BLKÖ:Thurn-Valsassina, Heinrich Matthias

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 45 (1882), ab Seite: 104. (Quelle)
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22. Heinrich Matthias (geb. 1567, gest. 1633), ein Sohn des Franz von Thurn aus dessen zweiter Ehe mit Barbara Schlik. Gleich seinen Eltern dem Protestantismus ergeben, trat er frühzeitig in Kriegsdienste und erhielt von Kaiser Rudolph II. für seine trefflichen Thaten im Feldzuge gegen die Türken die wichtige Stelle eines Burggrafen von Karlstein in Böhmen. Als solcher hatte er sowohl die böhmischen Reichskleinodien, als auch die Freiheitsbriefe des Landes in Verwahrung. Obwohl kein geborener Böhme, gewann er doch sehr bald durch sein wohlwollendes, einschmeichelndes Benehmen, sowie durch sein Bemühen um die Aufrechterhaltung der böhmischen Privilegien und Freiheiten die Gunst des Volkes, durch seinen Eifer für den Protestantismus aber besonders das Vertrauen der Utraquisten. An den Unruhen unter der Regierung Rudolphs II. betheiligt, war er einer der Haupturheber des Majestätsbriefes und wurde von den Ständen zu einem von den dreißig Defensoren des Glaubens ernannt. In dieser Eigenschaft arbeitete er gegen die im Jahre 1617 zur Unterdrückung des Protestantismus getroffenen Maßregeln, besonders aber gegen die Ernennung des Erzherzogs Ferdinand von Steiermark zum Nachfolger des Kaisers Mathias. Dadurch beleidigt, entsetzte der zum König von Böhmen und Ungarn erhobene Ferdinand ihn im Jahre 1618 des Burggrafenamtes von Karlstein und berief den Freiherrn von Martinicz zum Nachfolger auf diesem Posten. Jetzt gab Thurn das Zeichen zum Aufstande der ganzen protestantischen Bevölkerung in Böhmen, wobei am 23. Mai 1618 die kaiserlichen Statthalter [105] Martinicz und Slavata mit dem Secretär Fabricius zu Prag aus den Fenstern des Rathhauses gestürzt wurden. Nach dieser Selbsthilfe setzten sich die böhmischen Stände in Vertheidigungszustand, ernannten eine Regierung von dreißig Personen und übertrugen dem Grafen Thurn die Führung ihres Heeres. Dieser eroberte darauf Krumau, drang, durch die Truppen des Grafen Ernst Peter von Mansfeld verstärkt, nach Mähren vor, nahm Brünn und wurde von allen protestantisch gesinnten Bewohnern des Landes, die an vielen Orten sich erhoben, mit Jubel empfangen. Kaiser Matthias bemühte sich unterdessen um friedliche Beilegung des Streites, und schon sollten in Eger Unterhandlungen eröffnet werden, als er vom Tode ereilt wurde. Ferdinand II. bestieg nun unter den ungünstigsten Verhältnissen den Thron. Die österreichischen Stände machten die Huldigung von der Abhilfe der Religionsbeschwerden abhängig, und Thurn zog mit seinem Heere nach Oberösterreich, um ihren Forderungen, Nachdruck zu geben. Am 5. Juni 1619 stand er bereits vor Wien, er schritt zur Belagerung, und schon hatte er einige Vorstädte erobert, als er auf die Nachricht, daß Mansfeld am 8. Juni 1619 bei Budweis von Boucquoy geschlagen sei und gegen Prag eile, nach Böhmen sich zurückzog, um die Hauptstadt zu decken. Daselbst setzte er auf der von den Protestanten im August 1619 gehaltenen Reichsversammlung die Ausschließung Kaiser Ferdinands II. vom böhmischen Throne und die Wahl des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zum Könige durch. Hierauf rückte er nochmals mit einem böhmischen Heere und 12.000 Mann siebenbürgische Truppen bis Wien vor, erhielt überdies durch Bethlen Gábor große Verstärkung, zog sich aber in Folge der durch Homonay dem Rebellen Georg Rákóczy in Ungarn beigebrachten Niederlage in die Heimat zurück. Nach der Schlacht am weißen Berge, die der Herrschaft Friedrichs ein Ende machte, floh er nach Breslau, von da nach Mähren und dann nach Siebenbürgen zu Bethlen Gábor. Im Jahre 1626 übernahm er den Befehl über ein kleines Commando in Schlesien und ging, als dasselbe von Wallenstein vertrieben wurde, zu dem Könige Gustav Adolph von Schweden, der mit den Polen Krieg; führte. Er zeichnete sich bei mehreren Gelegenheiten durch Tapferkeit aus, begleitete den König nach Deutschland und kämpfte in den Schlachten 1631 bei Leipzig und 1632 bei Lützen. Nach Gustav Adolphs Tode zum General erhoben, ging er auf Befehl des Kanzlers Oxenstierna mit einem schwedischen Corps nach Schlesien, um mit den sächsischen und brandenburgischen Truppen gegen Wallenstein zu agiren. Nach langem Streite mit dem sächsischen General Arnim über den Oberbefehl knüpfte er mit Wallenstein nutzlose Unterhandlungen an und wurde im October 1633 mit seinen 2.500 Schweden bei Steinau an der Oder eingeschlossen und aufgehoben. Die Nachricht von seiner Gefangennehmung erregte in Wien allgemeinen Jubel, und schon bereitete man sich vor, dem Anstifter der böhmischen Unruhen den Proceß zu machen, als die unerwartete Kunde von der Freilassung desselben eintraf. Wallenstein schrieb nämlich nach Wien: „Wollte der Himmel, die Feinde hätten lauter solche Generäle. An der Spitze der schwedischen Armee wird er uns bessere Dienste leisten als im Gefängniß“. Der eigentliche Grund der Loslassung Thurn’s war jedoch, daß derselbe Mitwisser der Geheimnisse Wallenstein’s und dessen Unterhändler bei dem Kanzler Oxenstierna war. Dieser Vorgang des Generalissimus soll auch zunächst den völligen Bruch des Kaisers mit demselben bewirkt haben. Nach seiner Entlassung aus der Haft fand Thurn, verfolgt von Arnim’s Haß, Zuflucht in Schweden, wo er in dem eben erst eroberten Liefland das vordem den Bischöfen von Oesel zuständige Pernau durch die Gnade der Königin Christine als eine Grafschaft erhielt. Im Jahre 1594 hatte er sich mit einer Tochter Bernhards von Gall auf Losdorf und Asparn im Lande unter der Enns, Viertel Unter-Mannhartsberg, verheiratet. Sie brachte ihm Losdorf in die Ehe und gebar ihm einen einzigen Sohn, Franz Bernhard [s. d. S. 101, Nr. 13]. Seine zweite Ehe, mit Susanna Elisabeth von Teuffenbach [Bd. XLIV, S. 81, Nr. 59][WS 1], blieb kinderlos. Wann Heinrich Matthias gestorben, ist nicht bekannt. Als er im October 1633 bei Steinau aufgehoben wurde, zählte er 66 Jahre. [Correspondenz des Pfalzgrafen Friedrich V. und seiner Gemalin Elisabeth mit Heinrich Matthias von Thurn. Mitgetheilt von J. Fiedler (Wien 1864, Gerold, gr. 8°.) bildet den XXXI. Band des „Archivs für Kunde österreichischer Geschichtsquellen. herausgegeben von der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien“. – (Stramberg). [106] Denkwürdiger und nützlicher Rheinischer Antiquarius u. s. w. Mittelrhein. Der III. Abtheilung 13. Band, oder: „Das Rheinufer von Coblenz bis Bonn“ (Coblenz 1867, R. F. Hergt, gr. 8°.) S. 662–713. – Gindely (Anton). Geschichte des dreißigjährigen Krieges in drei Abtheilungen (Leipzig 1882, Freytag, 8°.). – Slovník naučný... (Prag 1872, I. L. Kober, Lex.-8°.) Bd. IX, S. 431. – Das kaiserliche Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien enthält in einer mehrbändigen Sammlung: „Collectanea Historica“ (139 Unter-, Ober-, Innerösterreich) Band IV eine Satire auf Thurn: „Des Gräffen von Thurn altägliches Gebet“. – Porträte. 1) Unterschrift: „Mattias Henrico Conte | Della Torre, Commandante dell’ | Armi di Suetia in Slesia etc.“. J. F. Leonart sc. [schönes, nicht häufiges Blatt], 4°.). – 2) Medaillonformat. Umschrift: „Henricus Matthaeus com. a Turi Lib. Baro de Vallesassina et Creutz Dn. zu Losdorf, Wellusch et Winterz etc. General.“ L. Ohne Angabe des Zeichners und Stechers (4°.). – 3) Unterschrift: „Henricus Matthaeus | comes a Turre, Senior“. In dem unter dem Brustabschnitte gezogenen Gürtelsegment: „Jacob Loets ab Arches fec. Joh. Alexand. Boener sculp.“ (8°.). – 4) W. Kilian sc. (8°.). – 5) M. Mirevelt p. W. J. Delff sc. 1625 (gr. Fol.). – 6) S. Weishuhn sc. Gürtelbild, Fol. 1634 [selten]. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [Bd. XLIV, S. 81, Nr. 39].