BLKÖ:Schröder von Lilienhof, Wilhelm Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 31 (1876), ab Seite: 334. (Quelle)
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Schröder von Lilienhof, Wilhelm, auch Johann Wilhelm Freiherr (k. k. Feldzeugmeister, geb. zu Berlin um das Jahr 1719, gest. zu Olmütz 15. Jänner 1800). Wilhelm Sch., der auch als Johann Friedrich (wie z. B. bei Reilly) erscheint, hat eine romantische Jugendgeschichte, die vielfach erzählt wird, doch aber in manchen Puncten der Berichtigung bedarf. Authentisch steht fest, daß er ein geborner Preuße und Sohn eines unbemittelten preußischen Beamten war. Der Vater ließ bei seinem Tode Mutter und Kinder in sehr bedrängten Verhältnissen zurück, so daß die Söhne auswärts ihr Glück versuchten. Mütterlicher Seits besaß Wilhelm einen Verwandten in der kaiserlichen Armee, den General Georg von Storm. Vier seiner Brüder gingen, wie er, nach Oesterreich. Gottfried, auch Johann Gottfried, wurde Soldat, Maria Theresien-Ritter und Feldmarschall-Lieutenant [siehe seine besondere Biographie S. 319], Karl Friedrich brachte es auch zu hohen Ehren in der kaiserlichen Armee [siehe gleichfalls seine besondere Lebensskizze S. 320], Georg, der auch in der kaiserlichen Armee zu dienen begonnen, war als Lieutenant bei Thürheim-Infanterie [335] bei der Eroberung einer Schanze bei Breslau schwer verwundet worden und bald darauf seinen Wunden erlegen, und Johann Friedrich wurde katholisch, trat in den Orden der barmherzigen Brüder und erhielt als solcher den Namen Firmian. Seiner geschieht noch weiter unten Erwähnung. Die oberwähnte romantische Jugendgeschichte ist in kürzesten Worten: Wilhelm war zugleich mit seinem Bruder Johann Friedrich, nachher als barmherziger Bruder Firmian genannt, nach Oesterreich gekommen. Wilhelm beschäftigte sich mit Abschreiben und Unterrichtertheilen; Johann Friedrich ging nach Ungarn und war verschollen. Wilhelm hatte auch drei Feuerwerker in der Mathematik so gut unterrichtet, daß sie bei einer Prüfung des Corps die Aufmerksamkeit des berühmten Artillerie-Generals Joseph Wenzel Fürsten Liechtenstein auf sich zogen, und über Befragen, woher sie, da die übrigen Leute des Corps ganz unwissend geblieben, so gute Fortschritte gemacht, berichteten diese, daß ihr Lehrer ein junger Berliner, Namens Schröder, sei, der sich kümmerlich mit Abschreiben und Stundengeben fortbringe. Fürst Liechtenstein beschied nun den jungen Schröder zu sich, überzeugte sich, daß er ein kenntnißreicher, junger Mann sei und überredete ihn, in die österreichische Artillerie, jedoch vorerst als Gemeiner, da es im Anfang nicht anders thunlich, einzutreten. Schröder überlegte nicht lange und sagte zu. Er trat als Gemeiner in die Truppe. Am folgenden Tage sollte er bei dem Fürsten zu Tische erscheinen. Als er in’s Palais als gemeiner Artillerist kam, wies ihn der Portier in ein Zimmer, wo er eine Officiers-Uniform vorfand und ihm vom Portier bedeutet wurde, zu warten, bis er zu Tisch gerufen werde. Als nach längerer Zeit endlich der Diener erschien, staunte dieser, daß Schröder noch die Officiers-Uniform nicht angelegt habe, denn als gemeiner Soldat könne er ihn nicht zur fürstlichen Tafel lassen. Nach längerem Hin- und Herreden, wobei sich Schröder weigerte, ein Gewand anzuziehen, das ihm nicht zustehe, ließ er sich doch auf die Vorstellungen des Dieners überreden, zog es an und folgte dem Diener zur fürstlichen Tafel. Kaum war er in den Speisesaal eingetreten, so trat ihm der Fürst lächelnd entgegen, begrüßte ihn als Lieutenant und nun wurde Schröder inne, daß er an dem Fürsten einen huldvollen Mäcen gewonnen, der er ihm auch sein Lebelang geblieben. Indessen war sein Bruder Johann Friedrich verschollen. Dieser war, nachdem er sich von seinem Bruder getrennt, in Dienste eines Engländers getreten, dessen Launen er nur wenige Wochen ertrug; nun verfiel er in eine schwere Krankheit; von dieser genesen, suchte er hie und da – überall vergebens – Unterkunft. Sein protestantischer Glaube war das Haupthinderniß für sein Fortkommen. In seiner Verzweiflung, da er öfter schon dem Hungertode nahe gewesen, trat er zur katholischen Kirche über und wurde barmherziger Bruder im Kloster zu Preßburg. Als Bruder Firmian that er sich nun durch seine Geschicklichkeit bei Kranken bald so hervor, daß sein Name weit und breit genannt und seine Hilfe oft in Anspruch genommen wurde. So waren viele Jahre ergangen. Wilhelm rückte Stufe um Stufe empor, wurde Hauptmann und Major und blieb immer in des Fürsten nächster Umgebung. Als eines Tages der Fürst Liechtenstein während eines Aufenthaltes auf der Majoratsherrschaft [335] Feldsberg in Niederösterreich einen heftigen Gichtanfall bekam, schickte er nach dem in dem nicht fernen Preßburg im Kloster lebenden, ihm längst bekannten Bruder Firmian, der ihm schon öfter in solchen Anfällen treffliche Hilfe geleistet. Als Firmian erschien, mußte er längere Zeit, weil der Fürst dringende Abhaltung hatte, im Vorgemache warten. In dasselbe trat nach einer Weile der Major Schröder. Nach längerer Zeit erfolgte eine der rührendsten Erkennungsscenen, bei welcher es zuletzt zwischen beiden Brüdern so laut herging, daß der Fürst endlich die Thür öffnete, und als er an der Schwelle stehen blieb, Major und barmherzigen Bruder sich in Armen liegen sah. Nun erfolgte alsbald die Aufklärung. Die Sache kam zu Ohren der Kaiserin, die nun beiden Brüdern ihre besondere Huld zuwandte. Firmian blieb barmherziger Bruder, Wilhelm stieg von Stufe zu Stufe bis zum Feldzeugmeister. Diese Geschichte, poetisch verbrämt, erzählt zuerst – mit Verwechslung der Namen, indem der nachmalige General Schröder Johann Friedrich anstatt Wilhelm und der barmherzige Bruder Wilhelm genannt wird – v. Reilly in seinen „Skizzirten Biographien der berühmtesten Feldherren Oesterreichs von Maximilian I. bis auf Franz II.“ (Wien 1813), S. 380; ihm folgte zunächst das Brünner Unterhaltungsblatt „Moravia“, welches im Jahre 1815 in den Nummern 124–128, in dem Aufsatze: „Die Gebrüder Schröder“, aber schon mit Richtigstellung der Taufnamen und in ausführlicherer Darstellung, den ganzen Vorfall mittheilt. Nach längerer Pause begegnen wir dieser Geschichte in den von L. A. Frankl herausgegebenen „Sonntagsblättern“, welche im Jahrg. 1845, S. 531, den Artikel: „Fürst Wenzel Liechtenstein und die zwei Brüder. Erzählung nach einer wahren Begebenheit. Von Friedrich Uhl enthalten ist. Daselbst führt der Soldat Schröder den richtigen Taufnamen Wilhelm, der barmherzige Bruder aber heißt Bonifacius. Nun erzählt wieder nach längerer Pause der „Egerer Anzeiger“, der im Jahrg. 1861, Nr. 3 u. 4, eines k. k. Feldmarschall-Lieutenants Johann Friedrich Freiherrn von Schröder gedenkt, den es aber nie in der kaiserlichen Armee gegeben, dieselbe Geschichte. Endlich erbarmte sich in neuester Zeit ein Herr A. Dittrich dieses Stoffes und gab ihn mit starken Verkürzungen in der „Oesterreichisch-ungarischen Wehr-Zeitung“ 1872, Nr. 69, im Feuilleton unter dem Titel: „Ein armer Student“ zum Besten und läßt den General im Jahre 1808 gestorben sein. Wo noch sonst diese Geschichte mehr oder wenig verballhornt worden, ist mir nicht bekannt. Die Darstellung in der „Moravia“ kommt der Wahrheit am nächsten. Im Folgenden halte ich mich bezüglich Wilhelm Schröder’s an die archivalischen Daten, und diesen zufolge wäre er bereits im Jahre 1735, wenn also sein Geburtsjahr 1719 richtig ist, im Alter von 16 Jahren in die kaiserliche Armee getreten. In derselben sei er in Folge „seiner lobwürdigen Eigenschaften anno 1744 zum Lieutenant; anno 1746 zum Hauptmann, anno 1757 zum Obristwachtmeister; anno 1758 zum Obristlieutenant und anno 1760 zum wirklichen Obersten“ im Infanterie-Regimente Neipperg befördert worden. Als solcher hatte er sich in allen, Gelegenheiten so ausgezeichnet, daß er im Jahre 1765 mit dem Prädicate von Lilienhof in den Adelstand erhoben wurde. Im Jahre 1772 wurde Schröder [337] von Lilienhof General-Major, 1780 Feldmarschall-Lieutenant und (bestellter, d. i.) zweiter Inhaber des Infanterie-Regiments Hoch- und Deutschmeister, welcher er bis 1790 verblieb. Als er im letztgenannten Jahre die Stelle abgab, wurde er im nämlichen Jahre noch zum Inhaber des nun seinen Namen tragenden Infanterie-Regiments Nr. 26, vor ihm d’Alton, heute Großfürst Michael, ernannt. Im Jahre 1795 erfolgte seine Ernennung zum Feldzeugmeister, als welcher er zu Olmütz im hohen Greisenalter von 81 Jahren starb. Die Adelsacten weisen nun ein Diplom ddo. Wien 3. Juli 1773 aus, vermöge welchem zwei Brüder, Johann Wilhelm und Karl Friedrich, in den österreichischen Freiherrnstand erhoben wurden. Dieser Johann Wilhelm ist identisch mit unserm Wilhelm Schröder von Lilienhof, jedoch erscheint im Freiherrn-Diplom das Prädicat Lilienhof nicht.

Adelstands-Diplom für Wilhelm Schröder von Lilienhof ddo. Wien 27. April 1765. – Freiherrnstands-Diplom für die Brüder Johann Wilhelm und Karl Friedrich v. Schröder ddo. Wien 3. Juli 1773. – In den in der Lebensskizze angeführten Quellen wird mit den Taufnamen der Brüder nach Belieben geschaltet und dadurch eine nicht geringe Verwirrung hervorgebracht. Aus Acten steht fest, daß der Freiherr Schröder von Lilienhof Wilhelm (auch Johann Wilhelm) geheißen und, der Einzige, das Prädicat von Lilienhof, dieses aus der Zeit seiner ersten Adelserhebung im Jahre 1765, geführt habe. – Wappen. Dasselbe ist identisch mit dem bei Gottfried Freiherrn von Schröder beschriebenen. Nur befindet sich bei dem Wappen der beiden Brüder auf dem Hauptrande des Schildes eine Freiherrnkrone und erst auf dieser erheben sich die beiden gekrönten Helme.