Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schöpf, Bertrand
Band: 31 (1876), ab Seite: 178. (Quelle)
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Schoepf, August (Arzt und Humanist, geb. in Ungarn im Jahre 1804, gest. zu London im Februar 1858). Nach beendeten medicinischen Studien und längerer, vorbereitender Krankenpraxis begab er sich nach Pesth, wo er nun seinen bleibenden Aufenthalt nahm und sich der gelehrten und lehrenden Richtung seiner Wissenschaft zuwendete. Im Jahre 1836 wurde er außerordentlicher Professor der Geschichte der Medicin an der Pesther Universität. Zunächst gründete er eine orthopädische Anstalt, welche aber durch die Ueberschwemmung des Jahres 1838 gänzlich zu Grunde gerichtet wurde. Dieses Ereigniß veranlaßte die Herausgabe der folgenden Schrift: „Die umstimmenden Einwirkungen und die Krankheiten des Körpers und der Seele während und nach der Ueberschwemmung von Pesth“ (Leipzig 1839, gr. 8°.). Zunächst nahm S. nun die Gründung des Kinderspitals vor und scheute keine Mühe, um diesen seinen Lieblingsplan zur Ausführung zu bringen. Im Jahre 1842 gründete er eine medicinische Zeitschrift, welche aber wegen Mangels an Theilnahme zu erscheinen aufhören mußte; nichtsdestoweniger erneuerte er in zwei Jahren wieder den Versuch. Zu gleicher Zeit gab er Jahrbücher über das von ihm gegründete Kinderspital heraus, war als Mitglied der medicinischen Facultät und als correspondirendes Mitglied der kön. ungarischen Akademie der Wissenschaften, wozu er bereits im Jahre 1835 gewählt worden, in unermüdlicher Weise thätig und regte immer neue Reformen in seinem Fache an. Dabei wirkte er als vielbeschäftigter, praktischer Arzt, vortrefflicher Operateur, als welch letzterer er manche Neuerung nach Pesth verpflanzte. Aus dieser ausschließlich dem Gemeinwohle gewidmeten, ihn nahezu aufreibenden Thätigkeit rissen ihn mit einem Male die Ereignisse des Jahres 1848, von deren Wirbel er gleichfalls ergriffen wurde, bis auch ihn das Loos traf, was Tausende mit ihm ereilte, die in der Flucht Rettung vor dem erbitterten siegreichen Gegner suchten. Auch S. wurde, da er flüchten gemußt, heimatlos und sollte es bis an sein Lebensende bleiben, da es ihm nicht gegönnt war, die Wendung der Geschicke seines Vaterlandes zu erleben. Auf seiner Flucht gelangte er zunächst nach Widdin und blieb dort, so lange er auf eine Rückkehr in die Heimat hoffen durfte. Als auch diese Hoffnung schwand, begab er sich nach Constantinopel, wo er sich bald eine einträgliche Praxis in Pera schuf und ihm auch von Reschid Pascha ein vortheilhaftes Anerbieten, in eine öffentliche Anstellung zu treten, gemacht wurde, welches er aber ausschlug, da der uncivilisirte Osten seinem Drange, sich fortzubilden, unübersteigbare Schranken setzte. Er verließ Constantinopel und reiste über Paris und London, wo er einige Zeit verweilte, nach Manchester, wo er sich unter dem Namen ''Merei im [179] October 1850 bleibend niederließ. Daselbst entwickelte er von Neuem eine rege Thätigkeit in seinem Fache als Arzt, hielt mehrere populäre Vorträge in der Chatham Street School of Medicine über den Einfluß des Klima’s auf die Gesundheit des Menschen, welche sich solcher Theilnahme erfreuten, daß er von nun an regelmäßige Vorträge über Kinderkrankheiten an der genannten Anstalt vor einem zahlreichen Zuhörerkreise hielt. Nun begann auch seine durch die politischen Vorgänge unterbrochene literarische Thätigkeit, die bis 1857 mehrere kleinere und größere vollständige Arbeiten über Kinderkrankheiten umfaßt, welche in verschiedenen Fachblättern abgedruckt erschienen. Im Jahre 1856 wurde er nach abgelegter strenger Prüfung in London zum englischen Arzte promovirt, und nun begann er noch im nämlichen Jahre in Gemeinschaft eines Dr. Whitehaed die Gründung eines Kinderspitals ganz nach dem Plane des von ihm im Jahre 1839 in Pesth in’s Leben gerufenen. In seinem Fache erwarb er sich bald ein solches Ansehen, daß ihn seine Fachgenossen zur Abhaltung von öffentlichen Vorträgen über Kinderkrankheiten nach London beriefen. Bereits seit längerer Zeit leidend, konnte er diesem Rufe erst folgen, nachdem er sich 1857 auf einer Erholungsreise in Schottland gekräftigt. Als er aber nun zu seinem Berufsleben zurückkehrte und sich im übermäßigen Eifer der Arbeit und Praxis zugleich widmete, kehrte sein Leiden und dieses Mal in so heftiger Weise zurück, daß er schon nach wenigen Tagen demselben erlag. S. war nur 54 Jahre alt geworden. Bei dem Fehlen ungarischer Bücherverzeichnisse und da ich englischer Kataloge nicht habhaft werden konnte, wird die Uebersicht der von mir angedeuteten Schriften Schöpf’s nur lückenhaft sein und beschränkt sich auf die Angabe der folgenden: „Die Heilquellen von Szliacs in ihren eigenthümlich ausgezeichneten Wirkungen für Aerzte und Nichtärzte“ (Pesth 1841, Heckenast, gr. 8 °.); – „Jahresbeitrag zur praktischen Medicin und Chirurgie in Kinderkrankheiten vom Pesther Kinderspitale. Enthaltend: Allgemeine pädiatrische Grundsätze, eine genaue Darstellung und Behandlung der akuten Fieber, Entzündungen, Tuberkelsucht, Skrofelkrankheit u. s. w., mit Arzneivorschriften und pathologischen Sectionen, chirurgischen Operationen, mit vollständigen Abhandlungen über die Myo-Truotowiren an krummen Gliedern und die Operation des Schielens“ (Pesth und Leipzig 1841, G. Wigand, gr. 8°.). Das von Schöpf begründete Pesther Armen-Kinderspital blieb bestehen, auch nachdem sein Gründer als politischer Flüchtling in England sich ein neues Heim geschaffen. Als im Jahre 1850 die Directorstelle neu besetzt weiden sollte, ehrte man, gleichsam auf eine Wiederkehr des Verbannten hoffend, denselben dadurch, daß man festsetzte, diese Stelle bei Lebzeiten S.’s nur provisorisch zu besetzen. Dem Gründer war es nicht gegönnt, den Anbruch einer neuen Zeit in seinem Vaterlande zu erleben. Kaum aber war diese hereingebrochen, als die Gesellschaft der Aerzte Pesth-Ofens, welcher S. als Mitglied angehörte, nachträglich (am 27. December 1860) demselben eine würdige Trauerfeierlichkeit veranstaltete, bei welcher Schöpf’s Neffe Dr. Lumnitzer die Gedenkrede auf den Verblichenen hielt. Dieselbe erschien später im Drucke. Leider gelang es mir nicht, sie zur Einsicht zu bekommen.

Pester Lloyd (deutsch-ungar. polit. Blatt gr. Fol.) 1861, Nr. 7, im Feuilleton.