Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schenkl, Joseph
Band: 29 (1875), ab Seite: 202. (Quelle)
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Schenkl, Karl (Philolog und Fachschriftsteller, geb. zu Brünn 11. December 1827). Ungeachtet S. im Jahre 1849 bereits die juridischen Studien beendet hatte und ihm die Bahn auf dem weitverzweigten Gebiete der Jurisprudenz offen stand, so folgte er doch dem Drange seiner besonderen Neigung für das Studium der classischen Sprachen und trat in das philologisch-historische Seminar an der Wiener Universität ein. Der entschieden günstige Erfolg seines vorragenden Talentes und seines Fleißes lenkten die Aufmerksamkeit der Seminar-Direction auf ihn. Noch im Jahre 1849 erlangte S. den philosophischen Doctorgrad an der Wiener Universität, im Jahre 1851 die Lehrbefähigung für classische Philologie am ganzen Gymnasium in ausgezeichneter Weise. Im letztgenannten Jahre wurde er zum wirklichen Gymnasiallehrer in Prag ernannt, im Jahre 1854 im Lehramte definitiv bestätigt. S. vereinigt mit seinen vorzüglichen Kenntnissen in den classischen Sprachen und in der älteren Geschichte zugleich auch eine schätzbare Bildung in der deutschen Sprache und Literatur. Seine besondere wissenschaftliche Befähigung hat S. durch eine Reihe literarischer Erscheinungen auf philologischem Gebiete bekundet. Seine Werke: „Griechisches Elementarbuch für Gymnasien nach Curtius und Kühner“ [die bibliographischen Titel [203] seiner Schriften folgen weiter unten], seine „Chrestomathie aus Xenophon“ erlebten mehrere Auflagen und sind über die Grenzen Oesterreichs gedrungen. Nicht minderen Ruf genießt seine Abhandlung: „Anmerkungen zu den Trachinerinnen des Sophokles“ und sein „Schulwörterbuch der griechischen Sprache“. Eine stattliche Reihe von Monographien und Abhandlungen, zunächst über griechische Philologie, veröffentlichte S. in der österreichischen Gymnasial-Zeitschrift und ließ auch manche davon selbstständig erscheinen. Liefern diese durchaus gelungenen und gründlich gearbeiteten Abhandlungen den unzweifelhaften Beweis einer ebenso vielseitigen als gründlichen Gelehrsamkeit auf dem Felde der classischen Philologie, so ist S. auch auf dem Gebiete der vergleichenden Sprachforschung kein Laie. Beweise hiefür sind vielfach in den Abhandlungen S.’s niedergelegt. welche in Fr. Pfeiffer’s „Germania“ vom J. 1861 ab erschienen sind. Seit Jahren hielt S. an der Innsbrucker Universität Vorträge über Sanskrit und vergleichende Sprachwissenschaft. Im Jahre 1857 wurde S. zum Professor der classischen Philologie in Innsbruck ernannt und im Jahre 1863 in selber Eigenschaft nach Gratz übersetzt. S. ist daselbst zugleich Director der Gymnasial-Prüfungs-Commission und hat vielfach auf die Reorganisirung des Unterrichtswesens, namentlich der Gymnasien durch Wort und Schrift gedeihlichen Einfluß genommen. Seine beiden Aufsätze: „Ueber die Vorschläge zur Modification des gegenwärtigen Gymnasial-Lehrplanes“ (Zeitschrift für österreichische Gymnasien, Jahrgang 1858) und „Ueber die schriftlichen Uebungen im griechischen Unterrichte am Obergymnasium und über den Gebrauch commentirter Schulausgaben von griechischen und lateinischen Classikern“ (ebd. 1860) erfreuten sich an maßgebender Stelle gerechter Würdigung. Gelegentlich der im Jahre 1870 stattgehabten Verhandlungen der Gymnasial-Enquete-Commission im Unterrichtsministerium wurde S. als Mitglied dieser Commission berufen und mit einem wichtigen Referate darin betraut. Schließlich muß noch bemerkt werden, daß S. seit 21. Juli 1868 wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften ist. Er hat an der Gratzer Universität die Gründung eines archäologischen Cabinets veranlaßt, welches trotz seines kurzen Bestandes durch den relativen Reichthum an Gypsabgüssen, Münzen und anderen Antiquitäten bereits eine Zierde unter den dortigen Sammlungen genannt zu werden verdient. S. erhielt zum Zwecke der kritischen Bearbeitung der Werke des h. Ambrosius (für das von der kais. Akademie der Wissenschaften besorgte Werk: „Corpus patrum“) von dem Ministerium für Cultus und Unterricht einen Urlaub auf die Dauer des Winter-Semesters 1872/73 und eine Subvention, um zu dem angedeuteten Zwecke eine wissenschaftliche Reise nach Italien unternehmen zu können. Im Jänner 1875 ist seine Berufung als Professor der in Gratz vorgetragenen Fächer an die Wiener Hochschule erfolgt. Die Titel seiner selbstständig erschienenen Werke sind: „Griechisches Elementarbuch für die 3. und 4. Classe der Gymnasien des österreichischen Kaiserstaates. Nach der Grammatik des Professors Curtius bearbeitet“ (Prag 1852, Calve; 2. Aufl. 1854; 3. verbess. Aufl. 1857, Tempsky; 5. Aufl. 1863; 6. Aufl. 1866); eine italienische Uebersetzung dieses Buches unter dem Titel: „Esercizi greci“ (Wien 1855, Gerold) für die österreichisch-italienischen Gymnasien wurde von C. Mason besorgt; – „Chrestomathie aus Xenophon, [204] aus der Kyropädie, der Anabasis, den Erinnerungen an Sokrates zusammengestellt und mit erklärenden Anmerkungen und einem Wörterbuche versehen“ (Wien 1833, Gerold; 2. verbess. Aufl. 1837; 3. Aufl. 1860; 4. verbess. Aufl. 1865); auch davon erschien eine italienische Uebersetzung unter dem Titel: „Crestomazia di Senofonte ecc. ecc.“ (Vienna 1858, 8°.); – „Uebungsbuch zum Uebersetzen aus dem Deutschen und Lateinischen in’s Griechische für die Classen des Obergymnasiums“ (Prag 1860, Tempsky; 2. verm. u. verbess. Aufl. ebd. 1861); – „Die politischen Anschauungen des Euripides. Ein Beitrag zur griechischen Culturgeschichte“ (Wien 1862, Gerold), Separatabdruck aus der Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien 1862, Heft 5, – „Griechisch-deutsches Schulwörterbuch“ (Wien 1864, Gerold; 3. Abdr. 1866: 4. Abdr. 1870); eine italienische Uebersetzung unter dem Titel: „Vocabolario greco italiano“ (ebd.) besorgte Fr. Ambrosoli; – „Beiträge zur Kritik des L. Aenaeus Seneca“ (Wien 1864, Gerold), Sonderabdruck aus den Sitzungsberichten philos.-histor. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften; – „Werth der Sprachvergleichung für die Classische Philologie; eine Antrittsvorlesung ...“ (Gratz 1864, Leuschner, Lex. 8°.); – „zur Kritik späterer lateinischer Dichter“ (Wien 1864, Gerold), Separatabdruck aus den Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wissenschaften; – „Ueber die Zeusreligion. Vortrag, gehalten in der Ressource am 14. März 1865“ (Gratz 1863, Leuschner, 8°.); – „Orestis tragoedia, carmen epicum saeculi post Christum natum sexto compositum“ (Prag 1867, Tempsky, 8°.); – „Studien zu der Argonautika des Valerius Flaccus“ (Wien 1871, Gerold, gr. 8°.). Im Jahre 1872 erhielt S. einen Ruf an die neuerrichtete Straßburger Universität. Bei dieser Gelegenheit erhob sich für das Verbleiben Schenkel’s die öffentliche Meinung in wärmster Fürsprache und forderte, daß der Unterrichtsminister alles aufbieten möge, den tüchtigen, verdienstvollen Professor dem Kaiserstaate zu erhalten. Und er blieb ihm auch erhalten.

Deutsche Zeitung (Wiener polit. Blatt) 1872, Nr. 201: „Akademisches“.