Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 46 (1882), ab Seite: 90. (Quelle)
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Tomiček, Karl (Abgeordneter im österreichischen Reichstage 1848, geb. zu Ponikl auf der ehemaligen Herrschaft Jilemnice am 11. Februar 1814). Den ersten Unterricht erhielt er in der heimatlichen Dorfschule, und da er sich dem Lehrerstande widmen wollte, bezog er 1829 vorerst das akademische Gymnasium in Prag. Dort wurde er mit Ladislaus Rieger [Bd. XXVI, S. 113] und Wenzel Štulc [Bd. XL, S. 184] bekannt und zählte mit Beiden zugleich in den Humanitätsclassen zu den Lieblingsschülern Jungmann’s [Bd. X, S. 319]. Da aber der Vater schon in den ersten Jahren der Studien des Sohnes starb und mehrere Kinder hinterließ, mußte sich Karl durch Stundengeben seinen Lebensunterhalt selbst erwerben. Mit allem Eifer lernte er weiter und widmete sich, als er die Universität bezog, dem Studium der Rechte, während er zu gleicher Zeit sich auf Sprachen, vornehmlich die französische, verlegte. Nach Ablauf seiner Universitätsjahre trat er die criminalistische Praxis bei dem Prager Strafgericht an, später die judicielle in Kanzleien von Prager Advocaten, während er sich zugleich den Staatsprüfungen aus dem Straf- und Civilrecht und den Rigorosen zur Erlangung der juridischen Doctorwürde unterzog. Diese erlangte er am 7. November 1846. Von da ab bis zum Jahre 1848 als Concipient in einer Advocatenkanzlei thätig, legte er auch die vorgeschriebene politische Staatsprüfung ab. Von Liebe zu seiner Muttersprache von Jugend auf beseelt, betheiligte er sich bereits im Vormärz an Allem, was zur Hebung des Nationalgefühls geplant und ausgeführt wurde, und als im Jahre 1848 die Bewegung ausbrach, nahm er am Slaventage Theil, gelangte in den Nationalausschuß und als Wahlcommissär für das Vicariat Mnichow in den čechischen Landtag. In diesen wurde er von [91] den Vicariaten Hohenelbe und Nimburg, von dem Wahlbezirke Starkenbach aber in den österreichischen Reichsrath gewählt. In letzterem hielt er sich entschieden zur slavischen Rechten und befand sich unter jenen Abgeordneten, welche nach der October-Erhebung gegen die Beschlüsse des nicht vollzähligen Wiener Reichstages von Prag aus Protest erhoben. Dann begab er sich nach Kremsier, um dort seinen Sitz als Abgeordneter einzunehmen. In den parlamentarischen Verhandlungen erscheint er nicht als Redner, als aber die plötzliche Auflösung des Reichstages erfolgte, stand er zu jenen Abgeordneten, welche den Muth hatten, gegen diese Maßregel ihr Veto einzulegen. Im Jahre 1848, schon vor Beginn des Reichstages, wie während desselben, und auch in den späteren Jahren war Tomiček publicistisch thätig, und in der „Narodní noviny“, d. i. Volkszeitung, sowie im „Slovan“ ließ er oft . Artikel erscheinen, welche die politische Lage und andere Zeitfragen erörterten. Als dann im October 1849 die Einberufung von Bezirkscommissionen erfolgte, wurde er zum Rechtsconsulenten jener von Budweis gewählt im Juli 1850 aber zum Obmanncommissär der Kuttenberger Bezirkscommission, in welcher er bis zur Beendigung der Arbeiten derselben im Mai 1853 verblieb. Da sich ihm in Anbetracht seines Verhaltens auf dem Kremsierer Reichstage keine Aussichten im Staatsdienste darboten, widmete er sich der Advocatur und erhielt eine solche im Städtchen Pilgram im Taborer Kreise. Nach dem Umschwunge der politischen Verhältnisse in Oesterreich im Jahre 1861 wurde er in den Bezirken Jelemnice und Rokitna in den böhmischen Landtag gewählt, in welchem er ein eifriges Mitglied des sogenannten čechischen Clubs wurde und, wenn er auch nicht eben unter den Rednern erscheint, sich doch in den Ausschüssen und Commissionen sehr nützlich machte. Nach Ablauf der ersten Wahlperiode im Jahre 1868 trat er von jeder weiteren Candidatur zurück, weil ihm seine Advocatur nicht Zeit ließ, sich dem politischen Treiben noch fernerhin zu widmen. Von dieser Zeit lebt er ausschließlich seinem Berufe als Advocat in Pilgram, wo er ein wahrer Rechtsfreund des Landstädtchens und der ganzen Umgebung desselben ist.

Jungmann (Joseph). Historie literatury české, d. i. Geschichte der böhmischen Literatur (Prag 1849, F. Říwnáč, schm. 4°.). Zweite von W. W. Tomek besorge Ausgabe, S. 642.