Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Ulfeld, Franz Anton
Band: 48 (1883), ab Seite: 294. (Quelle)
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II. Einige besonders denkwürdige Sprossen der Grafen Ulfeld.

1. Corfiz (geb. 10. Juni gest. bei Neuenburg im Breisgau am 20. Februar 1664), ein Sohn Jacob Ulfeld’s aus dessen Ehe mit Brigitte Broggenhuss und Vater des österreichischen Feldmarschalls Leo Grafen Ulfeld [3]. Wir sind nicht im Stande, die einzelnen Momente des bewegten Lebens des in Rede Stehenden in eine kurze Skizze zusammenzufassen. Wenn dasselbe auch zahlreiche Bearbeiter gefunden, eine vorurtheilslose Darstellung, auf authentischen Urkunden beruhend, steht noch aus. Nach verschiedenen Reisen ins Ausland und nachdem er einige Jahre unter fremdem Namen am Hofe Anton Günthers Grafen von Oldenburg verweilt hatte, kehrte er nach Dänemark zurück und nahm Dienste unter König Christian IV., der ihm bald sehr gewogen ward und die höchsten Ehren verlieh, indem er ihn als Gesandten an den kaiserlichen Hof schickte, 1637 zum Reichshofmeister und obersten Senator der Krone Dänemark ernannte und ihm auch seine natürliche mit Christine Munck erzeugte Tochter Eleonore Christine zur Gattin gab. In der Zeit von 1641–1648 mit vielen diplomatischen Missionen betraut, soll er nach König Christians IV. Tode nach der Krone Dänemarks gestrebt haben. So hieß es, daß er mit Hilfe seiner ehrgeizigen Gemalin, die sich als natürliche Tochter eines Königs einer Königin gleichhielt, Alles angewandt habe, den königlichen Prinzen Friedrich III., damaligen Erzbischof von Bremen, vom Throne zu verdrängen, um die Krone dem leiblichen Bruder seiner Gemalin, Grafen Woldemar Christian von Schleswig, oder, wie Einige wollen, sich selbst und seiner Gemalin zu verschaffen. Jedoch fand am 23. November 1648 die Wahl Friedrichs III. statt. Der neue König behielt Ulfeld in seinen Diensten. Allmälig aber gerieth derselbe bei seinem Gebieter in Verdacht und am meisten dann, als eine leichtfertige Person, Dina von Hamburg genannt, ihn anklagte, daß er den König mit Gift habe vergeben wollen. Sie behauptete, bei Ulfeld anläßlich heimlichen Liebesgenusses sich befunden zu haben. Da hätten sich Tritte dem Gemache genähert und der Graf nur noch so viel Zeit gewonnen, die Dirne zu verbergen, als des Grafen Gemalin Eleonore Christine eingetreten sei. Aus dem nun zwischen beiden Gatten stattgefundenen Gespräche, welches die Dirne von ihrem Verstecke aus erhorcht, habe diese entnommen, daß es sich um einen Plan, den König aus dem Wege zu schaffen, handelte. Diesen Plan verrieth sie einem Obersten Georg Walter, durch den die Geschichte dem König zu Ohren kam. Da nahm die Angelegenheit eine eigenthümliche Wendung, indem Graf Ulfeld dem Könige Anzeige machte, daß man ihm (dem Grafen) und seiner Gemalin nach dem Leben trachte, und daß Oberst Walter von diesem Plane Wissenschaft habe. Die Sache wurde dadurch sehr verwickelt, und als die Angaben der verhafteten Dina von Hamburg sehr wechselten und sich widersprachen, so wurde der Graf von aller Schuld freigesprochen, der Dirne aber am 11. Juli 1651 das Haupt abgeschlagen. Indessen fühlte sich Ulfeld in Dänemark doch nicht mehr ganz sicher und begab sich zunächst nach Schweden, wo er alle Mittel versuchte, die Königin Christine zu einem Kriege gegen Dänemark zu überreden. In Schweden blieb Ulfeld mehrere Jahre, auch dann noch, als Christine 1654 die Krone niederlegte und Karl Gustav 1657 den schwedischen Thron bestieg. Der neue König begann auch wirklich den Krieg gegen Dänemark, und Ulfeld leistete ihm durch seine Anwesenheit bei der Armee nicht unwesentliche Dienste. Indessen hatte dieser in Dänemark alle seine Aemter verloren, und seine sämmtlichen Güter daselbst waren eingezogen worden. Aber auch in Schweden, da er Manches, was er anstrebte, so die alleinige Leitung des Gouvernements Schonen, nicht erreichen konnte, spann er Intriguen, die ihn in den Kerker brachten. Er befreite sich aus [295] demselben durch die Flucht, und nun gelang es ihm durch Vermittlung des Grafen Christian Rantzau, der bei dem Könige Friedrich III. für ihn Fürbitte einlegte, 1661 die Erlaubniß zur Rückkehr nach Dänemark zu erhalten. Auch wurde ihm ein Theil seiner Besitzungen zurückgegeben, und er lebte nun einige Zeit in völliger Ruhe auf seinen Gütern in Fünen, welche er vorläufig nicht verlassen durfte. Später begab er sich mit königlicher Erlaubniß in die Bäder von Spaa, von dort nach Amsterdam, dann incognito nach Paris und zuletzt nach Brügge in Flandern, wo er neuerdings Pläne geschmiedet haben soll, den König von Dänemark um Krone und Reich zu bringen. Diesmal fiel aber seine Sache schlimm aus. Sie kam vor die öffentliche Reichsversammlung, und in derselben wurde er durch einhelligen Beschluß als Beleidiger der Majestät und Verräther des Vaterlandes erklärt und verurtheilt, daß ihm der Kopf sammt der rechten Hand abgehauen, der Leib geviertheilt, und seine Gattin nebst ihren Nachkommen für unehrlich gehalten und auf ewig aus den dänischen Landen verwiesen, überdies sein Wohnhaus geschleift und Alles, was er an Gütern besaß, eingezogen werde. Sein Todesurtheil wurde auch 1663 zu Kopenhagen an einem ihm ähnlichen Wachsbilde vollstreckt, sein Wappen durch den Scharfrichter zerbrochen und an Stelle seines niedergerissenen Hauses eine Schandsäule errichtet, welche noch heute an derselben Stelle stehen soll. Zu gleicher Zeit ward auf seinen Kopf für Jeden, welcher den Verräther lebend oder todt einbringe, ein großer Preis gesetzt und dies an alle Potentaten Europas bekannt gegeben. Nun begannen Ulfeld’s Irrfahrten, da er sich nirgends für sicher hielt. Seine Gemalin wurde mittlerweile, als sie eben zu Dover sich einschiffen wollte, indem der König von England sich nicht schämte, das Gastrecht gegen die hilflose Dame zu verletzen, verhaftet und an Dänemark ausgeliefert, wo man sie zu ewiger Haft in Kopenhagen verurtheilte. Ulfeld aber floh mit seinen Söhnen und einer Tochter in die Schweiz, wo er unter dem angenommenen Namen Johann Anglois in der Nähe von Basel lebte. Da er viele Juwelen mit sich führte, wurde er für einen Juwelier gehalten. Doch durch einen Zufall erkannt und in Furcht, ausgeliefert zu werden, wollte er nach Lausanne fliehen. Er miethete zu Basel ein Schiff und fuhr ab. Während der Fahrt wurde der leidende Zustand, in welchem er dasselbe bestieg, nur schlimmer, und als es sich Neuenburg, einem Städtchen im Breisgau, näherte, gab er sich einem angesehenen Bürger von Basel, der mit ihm zugleich die Fahrt unternommen hatte, als den dänischen Reichskanzler Ulfeld zu erkennen und hauchte kurz darauf seine ruhelose Seele – Ulfeld’s Gattin Leonore Christine (geb. 8. Juli 1621, gest. zu Mariaboe auf der Insel Laland 16. März 1698) ist eine ebenso durch ihre geistigen Gaben und Talente wie durch ihre Schicksale äußerst merkwürdige Frau, die erst vor Kurzem in Johannes Ziegler – siehe S. 296 die Quellen – ihren Biographen gefunden hat. Sie stand ihrem Gatten auf seiner wechselvollen Lebensbahn treu zur Seite, und Holberg sagt von ihr: „Wenn sie wie eine Sünderin in den Kerker ging, so verließ sie ihn wie eine Heilige“. Sie genoß eine vortreffliche Erziehung und zählt zu den gelehrten Frauen ihrer Zeit. Ein Werk, welches sie über tapfere und geistig hervorragende Frauen geschrieben, ist ungedruckt geblieben. Aber sie war nicht blos eine gelehrte Dame, sondern auch Künstlerin von nicht untergeordneter Bedeutung. Am Hofe ihres Vaters, König Christians IV., wurde sie von C. van Mander dem Jüngeren in der Malerei unterrichtet. Es finden sich schöne Miniaturbildnisse von ihrer Hand. Auch stickte sie mit großer Kunstfertigkeit. Auf dem Schlosse Rosenberg war von ihr – und ist vielleicht noch – ein großes gesticktes Bildniß des Königs Christian zu sehen. Dann bossirte sie auch Bilder in feiner Erde. Und alle diese Arbeiten wurden von Kennern bewundert. Gräfin Eleonore Christine galt für eine ebenso schöne als geistvolle Frau ihrer Zeit. Ihr Porträt, von J. Folkema gestochen – sie ist auf dem Schoose ihres Gatten sitzend und ihn umarmend dargestellt – befindet sich in C. Hofmann’s „Portraits historiques des hommes illustres de Danemark“ (1749). Eleonore Christine gebar ihrem Manne fünf Kinder: Anna Katharina, Helene Christine, Christian, Leo und einen dritten Sohn, dessen Name und Schicksale unbekannt sind. – Die Tochter Anna Katharina vermälte sich mit Vigil de Cussette in Flandern. Nachdem sie ihren Gatten und sämmtliche Kinder durch den Tod verloren hatte, folgte sie dem Rufe ihrer Mutier nach Dänemark und theilte mit derselben freiwillig die Haft in dem Kloster auf Laland. – Die zweite Tochter Helene Christine [296] (geb. im October 1643) blieb unvermält. Wie ihre Schwester und ihre Mutter war sie in Künsten und Wissenschaften wohl unterrichtet. Auch verstand sie mehrere Sprachen, dichtete und malte. Sie starb, erst 34 Jahre alt. – Von den Söhnen soll Christian im Auftrage seines Vaters den dänischen Generalmajor Fuchs, als derselbe von König Friedrich III. mit der Bewachung des im Jahre 1661 zur Rückkehr ins Vaterland begnadigten Ulfeld betraut, diese Mission mit großer Strenge durchführte, zu Brügge in einer Carosse ermordet haben. In der Folge begleitete er den flüchtig umherirrenden Vater. Seine weiteren Geschicke sind nicht bekannt. Der andere Sohn Leo brachte es in österreichischen Diensten zu hohen Ehren [vergleiche Nr. 3]. [Quellen zur Geschichte Ulfeld’s und seiner Familie. Ehren-Verantwortung C. Uhlefeld’s wider Dina und Walter (s. l. 1652, 4°.) – Foss (Christian). Judicium de morbo C. Ulfeld (Hafniae 1659, 4°.). – Hoest (Jons Kragh). Leben und Schicksale des Reichsgrafen C. Ulfeld und der Gräfin von Schleswig-Holstein Eleonore Christine. Nach dem dänischen Original ins Deutsche übertragen von Capitän von Jensen (Schleswig 1829, Taubst.-Inst., 8°.). – Paulli (Jacob Henrik). Machinationes C. Ulfeldii (s. l. et d. [1652]), eine Uebersetzung aus dem Dänischen: „C. Ulfeldt’s listige Practiken“ (s. l. et d. [1652], 8°.); – Paus (Hans). Ulfeldt’s Levnet, zwei Bände (Kjoebenh. 1746–1747, 4°.), ins Deutsche übersetzt von Christian Gottlob Mengel (Kopenhagen 1755, 8°.) [unter dem Pseudonym Philander von der Weistritz]. – Leben des Grafen C. Uhlefeld (Breslau 1790, 8°.). – Rousseau de La Valette. Histoire du Comte d’Uhlefeld grand-maître de Danemark sous le règne de Christiern. IV. (Paris 1678, 12°.). – Mengel (Christian Gottlob). Merkwürdige Lebensbeschreibung Eleon. Christinens Gräfin von Ulefeld (Koppen. 1757, 8°.). – Ziegler (Johannes). Denkwürdigkeiten der Gräfin zu Schleswig-Holstein, Leonora Christina vermälten Gräfin Ulfeldt, aus ihrer Gefangenschaft im Thurme des Königsschlosses zu Kopenhagen 1663–1685. Nach der dänischen Original-Handschrift im Besitze Sr. Excellenz des Herrn Johann Grafen Waldstein (zweite Auflage Wien 1882, Gerold’s Sohn 8°., mit Bildnissen). Als Einleitung schickt der Herausgeber eine Geschichte Corfiz Ulfeld’s voraus. – Interessante Lebensgemälde und Charakterzüge der denkwürdigsten Personen aller Zeiten (Wien 1808, Mausberger, kl. 8°.) Bd. II, S. 64–85. – Außer dem bereits erwähnten Porträt der Gräfin von C. Folkema ist mir noch ein Holzschnittbildniß derselben bekannt. Dieses trägt die Unterschrift: „Eleonora Christiana Ulfeld Gräfin von Schleswig-Holstein“. Im oberen Eck rechts liest man: „Eleonora Gräfin v. | Schleswich-Hollstein | C. IV. König v. Dänemark | vnd Chirsten Munck Tochter | Gemalin C. Ulfeld“. Zeichner und Xylograph sind nicht genannt. Das Bildniß, begleitet von einer biographischen Notiz von Edmund Lobedanz auf Grund des Ziegler’schen Buches, befindet sich in der „Illustrirten Welt“ (Stuttgart, Hallberger, Fol.) 22. Jahrgang (1874), S. 400.] –