalten, wenn man anders an einem stand- und dauerhaften Frieden arbeiten wolte. Und obgleich die Königin bey ihrer Mäßigung friedfertigen Gesinnung beharre, so sey es doch bey dem allen billig und unumgänglich nöthig, nicht nur das ihr zugefügte Unrecht zu vergüten, sondern sich auch wider dergleichen Unternehmungen aufs künfftige in Sicherheit zu setzen u. s. w.“ Noch im gedachten Jahre 1742 wurde Graf Ulfeld zum königlich ungarischen Ober-Hof- und Staatskanzler, im Mai 1743 zum Oberst-Erbland- und Silber-Kämmerer in Böhmen und zum General-Postdirector in den Erblanden ernannt und am 31. März d. J. in die steirische Landmannschaft aufgenommen. Am 6. Jänner 1744, an welchem Tage Feldmarschall Traun den Orden des goldenen Vließes erhielt, verlieh die Kaiserin auch dem Grafen dieses Ehrenzeichen, und im Juli 1745 erhob sie ihn zum Präsidenten der Conferenzen. Er blieb es bis zum Jahre 1753, in welchem er dem Grafen Kaunitz seinen Platz einräumen mußte und nun zum Obersthofmeister ernannt, auf Staatsgeschäfte keinen Einfluß [292] mehr nahm. Andreas Graf Thürheim, ein gewiegter Kenner jener Periode, der ebenso in amtliche Quellen, wie in interessante Privatmittheilungen aus jenen Tagen Einsicht zu nehmen Gelegenheit hatte, schildert Ulfeld als einen ehrenhaften, aufrichtigen Charakter und treuen Diener Oesterreichs, aber auch als einen Mann, dem die nöthigen geistigen Eigenschaften und Kenntnisse fehlten für seinen Posten, auf den er durch Bartenstein’s damals Alles überwiegenden Einfluß gestellt worden war. Ulfeld’s Rede bewegte sich in unbestimmten Ausdrücken, in abgerissenen Sätzen; er selbst hielt sich für einen großen Mann, wurde aber ganz von Bartenstein geleitet, ohne dessen Rath er nichts unternahm. Maria Theresia nannte ihn nur „le bon homme“; ohne seinen Rath immer zu befolgen, sah sie den Grafen, der übrigens ein guter Referent war, doch stets gern. Mit Bartenstein gemeinschaftlich galt Ulfeld als einer der entschiedensten Gegner des Feldmarschalls Traun, dessen strategischen Vornahmen er durch seinen Einfluß in der Conferenz oft hinderlich entgegentrat. Graf Ulfeld hatte sich am 16. April 1743 zum zweiten Male, mit Maria Elisabeth, Tochter des Fürsten Philipp von Lobkowitz aus dessen Ehe mit Maria Wilhelmine Gräfin Althan vermält. Maria Elisabeth (geb. 23. November 1726, gest. 29. Juli 1786) schenkte ihrem Gatten einen Sohn Johann Baptist (geb. 7. Mai 1745), der in jungen Jahren vor dem Vater starb, und zwei Töchter: Elisabeth (geb. 19. September 1747, gest. 27. Jänner 1791), welche sich am 29. August 1765 mit Georg Christian Grafen von Waldstein, dem Urgroßvater des jetzt lebenden Johann Grafen Waldstein, vermälte; und Wilhelmine (geb. 12. Juni 1744, gest. 18. Mai 1800), vermält am 30. Juli 1761 mit Franz Joseph Grafen von Thun-Hohenstein [Bd. XLV, S. 22, Nr. 28], dem Urgroßvater des Grafen Leo Thun. Das Andenken an den Grafen Ulfeld und seine Familie ist im Laufe der Zeit ganz verwischt worden. Es erhielt sich noch im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts, als Corfiz Graf Ulfeld 1773 in Wien das Haus Nr. 41 (alte Numerirung) auf dem Minoritenplatz kaufte. 1783 ging dieses Gebäude an des Grafen Tochter Elisabeth vermälten Graf Waldstein über, die es 1799 an den Staat verkaufte, welcher es zur polnischen Kanzlei verwendete, worauf es längere Zeit k. k. Aerarialgebäude blieb. Dann kam es wieder in Privatbesitz, und zwar besaß es zuerst Nicolaus Baronowsky, zuletzt die Fürstin Dietrichstein. In diesem Hause wohnte und starb der Hofschauspieler Joseph Wagner. 1875 wurde der rückwärtige Tract demolirt, um den neuen Burgtheaterarkaden Platz zu machen. Nur der Ulfeldthurm am kaiserlichen Lustschloß Laxenburg erinnert an den Namen der Ulfeld, doch weiß man über den Ursprung der Bezeichnung jenes Thurmes nichts Näheres.

Europäische Fama (Leipzig 1735 u. f., Gleditsch, 8°.) 188. Theil, S. 629; 284. Theil, S. 671; 285. Theil, S. 714; 331. Theil, S. 588; 343. Theil, S. 601. – Thürheim (Andreas Graf). Feldmarschall Otto Ferdinand Graf von Abensberg und Traun 1677–1748. Eine militärisch-historische Lebensskizze (Wien 1877, Braumüller, gr. 8°.) S. 86, 116, 120, 143 und 151. – Majláth (Johann Graf). Geschichte des österreichischen Kaiserstaates (Hamburg 1850, Perthes, 8°.) Bd. III, S. 360; Bd. IV, S. 474 und 643; Bd. V, S. 30 und 34. – Schlosser. Geschichte des achtzehnten und des neunzehnten Jahrhunderts bis zum Sturze des französischen Kaiserreichs. Dritte Auflage. Band II, S. 233 und 235.