BLKÖ:Tott, Franz Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 46 (1882), ab Seite: 250. (Quelle)
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Tott, Franz Freiherr (Orientalist und Reisender, geb. 1730 aus einem edlen ungarischen Geschlechte, gest. zu Tatzmannsdorf in Ungarn im Jahre 1793). Wir glauben nicht fehl zu gehen, wenn wir annehmen, daß die Schreibung des Namens Tott mit zwei t eine willkürliche und, da der in Rede stehende Träger desselben ungarischer Abstammung ist, jene mit th die eigentlich richtige sei. Aber schon des Franz Tott Vater, der als Militär in französischen Kriegsdiensten stand und als Brigadier zu Beginn des Jahres 1756 starb, dürfte die Schreibung Tott angenommen haben. Franz, der in Frankreich seine Erziehung genoß, ging 1755 im Gefolge des französischen Gesandten bei der Pforte, Herrn von Vergennes, seines Schwagers, nach Constantinopel, wo er die türkische Sprache erlernte und nützliche Dienste leistete. Im Jahre 1763 kehrte er wieder nach Frankreich zurück, wurde aber von der französischen Regierung [251] 1767 als Resident zu dem Chan der Krimmschen Tataren geschickt, den er nach Ausbruch des Krieges mit Rußland auf dem Zuge nach Neu-Serbien begleitete. Nach dem Tode des Chans begab er sich wieder nach Constantinopel und leistete der türkischen Regierung wichtige Dienste durch Verbesserung ihrer Artillerie und Stückgießerei; auch trug er, nachdem die türkische Flotte bei Tschesme von den Russen in Brand gesteckt und zerstört worden war, sehr viel zur Befestigung und Vertheidigung der Dardanellen bei. Nach dem Abschlusse des Friedens von Kainardsche (17. Juli 1774) nach Frankreich zurückgekehrt, besuchte er später im Auftrage der französischen Regierung die Handelsplätze in der Levante, wo er mehrere Jahre verweilte und sich mit den Sprachen und Sitten des Morgenlandes genau vertraut machte. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich wurde er 1781 Maréchal-de-Camp. Zwei oder drei Jahre vor Ausbruch der französischen Revolution war er Commandant der Stadt Douai. Als er 1790 einen von der Garnison gefaßten Plan vereiteln wollte, erhob sich dieselbe und drohte, ihn an der nächsten Laterne aufzuhängen. Er entzog sich durch die Flucht diesem Schicksale, gelangte nach Paris, ging von da in die Schweiz und suchte zuletzt sein Stammland Ungarn auf, wo er zu Tatzmannsdorf in der Nähe von Schladming, im Eisenburger Comitat, im Alter von 60 Jahren starb. Sein Werk: „Mémoires sur les Turcs et les Tartares“ 4 Vol. (Amsterdam 1784, 8°., auch 2 Vol. Paris 1785, 4°., mit Abbildungen und zuletzt 4 Vol. Maestricht 1786, Dufour, 12°.) machte seinerzeit nicht geringes Aufsehen und wurde hie und da angegriffen, ja als eine berüchtigte Schrift bezeichnet. Doch, wie es scheint, ohne Grund, denn es enthält ohne Zweifel sehr anziehende Nachrichten über die Türkei, die Tatarei, den Archipelagus, Aegypten, Syrien u. s. w. Jedenfalls gebührt ihm das Verdienst, den bis dahin oft sehr irrigen und unverläßlichen Nachrichten über die genannten Länder der Erste wahre und unbefangene Mittheilungen entgegengesetzt zu haben. Anläßlich seines Werkes erschien: „Lettre de M. de Peyssonel contenant quelques observations relatives aux mémoires du Baron de Tott“ (Amsterdam 1785, 8°.), welcher Brief aber eine Entgegnung des französischen Dragomans P. J. M. Ruffin zur Folge hatte. Die obenerwähnte Quartausgabe der „Mémoires“ vom Jahre 1785 enthält die Antwort auf Peyssonel’s Brief. Tott’s Memoiren wurden wiederholt ins Deutsche übersetzt und öfter aufgelegt. So zuerst unter dem Titel: „Merkwürdigkeiten und Nachrichten von den Türken und Tataren. Mit Anmerkungen“ drei Bände (Elbing 1786 u. f., 8°.)] dieselben mit Peyssonel’s Verbesserungen und Zusätzen, zwei Theile (Nürnberg 1787 und 1788, 8°., mit KK.) und wieder mit Peyssonel’s Verbesserungen und Zusätzen (Wien 1788 [Schaumburg und Comp.], 8°., mit KK.). In meinen Nachforschungen über den Ursprung des Tott’schen Baronats – es dürfte wohl ein französisches sein – sowie darüber, welcher der zahlreichen ungarischen Adelsfamilien des Namens Tott der in Rede stehende Freiherr angehöre, bin ich leider zu keinem Resultat gekommen.

Schlosser. Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts und des neunzehnten bis zum Sturze des französischen Kaiserreichs. III. Auflage, Bd. III, S. 218. – Hammer (Jos. von). Geschichte des Osmanischen Reiches, größtentheils aus bisher unbenutzten Handschriften und Archiven (Pesth 1836, Hartleben, gr. 8°.) [252] Bd. IV, S. 435, 502, 516 und 517, 580, 586, 604, 618 und 652.