BLKÖ:Sorgenthal, Conrad Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 36 (1878), ab Seite: 21. (Quelle)
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Sorgenthal, Conrad Freiherr (Director der k. k. Aerarial-Fabriken, geb. zu Nürnberg im Jahre 1735, gest. zu Wien 17. October 1805). Sein Familienname ist Sörgel und bei seiner Baronisirung erhielt er das Prädicat Sorgenthal, dessen er sich in der Folge allein bediente. Im Elternhause widmete er sich im Anbeginn dem Handel, war aber im Jahre 1759 zur Zeit des siebenjährigen Krieges in die kaiserliche Armee eingetreten, in welcher er in der kurzen Frist von 18 Monaten zum Unterlieutenant befördert wurde und als solcher nach dem Zeugnisse seines damaligen Obersten und späteren Generals der Cavallerie Vincenz Freiherrn von Barco [Bd. I, S. 156] mit Tapferkeit diente. Eine in der Schlacht zu Frankfurt an der Oder erhaltene Verwundung des rechten Armes, die eine Lähmung desselben besorgen ließ, veranlaßte ihn zum Uebertritt in den Civilstaatsdienst, für den ihn seine in früherer Zeit gemachten vielen Reisen nach Holland, England und Frankreich, auf welchen er sich vornehmlich Kenntniß im Industrie- und Handelswesen angeeignet, im Gebiete des Commerzwesens befähigten, worauf er denn auch im Jahre 1765 zum niederösterreichischen Commerzienrathe ernannt wurde. Auf diesem Posten bot sich ihm bald Gelegenheit, seine Kenntnisse und Talente zu bethätigen. Im Jahre 1770 erhielt er von der Regierung den Auftrag: die Wollmanufactur in Böhmen und Mähren zu untersuchen, alsdann [22] in Sachsen und im Voigtlande den Stand derselben und ihre Einrichtungen kennen zu lernen und das Entsprechende davon in jenen zwei Provinzen einzuführen. S. entledigte sich mit ganzem Erfolge seiner Aufgabe. Im Jahre 1771 war die kaiserliche Wollfabrik in Linz in ihrem Verschleiß und Betrieb so herabgekommen, daß ihr gänzlicher Verfall unausbleiblich erschien, da erhielt S. den Auftrag, die Ursachen dieses betrübenden Zustandes zu untersuchen, und alle Vorkehrungen dahin zu treffen, daß die Fabrik in ihren vorigen Gang zurückgebracht werde. Auch hier traf S. so zweckentsprechende Vorkehrungen, daß er schon im nächsten Jahre zum Director der Fabrik bestellt wurde, in welcher Eigenschaft er den Betrieb derselben so steigerte, daß sich innerhalb 20 Jahren ihr Vermögen nahezu verdreifacht hatte, da es auf den ansehnlichen Stand von dritthalb Millionen Gulden gestiegen war, wobei außerdem während dieser Zeit an das Aerar über anderthalb Millionen Gulden abgeführt worden, und nicht weniger denn etwa ein halbes hunderttausend Menschen Nahrung und Beschäftigung gefunden hatte. In wenigen Jahren war allein in Oberösterreich die Zahl der Webstühle auf 2000 angewachsen. Zur Erweiterung des Absatzgebietes hatte S. große Bereisungen durch Inner-Oesterreich, Tirol und selbst einen Theil von Italien, im Jahre 1774 aber durch Galizien und die Bukowina bis Brody unternommen, wodurch sich für die kaiserlichen Fabriken immer größere Quellen der Abfuhr bildeten, welche den blühenden Zustand der Fabriken steigerten. In gleicher Weise hatte S. in den Jahren 1764 und 1765 die nöthigen Maßregeln für das Gedeihen der Fabrik in Nadelburg unter Neustadt am Kehrbache getroffen. Im Jahre 1773 verband er, als die Fabrik in Mährisch-Neustadt von ihrem Untergange bedroht wurde, dieselbe mit der Linzer Fabrik, wodurch jene von neuem einen Aufschwung nahm und 15.000 Menschen, welche in ihrer Existenz bedroht waren, wieder Arbeit und Beschäftigung fanden. Vollständige Reformen nahm er auch mit der seiner Leitung unterstellten k. k. Porzellan- und Spiegel-Fabrik vor. Erstere war bereits in ihrem Bestande so herabgekommen, daß der kaiserliche Hof sich genöthigt sah, sie öffentlich in der Zeitung mit großem Verluste zum Kauf auszubieten. Als kein Käufer – 358.000 Gulden war der Verkaufspreis – sich einfinden wollte, übernahm S. im Jahre 1782 die Leitung derselben und seine Umsicht und Tüchtigkeit hoben die gesunkene Anstalt alsbald zu solcher Höhe, daß sie sich in die Reihe der ersten Anstalten dieser Art auf dem Continent stellen konnte. Sorgenthal räumte sofort mit den alten Vorräthen auf, die er in den Provinzen um den Erzeugungspreis losschlug und schritt zu den Reformen. Die Bedeutung des künstlerischen Antheils an der Fabrication wohl würdigend, ließ er auch den kleinsten Gegenstand nicht unverziert aus der Fabrik, dabei stellte er den Fabrikspreis ungemein niedrig. Nun gründete er eine Kunstschule. Historische und Landschaftsmalerei, Blumen und Ornamentik, sowie keramische Malerei wurden jetzt in der Fabrik auf das sorgfältigste gepflegt, und so leistete denn dieselbe in der Zeit von 1785 bis zu Sorgenthal’s 1805 erfolgten Tode und noch ein Decennium länger, da sein Einfluß fortwirkte, das Beste, was in Porzellanmalerei in Europa überhaupt zu Tage kam. Von den Künstlern, die in seiner Zeit an der Anstalt wirkten, sei nur der Plastiker Anton Grassi [Bd. V, S. 312] genannt, der [23] auf Kosten der Fabrik nach Italien reiste, und von dort die schönsten Modelle mitbrachte. Die Fabrik konnte in dieser Zeit den an sie gestellten Forderungen gar nicht genügen. Sie beschäftigte im Ganzen 500 Arbeiter, 130 bei der Malerei allein. Dann ward eine Filiale in Engelhardszell, einem aufgehobenen Cistercienserstifte bei Passau, eben in jener Gegend, von wo die Fabrik ihre Porzellanerde bezog, errichtet. In Engelhardszell, wo das wohlfeilere und geringere Geschirr fabricirt wurde, waren 60 Arbeiter beschäftigt. Während in derselben in sieben Brennöfen täglich je ein Starkbrand gemacht wurde, fanden in der Wiener Hauptfabrik in 35 Brennöfen täglich sechs bis sieben Starkbrände Statt. Aber nicht blos der Ruhm und die Vervollkommnung der Fabriken war der Zweck von Sorgenthal’s angestrengten Bemühungen; auch das Schicksal seiner Arbeiter lag ihm am Herzen. Er errichtete nach einem wohldurchdachten Plane bei beiden Fabriken ein Provisions-Institut, durch welches den Arbeitern Hilfe und Unterstützung, dem Staate aber eine bedeutende Erleichterung erwuchs. Mit Sorgenthal hatte die kaiserliche Porzellanfabrik ihren Höhepunct sowohl in der künstlerischen Ausführung, als in der Menge ihrer Fabricate erreicht. Unter seinen Nachfolgern begann der Verfall der Fabrik und um die Mitte der Sechziger-Jahre bestimmte der österreichische Reichsrath deren Aufhebung. Gleiche Ergebnisse erzielte er mit der kaiserlichen Spiegelfabrik, welche bis dahin passiv, nunmehr eine ansehnliche Summe jährlich abwarf. So zählt S. zu den einflußreichsten. wenngleich wenig gekannten Männern im Kaiserstaate, welche wesentlich zur Hebung der Industrie in demselben beigetragen haben. Er wurde in Anerkennung seines verdienstlichen Wirkens Hofrath und zuletzt Director sämmtlicher Aerarial-Fabriken. Schon im Jahre 1765 wurde S., damals noch Capitän-Lieutenant im k. k. Kürassier-Regimente Graf Daun, in den erbländischen Adelstand mit dem Prädicate von Sorgenthal erhoben. Im Jahre 1795, damals k. k. Hofrath und Truchseß, wurde er in Würdigung seiner 37jährigen und, wie die vorstehende Lebensskizze schildert, von den günstigsten Erfolgen begleiteten Dienste in den erbländisch-österreichischen Freiherrnstand erhoben. Von seinen Familienverhältnissen ist dem Herausgeber dieses Lexikons nur bekannt, daß er zwei Söhne hatte, deren einer in den Neunziger-Jahren des 18. Jahrhunderts als Hauptmann im Ingenieur-Corps gedient und im Türkenkriege sich besonders ausgezeichnet hat.

Freiherrnstands-Diplom ddo. 1. Juli 1795. – Wiener (amtliche) Zeitung (gr. 4°.) 1867, Nr. 16. S. 191: „Geschichte der k. k. Porzellanfabrik in Wien“. Von Jacob Falke. – Oesterreichischer Volksfreund (Wiener Parteiblatt) 1866, Nr. 270, im Feuilleton. – Oesterreichischer Zuschauer. Herausg. von J. S. Ebersberg (Wien, 8°.) 1858, Bd. IV, S. 1764. – Kneschke (Ernst Heinrich Professor Dr.), Neues allgemeines deutsches Adels-Lexikon (Leipzig, Friedr. Voigt, gr. 8°.) Bd. VIII, S. 510, unter Sörgel; S. 536, unter Sorgenthal, wonach die als zwei verschiedene Familien aufgeführten Sörgel und Sorgenthal in die eine: Sörgel von Sorgenthal verschmelzen.
Wappen. Ein blau und silbern quadrirter Schild. 1 und 4: in Blau ein wachsender geharnischter Mann mit offenem Visier, rothem Buschen auf dem Helm, in der rechten Hand ein bloßes Schwert mit goldenem Gefäß zum Hieb haltend, die linke in die Hüfte setzend. 2 und 8: in Silber eine fünfblätterige. goldbesamte und grünbespitzle rothe Blume oder Rose. Auf dem Schilde ruht eine Freiherrnkrone, darauf ein ins Visir gestellter, goldgekrönter Turnierhelm. [24] aus dessen Krone der vorbeschriebene geharnischte Mann zwischen einem offenen schwarzen Flug emporsteigt. Die Helmdecken sind rechts blau, links roth, beiderseits mit Silber unterlegt. Die Schildhalter sind zwei goldene Greifen.