BLKÖ:Stefanowicz, Samuel Cyrill

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Steffal, Wenzel
Band: 37 (1878), ab Seite: 306. (Quelle)
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Stefanowicz, Samuel Cyrill (armenischer Erzbischof in Lemberg, geb. zu Lysiec nächst Stanislawow in Galizien am 28. März 1752, gest. zu Lemberg am 8. December 1858). Sein Vater Stephan hieß Ohanowicz und war Kaufmann. Der Sohn Samuel Cyrill nannte sich aber nicht nach dem Vater Ohanowicz, sondern nach der alten orientalisch-slavischen, noch heute in Rußland gebräuchlichen Sitte, den Sohn Stephans i. e. Stefanowicz, und blieb bei diesem Namen auch dann, als jene veraltete Sitte abgekommen war. Er selbst bemerkte, als er einmal interpellirt worden, warum er nicht den Namen seines Vaters Ohanowicz führe, ganz schlicht: „Da schon vor hundert Jahren es üblich war, mich Stefanowicz zu nennen, so bleibe ich auch dabei.“ Den ersten Unterricht erhielt S. in Stanislawow, wohin die Eltern bald nach seiner Geburt übersiedelten. Dort besuchte er die damalige Jesuitenschule, an welcher fast um dieselbe Zeit der polnische Dichter Franz Karpiński [Bd. XI, S. 16] seine erste Ausbildung erhielt. Im Anbeginne hatte S. die Absicht, in den Orden der Gesellschaft Jesu zu treten, und wollte sich schon in das Noviciat nach Ostrog in Volhynien begeben; es kam aber nicht zur Ausführung dieses Vorhabens, denn S. trat im J. 1768, eben zur Zeit der beginnenden Barer Conföderation, in Lemberg in das dortige Seminarium, welches von den Theatinern geleitet wurde. Es war nämlich dieses Seminar das sogenannte Collegium pontificium, das um die Mitte des 18. Jahrhunderts von der römischen Propaganda gegründet worden war, um Candidaten [307] des geistlichen Standes der russischen oder armenischen Kirche, welche kein eigenes Seminar besaßen, für den Dienst der genannten Kirchen heranzubilden. In den Schulregistern dieser Anstalt erscheint Stefanowicz unter dem Namen seines Vaters Ohanowicz. Nachdem er seine Studien beendet, blieb er nun in den nächstfolgenden Jahren, weil er selbst einer der tüchtigsten Zöglinge gewesen, als Lehrer in Verwendung. Im Jahre 1778 erhielt er die Priesterweihe und 1790 kam er als Domherr in das Lemberger armenische Capitel; im Jahre 1798 wurde er Erzdiacon, 1801 Probst und zweimal, zuerst 1816–1820 nach dem Ableben des armenischen Erzbischofs Johann Symonowicz und dann im Jahre 1831 nach dem Ableben des Erzbischofs Cajetan Warteresiewicz, Administrator des armenischen Erzbisthums in Lemberg. Indessen blieb er ununterbrochen im Predigt- und im Beichtdienste thätig. In letzterem war S. wegen seiner hervorragenden Bildung und Gewissenhaftigkeit im geistlichen Amte besonders von Personen der höheren Stände gesucht. S. stand in allen Kreisen der Lemberger Bevölkerung, wessen Glaubens sie sein mochten, in so hoher Achtung, daß, als nach dem im Jahre 1831 erfolgten Ableben des armenischen Erzbischofs ein Nachfolger zu ernennen war, Alles, wie eine Stimme, S. als dessen würdigsten Nachfolger bezeichnete; und in der That ernannte der Kaiser den damals schon 80jährigen Greis zum Erzbischof, welche Würde derselbe wider alles Vermuthen länger als jeder seiner Vorgänger, nämlich durch 26 Jahre, bekleidete. Seine Diöcese ist wohl keine große, denn sie umfaßt in zehn Pfarren zu Lemberg, Brzezan, Stanislawow, Lysiec, Tysmienic, Horodenko, Kuck, Snyatin, Czernowic und Suczawa im Ganzen nicht mehr als 3000 Seelen, ist aber räumlich weit zerstreut und für den Visitationsdienst um so beschwerlicher; aber der greise Kirchenfürst versah denselben mit scrupulöser Genauigkeit, gleich einem jungen Priester. Als Kirchenredner besaß S. die Gabe, zu Aller Herzen zu sprechen; es war, wenn man ihn reden hörte, als wären die ersten Jahrhunderte des Christenthums wiedergekehrt, in welchem die Bischöfe mit ihren Gemeinden im innigsten Verbande waren und in echt brüderlicher Weise einen Jeden mit Du anredeten, wie es auch S. zu thun pflegte, worüber verletzt sich zu fühlen es auch dem Vornehmsten seiner Diöcese, der es an reichen und angesehenen Männern nicht fehlt, nicht einfiel. Obgleich sein Einkommen im Hinblick auf die erzbischöfliche Würde ein nichts weniger denn großes war (es betrug im Ganzen an 6000 fl. jährlich), so verwendete er doch davon noch einen ansehnlichen Theil zu Almosen, die er den Bedürftigen seines Stammes reichlich spendete, denn er selbst lebte wie ein Asket: betend und fastend und im Almosenspenden an Würdige sich selbst und diese beglückend. In Rom stand S. in hohem Ansehen, die Päpste Gregor XVI. und dann Pius IX. hielten den würdigen Kirchenfürsten hoch in Ehren und ließen ihm bei jeder Gelegenheit ihren Gruß entbieten. Stefanowicz, der ein so langes Leben hinter sich und so merkwürdige Zeiten mitgelebt hatte, war eine lebendige Chronik seiner Zeit, deren Ereignisse in seinem Vaterlande er vor seinen eigenen Augen sich hatte vollziehen sehen. Mit den hervorragendsten Männern der katholischen Kirche stand Stefanowicz zeitlebens im Verkehre. Die Hirtenbriefe an seine Geistlichkeit [308] und seine Diöcesanen sind im „Czasopis przyjaciół chrześciańskiej prawdy“, d. i. in der Zeitschrift der Freunde christlicher Wahrheit, Jahrgang 1833, abgedruckt.

Czas, d. i. Die Zeit (Krakauer politisches Blatt) 1858, Nr. 263, im Feuilleton: „Einige Worte über den unlängst verstorbenen Lernberger Erzbischof armenischen Ritus“. – Przyjaciel domowy, d. i Der Hausfreund (Lemberg, 4°.) 1858, Nr. 39, S. 371: „Samuel Cyrill Stefanowicz“ [mit wohl, getroffenem Porträt im Holzschnitt]. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) 1857, S. 163. – Grazer Zeitung, 1858, Nr. 288.
Porträt. Außer dem schon erwähnten Holzschnitt ist in der artist. Anstalt von Reiffenstein und Rösch in Wien ein sehr ähnliches Bildniß des Erzbischofs in 8°. erschienen mit der Unterschrift: Samuel Cyrill Stefanowicz, urodził się w Łyscu na Pokuciu ochrzczony tamże dnia 29/go marca 1755 roku u. s. w., d. i. Samuel Cyrill Stefanowicz, geb. zu Lyssec in Pokucien. getauft ebenda am 29. März 1755. [Diese Unterschrift gab durch Verwechslung des Taufjahres mit dem Geburtsjahre Veranlassung zur Angabe, daß der Erzbischof erst 1755 geboren worden, während er in der That 1752 geboren ist.]