BLKÖ:Thürheim, Ulrich I.

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 44 (1882), ab Seite: 283. (Quelle)
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38. Ulrich l., ein Sohn Egino’s II., war ein bekannter Minnesänger des Mittelalters. Er lebte am Hofe des römischen Königs Heinrich VII., welcher, ein Sohn Kaiser Friedrichs II. und der schönen Constantia von Aragonien, im April 1222 zu Aachen gekrönt, dann aber wegen Empörung gegen seinen Vater zu Worms abgesetzt und im Juli 1235 nach Apulien abgeführt, im 30. Lebensjahre Februar 1242 zu Martorano in Calabrien starb. Die Klagen Ulrich von Thürheim’s über den Tod dieses Fürsten theilt in hochdeutscher Uebertragung von der Hagen in seinen „Minnesängern“, Bd. IV, S. 207, zweite Anmerkung mit. Der bayrische Geschichtsforscher Ritter von Lang wirft in seinen Regesten, worin er wiederholte Beurkundungen von Thürheimern mit dem Vornamen Ulrich aus dem dreizehnten Jahrhunderte, und zwar von 1235 bis 1285, also aus vollen fünfzig Jahren, anführt, die Frage auf: Welcher von den beiden Ulrichen der bekannte Minnesänger gewesen sei. Unzweifelhaft Ulrich I., der mit Kaiser Friedrich II. gleichzeitig lebte, nicht aber der in den Zeiten des Verfalls des Hohenstaufischen Hauses und nach dem Erlöschen desselben später, 1262 beurkundete Ulrich II. Unseres Minnesängers Dichtungen sind folgende: „Der Clies“, altfranzösisch Cliges; – die Fortsetzung des „Tristan“ von Gottfried von Straßburg; – „Der Rennewart; – ein ritterliches Heldengedicht auf den heiligen Wilhelm in zwei Büchern; – eine freie Uebersetzung des Ritterromans „Lanzelot von Seehofen“, und endlich die Fortsetzung des „Wilhelm Oranse“ von Wolfram von Eschenbach (1259). Der Grieche „Clies“ ist eine Nachbildung des auch von Conrad Fleck bearbeiteten gleichnamigen Romans von Christian von Troyes. Die Fortsetzung des „Tristan“ dichtete Ulrich auf die Bitten des Schenken Konrad von Winterstetten (gest. um 1240); sein Gedicht liegt in drei Ausgaben: a) von Groote (Berlin 1821, 4°.), b) von Hagen (Breslau 1823, 8°.) und c) von Maßmann (Leipzig 1843) vor. Auf Bitten eines „guten Weibes“ schuf er, schon bejahrt, seinen „Rennewart“, in welchem er den Tod König Heinrichs des Staufen beklagt. Ulrich von Thürheim starb nach 1260, was eben zu der häufigen Verwechslung mit seinem gleichnamigen Neffen geführt hat. Sehr eingehend behandelt diese Frage der XVII., oder eigentlich der neuen Folge IX. Band der „Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg“ (1856), S. 293–437. Ferner schreibt über Ulrich Raymundus Duellius in den „Excerpta genealog. hist.“ (Lipsice 1725, Fol.) p. 265, worin der Ehrenbrief oder das Lied abgedruckt ist, in welchem Jacob Pütrich von Reicherzhausen im [284] fünfzehnten Jahrhunderte (1462) für die Herzogin Mathilde von Oesterreich (gest. 1482 als Gemalin Herzog Alberts VI.) in 148 siebenfüßigen Strophen alle berühmten Minnesänger und ihre Werke anführt. Die 102. Strophe handelt von Ulrich Thürheim. Endlich sind die Beurkundungen der beiden im dreizehnten Jahrhunderte lebenden Ulriche von Thürheim auch in Dr. Raiser’s bereits unter den Quellen genannten „Denkwürdigkeiten“, Abtheilung I, S. 39 und 40, mitgetheilt. –