BLKÖ:Stadnicki, Alexander Graf
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 37 (1878), ab Seite: 74. (Quelle) | |||
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Anton [s. d. S. 82] und Bruder des Grafen Kasimir [s. d. S. 82]. Nachdem der Graf im Elternhause eine sorgfältige Erziehung genossen, bezog er 1826 die Wiener Hochschule, wo er die Rechte beendete und darauf in den Staatsdienst trat, in welchem er bis zum Jahre 1841 verblieb. Während er einerseits seine ihm frühzeitig liebgewordenen Studien aus geschichtlichem Gebiete fortsetzte, wurde er in seiner praktischen amtlichen Thätigkeit mit den Verhältnissen seines Vaterlandes, mit den Verwaltungsformen und namentlich mit den Bedürfnissen desselben genau bekannt, und konnte, in allen dasselbe betreffenden Fragen eine auf genauer Kenntniß der Sachlage beruhende Antwort geben. Bald nach seinem Austritte aus dem Staatsdienste legte er 1844 dem galizischen [75] Landtage eine Denkschrift über die Grundlasten des Bauers und deren Aufhebung vor, eine Arbeit, welche damals unbeachtet blieb und in wenigen Jahren bereits bewies, wie richtig der Graf die Verhältnisse erkannt hatte. Diese Nichtbeachtung seiner Arbeit hinderte ihn nicht, seine Studien in der begonnenen Richtung fortzusetzen, und so arbeitete er einen Entwurf zur Einführung von Grundbüchern des bäuerlichen Eigenthums aus, welcher gleich seiner vorerwähnten Denkschrift keine Beachtung fand. War es die Erfolglosigkeit dieser Bemühungen auf dem eingeschlagenen Wege, oder die Erkenntniß über die Macht der Publicistik: der Graf ließ nun seit 1843 in der Lemberger amtlichen Zeitung (Gazeta lwowska) und in Krakauer politischen Blättern eine Reihe von Artikeln erscheinen, worin er verschiedene Zeitfragen behandelte, von denen erwähnt seien: über das bäuerliche Erbrecht in Galizien, ein Beitrag zur Geschichte des polnischen Rechtes; über Gemeinde-Ordnungen; über das Recht gegenüber dem Wucher; über Autonomie u. m. a. Neben diesen publicistischen Arbeiten vernachlässigte der Graf die ernste historische Forschung nicht, und als Ergebnisse derselben veröffentlichte er in selbständigen Schriften: „O wsiach tak zwanych wołoskich na północnym stoku Karpat“, d. i. Ueber die sogenannten walachischen Dörfer an den nördlichen Abhängen der Karpathen (Lemberg 1848, 4°.); – „O Kniaźstwach we wsiach wołoskich z pogłądem na wójtostwa we wsiach na prawie magdeburgskiem osadzonych“, d. i. Ueber das Knäsenthum in den walachischen Dörfern. in Beziehung auf das Richterthum in den nach magdeburgischem Rechte geordneten Dörfern (ebd. 1853). Als um diese Zeit mit der Lemberger amtlichen Zeitung eine wissenschaftliche Beilage unter dem Titel „Dodatek do Gazety lwowskiej“ ins Leben gerufen wurde, gab der Graf in derselben folgende umfangreiche Arbeiten heraus: „O byłych wybrannictwach“, d. i. Von den ehemaligen Cantonslehen, oder die cantonspflichtigen Güter in Galizien (eine Art Soldatenlehen) (1855); – „Materyjały do historyji miast galicyjskich“, d. i. Materialien zur Geschichte der polnischen Städte, vornehmlich Acten der Schöffenämter in Tarnopol, Szczurowiek, Kulikow; – „Pamiętniki miasta Żółkwi“, d. i. Denkwürdigkeiten der Stadt Żółkiew (1856); – „Wykład popularny statutów wiślickich“, d. i. Populäre Darstellung des Statuts von Wislice; und in der „Biblioteka Warszawska“, einer in Warschau erscheinenden wissenschaftlichen Zeitschrift, veröffentlichte er: „Pogład krytyczny rozporządzeń tak zwanego Statutu wiślickiego“, d. i. Kritische Beleuchtung der Anordnung des sogenannten Statutes von Wislice. Der Graf schrieb diese Abhandlung, welche im Jahre 1859 auch im Sonderdrucke erschienen ist, zunächst im Hinblick auf das vom Anton Sigmund Helcel [Bd. VIII, S. 240] veröffentlichte Werk über das von Kasimir dem Großen verliehene Wislicer Rechtsbuch. Mehrere geschichtliche Arbeiten des Grafen sind ungedruckt geblieben, darunter: „Materialien zu einer Geschichte der Ruthenen im 14. Jahrhunderte“, eine Arbeit auf Grundlage zahlreicher wichtiger und mit großen Kosten in Archiven des Landes aufgesuchter Quellen; – „Beiträge zum Adelsbuch von Niesiecki, bezüglich derjenigen, so sich im 14. Jahrhunderte in Roth-Rußland ansäßig gemacht“, und ferner „Materialien [76] zu einem Diplomatar von Roth-Rußland“. Alle diese Arbeiten, mit denen er in seinen letzten Lebensjahren beschäftigt war, unterbrach sein plötzlicher Tod, der ihn in Lemberg, mit der Feder in der Hand, im Alter von 55 Jahren dahingerafft. Wie sehr es ihm darum zu thun war, die Schätze der heimischen Archive der Geschichtsforschung zu erschließen, bezeugt sein im Jahre 1855 geschriebenes Testament, welchem zufolge er unter gewissen Bedingungen sein ganzes, an 150.000 fl. betragendes Vermögen zur Herausgabe wichtiger, aus russinischen Archiven im Rathsarchive zu Lemberg niedergelegten Documenten bestimmt hat.
Stadnicki, Alexander Graf (Geschichtsforscher, geb. zu Cieklin im Jasloer Kreise Galiziens 27. Februar 1806, gest. 19. December 1861). Der älteste Sohn des Grafen- Rycharski (Lucyan Tomasz), Literatura polska w historyczno-krytycznym zarysie, d. i. Polnische Literatur im historisch-kritischen Grundrisse (Krakau 1868, J, M. Himmelblau, gr. 8°.) S. 262 und 323.