Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Thaller, Johann
Band: 44 (1882), ab Seite: 137. (Quelle)
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Thaler, Joseph (Benedictiner und Poet, geb. zu Ulten in Tirol am 15. October 1798, gest. in Kains[WS 1] [Kuens] bei Meran am 28., nach Anderen schon am 27. December 1876). Als Dichter unter dem Pseudonym Lertha (Anagramm seines Namens) in seinem Alpenlande bekannt. Ueber sein Jugendleben liegen nur wenig Nachrichten vor. Der Sohn eines Bauern im Ultener Thale, hütete er die Heerden seines Vaters, kam, vierzehn Jahre alt, an das Gymnasium in Meran, dann nach Innsbruck, wo er, dem geistlichen Stande sich widmend, in den Benedictinerorden eintrat. Als Pfarrer in dem denkwürdigen Orte Kains, wo der h. Corbinian als Einsiedler gelebt, waltete er mehr denn vierzig Jahre seines Amtes. Aber ein so würdiges Mitglied des in Oesterreich berühmten Benedictinerordens er auch war, so wird ihm in diesem Werke doch nur in Rücksicht auf seine schriftstellerische Thätigkeit eine Stelle eingeräumt. In Tirol herrschte bis zu Beginn der Vierziger-Jahre eine geistige Stagnation, die, mit Ausnahme Innsbrucks auch zur Stunde noch nicht überwunden, bedauern läßt, daß so viele reiche Talente ob der herrschenden Apathie gegen alles Geistige spurlos verkümmern. Als Vorläufer besserer Tage erscheint nun eben der Benedictiner Thaler, der zu jener Zeit „Die Edelrauten von den Alpen Tirols. Vaterländische Dichtungen“ (Innsbruck 1840) unter dem Pseudonym Lertha herausgegeben hatte. Daß sich unser Pfarrer in seinem Werke nicht kopfüber in das Reich der Ideale stürzte, bedarf nicht erst eines Beweises, wenn man diese Dichtungen liest, aus denen wohl die gewiß ehrenwerthe Absicht, den Sinn fürs Vaterland zu wecken und zu nähren, aber doch auch der leidige Umstand erhellt, daß der Autor zu jener vormärzlichen Gilde zählt, welche die „Gedankensperr“ für ein Glück, die Gedankenfreiheit für ein Geschenk des Höllenfürsten ansieht. Beim Erscheinen der „Edelrauten“, über die des Dichters nicht geringer Anhang in ein gelindes Entzücken gerieth, schrieb ein wohlwollender Kritiker: „Die Blöcke, welche Lertha zu einer tirolischen Walhalla herbeischleppt, sind gar zu formlos, und seine Edelrauten scheinen aus Strohpapier zusammengeflickt, so wenig poetischer Hauch umweht sie“. Nichtsdestoweniger erhob der Provinzial-Enthusiasmus den Pfarrer Thaler zu einer Dichtergröße, und in den ihm gewidmeten Nachrufen erscheint er als Einer, der sich um das Aufblühen der Literatur in Tirol große Verdienste erworben, was, Alles in Allem genommen, denn doch übertrieben ist. Außer obiger Sammlung seiner Poesien veröffentlichte er noch Gedichte zerstreut in Tiroler Blättern, und eine Auswahl seiner besseren Producte enthält das Buch „Tirol. Natur, Geschichte, Sage im Spiegel deutscher Dichtung“ (Innsbruck 1852, Wagner, 8°.), das der so verdienstvolle Ignaz Vincenz Zingerle[WS 2] herausgegeben hat. Bald aber gab Thaler-Lertha das Dichten auf und verlegte sich mit allem Eifer und mehr Glück auf historische Studien, als deren erste Frucht eine „Geschichte Tirols von der Urzeit bis auf unsere Tage“, drei Theile (Innsbruck 1854 und 1855, Wagner, 8°.) erschien. Obwohl im ultramontanen Sinne geschrieben, war dieselbe trotzdem schneller als zu erwarten vergriffen; jetzt aber wird sie durch Dr. Eggers Werk ersetzt. Auch beschäftigte sich Thaler, der Erste in seiner Heimat, mit der Forschung über tirolische Ortsnamen. Seine geschichtlichen Abhandlungen sind in Tiroler Fachblättern niedergelegt, [138] und zwar in der Volks- und Schützen-Zeitung: „Ueber die unterirdische Stadt Maja an der Stelle des heutigen Meran“ [1859, Nr. 35, 37 und 38], wovon auch ein Sonderabdruck erschien; – „Alterthümliches aus Kains“ [1858, Nr. 50]; – in der Vereinsgabe des Meraner Lesevereins: „Der heilige Corbinian mit besonderer Rücksicht auf Tirol“ [IV. Jahrg. (1862), S. 52, und V. Jahrg. (1864), S. 62]; – „Historisch-kritische und andere Bemerkungen zu Aribo’s Vita s. Corbiniani“ [IV. und V. Jahrg.]; – in der Ostergabe des Meraner Lesevereins: „Die uralte Pfarre und Kirche zu St. Peter bei Tirol“ [1859, S. 5 u. f. vergleiche darüber die „Bozener Zeitung“, 1859, Nr. 30]. Seine letzte größere und verdienstlichste Arbeit war das Werk: „Der deutsche Antheil des Bisthums Trient. Topographisch-historisch-statistisch und archäologisch beschrieben von Mehreren und herausgegeben von den Vereinen für christliche Kunst und Archäologie in Bozen und Meran“ (Brixen 1866, A. Weger, 8°.), dessen erster Band, den Thaler selbst redigirt hat, die Darstellung des Bisthums Trient im Allgemeinen und der vier oberen Decanate des deutschen Antheils: Schlanders, Meran, Passeyer und Lana nebst den Seelsorgsstationen der deutschen Gemeinden am Nonsberg insbesondere enthält. Thaler, der das hohe Alter von 78 Jahren erreichte, stand mit vielen deutschen und italienischen Gelehrten im Verkehr und hat sich durch sein harmloses, wohlwollendes Wesen viele Freunde erworben. „Er war“, wie Ludwig Steub, der gründlichste Darsteller tirolischer Zustände, schreibt, den wir unter dem S. des kurzen Nachrufes, welchen die „Allgemeine Zeitung“ Thaler widmet, vermachen, „einer jener guten alten Herren, die unter dem kriegerischen Clerus unserer Tage immer seltener werden“.

Als Joseph Thaler’s Geburtsort wird halb Ulten, bald St. Pankraz, wieder von Anderen Penderez, was offenbar eine durch Druckfehler hervorgegangene Entstellung des St. Pankraz ist, bezeichnet. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) Bd. II (Januar–Juni 1844), Nr. 44, S. 346: „Literaturzustände in Tirol“. – Oesterreichisches Morgenblatt (Prag, 4°.) 1858, Nr. 3, S. 32: „Poetische Literatur in Tirol“. Von Walther von Metz. – Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1877, Beilage 4: „Aus Tirol“. Von S.(teub?)

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Handschriftlich: Kiens.
  2. Vorlage: Ignaz Pius Zingerle.