BLKÖ:Sinzendorf, Philipp Ludwig
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 35 (1877), ab Seite: 24. (Quelle) | |||
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Philipp Ludwig Wenzel, aus dessen Ehe mit Katharina Rosina Gräfin Waldstein verwitweten Gräfin Löwenstein. Mit 18 Jahren erhielt er ein Canonicat an der Kathedrale in Salzburg, später an jenen zu Cöln und Olmütz, dann ernannte ihn Kaiser Karl VI. zum Rath, Abt von Petschwar und Propst von Ardagger. Im Jahre 1721 begleitete er den Cardinal Cinfuegos zum Conclave nach Rom, aus welchem Innocenz XIII., als Papst hervorging. Im Jahre 1722 las er in Wien die erste Messe und drei Jahre später, am 5. Mai 1725, im Alter von erst 26 Jahren, wurde er zum Bischof von Raab ernannt, mit welcher Würde zugleich jene des Raaber Obergespans verbunden war. Zwei Jahre später, am 26. November 1727, verlieh ihm Papst Benedict XIII. den Cardinalshut, den er am 4. April 1728 aus den Händen des Kaisers erhielt. Im Jahre 1730 wohnte S. dem Conclave und der Wahl des Papstes Clemens XII. bei, von welchem er am 14. August d. J. den Titel Sta. Maria supra Minervam erhielt und zugleich zum Assessor der Congregationen [25] des Concils, der Riten, des Consistoriums und der Missionen ernannt wurde. Am 14. Juli 1732 vertauschte er den Bischofsitz von Raab mit jenem zu Breslau, womit auch der Titel eines Herzogs von Neisse und Grotkau verbunden war, zugleich behielt er die Canonicate zu Cöln und Salzburg. Als im August 1734 die häufigen Klagen der Protestanten in Ungarn die Einsetzung einer besonderen, mit der Untersuchung dieser Angelegenheit betrauten Commission in Wien zur Folge hatten, wurde auch Cardinal S. in dieselbe berufen. Im Jahre 1740 reiste S. zum Conclave nach Rom und wirkte bei der Wahl des Papstes Benedict XIV. mit. Eine eigenthümliche Rolle spielte der Cardinal nach dem Einbruch des Königs Friedrich II. in Schlesien. Am 16. Jänner 1741 erschien er im Lager des Königs bei Neisse und fand von Seite desselben huldvolle Aufnahme. Als aber Friedrich II. später in Erfahrung brachte, daß der Cardinal mit dem Commandanten von Neisse einen Briefwechsel unterhalte und Letzteren mit Lebensmitteln versorge, ließ ihn der König durch ein Commando von 50 Mann auf seinem Schlosse zu Otmochov aufheben, nach Breslau in Haft bringen, jedoch ihn seinen Ehren und Würden gemäß behandeln. Als Papst Benedict XIV. von diesen seinem Cardinal widerfahrenen Unbilden Kenntniß bekam, wendete er sich an den französischen Hof, damit dieser Schritte zur Befreiung des Bischofs mache. Ehe jedoch solche nöthig geworden, hatte der König bereits den Cardinal frei, aber ihm auch zugleich Befehl gegeben, sich während der Dauer des Krieges in Berlin aufzuhalten. Am 5. Jänner 1742 kam der Cardinal in Berlin an, wo ihn der König nicht nur im Genusse seines Bisthums bestätigte, sondern ihn zugleich zum General-Vicar aller römisch-katholischen geistlichen Angelegenheiten in allen preußischen Landen ernannte. In der That erließ darauf der König im April ein Rescript an alle Stellen in Schlesien, worin er befahl, dem Cardinal alle Ehren, welche ihm vordem unter der österreichischen Regierung zu Theil geworden, zu erweisen; in einem zweiten machte er bekannt, daß er ihn zum General-Vicar in allen seinen Landen ernannt, daß die Katholiken in Hinkunft alle Anordnungen von ihm erhalten, und durch ihn alle unter ihnen vorkommenden Streitigkeiten entschieden werden würden, ohne daß solche, wie immer sie beschaffen sein mögen, erst vor den Papst zu bringen seien. Diese Erlässe machten in Rom großes Aufsehen, der Papst erhob dagegen am kaiserlichen Hofe Vorstellungen und citirte den Cardinal nach Rom. Cardinal Sinzendorf entschuldigte sich aber, seiner Kränklichkeit halber nicht nach Rom reisen zu können. Bald darauf erließ er auch an alle Katholiken in Preußen ein Schreiben, worin er ihnen verbat, sich weder in Schriften noch in Predigten des Wortes Ketzer zu bedienen. Alle diese Maßnahmen erregten bei der Curie nicht geringe Bedenken und am 14. Juli 1742 erließ der Papst an den Cardinal ein eigenes Breve, worin er alle diese Handlungen des Cardinals auf das ernsteste mißbilligte und ihn nachdrücklichst aufforderte, sich in Rom einzufinden. Dann heißt es an einer Stelle im Breve: „Unser Alter ist höher, als das Euerige, und es ist nicht mehr an der Zeit, daß der heilige Vater reise; also da Wir nicht nach Breslau reisen können, ist es Eueres Amtes, nach Rom zu kommen. Ihr könnt Euch deßhalb mit Leiden an Eueren Füßen nicht entschuldigen, denn trotz derselben würdet [26] Ihr nach Rom kommen, wenn man daselbst ein Conclave halten sollte“. Dann kommt die Angelegenheit wegen des Vicariates zur Sprache und heißt es im Breve weiter: „Ihr seid ein verständiger, weiser, gelehrter und beredter Mann. Alles das gibt Hoffnung, daß man mit Euch in Person in einer Stunde weiter kommen werde, als in einem Jahre durch Schreiben zwischen Uns und Euch“. Aber auch dieser nachdrücklichen Aufforderung unterließ es der Cardinal nachzukommen, der hingegen am 29. Jänner 1743 in Berlin eintraf, wo er mehrere Wochen verweilte, oft bei Hof gesehen und mit allen Ehren behandelt wurde. Es ist auch nicht bekannt, daß der Cardinal später nach Rom gereist wäre. Cardinal Sinzendorf starb wenige Jahre nachher im Alter von erst 48 Jahren.
Sinzendorf, Philipp Ludwig (Cardinal, Bischof von Raab, später von Breslau, geb. zu Paris 14. Juli 1699, gest. zu Breslau 23. September 1747). Von der Fridau’schen-Linie. Ein Sohn des Grafen- Porträt. Unterschrift: Philipp Ludwig | Cardinal von Sinzendorf | Bischoff zu Breslau und Fürst, | des Heil. Röm. Reichs Erb-Schatzmeister | und Graf, Burggraf in Rheinegg etc.. Kupferstich mit Wappen (kl. Fol.).