BLKÖ:Thern, Louis und Willi

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 44 (1882), ab Seite: 208. (Quelle)
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Karl Thern’s zwei Söhne: Louis (geb. 18. December 1848) und Willi (geb. 22. Juni 1847), widmeten sich gleichfalls der Musik und wurden hervorragende Tonkünstler. Ihre musikalische Ausbildung erhielten sie von dem Vater, der namentlich das Zusammenspiel auf zwei Clavieren mit ihnen pflegte. 1855, als Willi im Alter von acht und Louis in jenem von sieben Jahren stand, traten Beide zugleich zum ersten Male öffentlich auf und erregten in Pesth und anderen Städten Ungarns großes Aufsehen. Es ereignete sich da ein Fall, wie wir ihn an dem Geschwisterpaare Franz und Karl Doppler [209] [Bd. III, S. 372] erlebt haben, welche als Flötenvirtuosen auch zugleich vor dem Publicum sich hören ließen. Mit großem Fleiße in ihrem Fache trefflich herangebildet, unternahmen sie im Jahre 1864 die erste Kunstreise, welcher viele andere bis auf die Gegenwart folgten, indem die Brüder in den ersten Städten Deutschlands, in Leipzig, wo sie zunächst anderthalb Jahre zur Fortsetzung ihrer musikalischen Studien verweilten, ferner in Weimar, Wiesbaden, Berlin, dann wiederholt in England, Holland und Frankreich concertirten und überall als die „Dioskuren des Pianospiels“ gefeiert wurden. Publicum und Presse wetteiferten in dem Lobe beider Künstler, welchen aber auch große Meister der Musik, deren Urtheil schwer in die Wagschale fällt, wie Moscheles, Liszt, Rossini, volle Anerkennung zutheil werden ließen. Im Spätherbste 1880 kamen die Brüder Thern, welche bereits früher zu wiederholten Malen mit bestem Erfolge in der Donaustadt aufgetreten waren, wieder dahin zurück, diesmal aber, um ihren bleibenden Aufenthalt daselbst zu nehmen, da sie beide als Professoren an ein Wiener Musikinstitut berufen wurden. Was nun ihre Leistungen auf dem Piano betrifft, so möchte das Urtheil eines berühmten Musikkritikers wie Karl Banck in Dresden zunächst maßgebend sein; dieser aber schreibt: „Auf Willi und Louis Thern läßt sich der Satz: zwei Seelen und ein Gedanke in musikalischer Hinsicht wohl anwenden. Mit schönem Anschlag, sicherer, sauberster Beherrschung der Technik, mit musikalisch feinsinnigem Verständniß, Geschmack und Tongefühl haben sie ihr Zusammenspiel zu bewunderungswerther Vollendung ausgearbeitet. Ihr musterhaft correcter, präciser und eleganter Vortrag, merkwürdig einheitlich in der Empfindung, Bewegung, in jedem Detail der Nuancirung, ergibt ein den Ausführungen vorzüglicher Streichquartettspieler ähnliches, fein durchgebildetes, klares, durch mannigfaltige Klangschattirungen fesselndes Ensemble und ist dabei maßvoll, künstlerisch gediegen gehalten, ohne je virtuosen und äußerlichen Effecten Raum zu geben.“ Glücklicher Weise finden diese „siamesischen Brüder des Claviers“, wie man Willi und Louis Thern scherzweise in Wien nannte, auch ein reichhaltiges Repertoire vor, da die Musikliteratur für zwei Claviere, seit Bach’s Tagen beginnend, von allen großen und bedeutenden Tonmeistern durch die gediegensten und gehaltvollsten Tonwerke bereichert worden ist.

Porträt. In Holz geschnittenes Doppelbildniß. Unterschrift: „Die Clavier-Virtuosen Willi und Louis Thern“. Zeichnung von F. W.(eiß) in der „Neuen Illustrirten Zeitung“ (Wien, Zamarski, kl. Fol.) IX. Jahrg., Bd. I, 14. October 1880, Nr. 8, S. 125.