Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 29 (1875), ab Seite: 25. (Quelle)
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Schabus, Jacob (Naturforscher, geb. zu Dellach in Ober-Kärnthen am 15. October 1825, gest. zu Wien am 26. September 1867). Ein jüngerer Bruder des als Arzt in Klagenfurt unvergeßlichen Dr. Georg Schabus [s. d. Vorigen]. Kam nach beendeter Ortsschule im Jahre 1837 nach Klagenfurt, wo er die vierte Classe, zugleich aber als außerordentlicher Hörer die Vorlesungen über Mathematik und Physik am dortigen Gymnasium besuchte. Im Jahre 1840 setzte er seine Studien im Gratzer Joanneum, später in Wien am Polytechnicum fort, wo er sich für die Fächer der Chemie und Physik entschied und unter Einem die einschlägigen Vorlesungen an der Universität besuchte. Dem Lehramte sich zuwendend, erhielt er im Jahre 1849 die Stelle eines Adjuncten am Wiener Polytechnicum, setzte aber seine eigenen Studien fleißig fort. Im Jahre 1851 übernahm S., nachdem er kurz zuvor einige Zeit das Lehramt der Physik an der k. k. Oberrealschule in Schottenfeld zu Wien bekleidet, die Professur der Physik an der Wiener Handels-Akademie, welche er bis an sein [26] Lebensende inne gehabt hatte. Dieses letztere wurde in wirklich bedauerlicher Weise herbeigeführt. Schon das Leiden und der darauf gefolgte Tod seines Bruders Georg, an dem er mit echt brüderlicher Liebe hing, hatten ihn tief erschüttert. Er verfiel in eine andauernde Schwermuth, zog sich von allem menschlichen Umgange zurück und reiste, um dem Verlangen seines Herzens nachzugeben, nach Funchal, um wenigstens am Grabe seines Bruders zu weilen. Zu Anfang des Studienjahres 1864 kehrte er von seiner Reise zurück und es schien die Schwermuth gewichen zu sein, denn er war nun einige Zeit heiter und frohen Gemüthes. Plötzlich erfaßte ihn aber die alte Schwermuth und eine unnennbare Sehnsucht nach Madeira, um dem Grabe seines Bruders nahe zu sein. Dazu gesellten sich körperliche Leiden, die seine Stimmung nur noch mehr verdüsterten. Da geschah es, daß am 20. August sein Heimatsort Dellach durch eine Feuersbrunst zerstört und die Habe eines dort noch lebenden Bruders und der verheiratheten Schwester vernichtet wurden. Sofort reiste S. nach der Stätte des Unglücks ab und wurde von dem Elende, das sich nun seinen Blicken darbot, derart ergriffen, daß sich von nun an sein Denken verwirrte, er im steten Wahne war, man wolle ihn vergiften, welcher ihn zuletzt so folterte, daß er, um seinen Martern ein Ende zu machen, selbst Cyankali nahm. das ihn augenblicklich tödtete. Wenn man die wissenschaftliche Thätigkeit S.’s in’s Auge faßt, so stellt sich uns in dem so unglücklichen Manne eine ganz eminente Persönlichkeit dar. Er war ein Naturforscher, der zu den schönsten Hoffnungen berechtigte, seine „Bestimmung der Krystallgestalten“ wurde von der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften mit dem Preise gekrönt, die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Classe der genannten Akademie enthalten mehrere seiner chemischen Abhandlungen: mit Professor J. Pohl machte er eine sehr große Zahl trigonometrischer, barometrischer und hypsometrischer Höhenbestimmungen. Insbesondere besaß er die Gabe, den naturwissenschaftlichen Lehrstoff in möglichst faßlicher und anschaulicher Weise darzustellen, daher seine Lehrbücher als Musterbücher ihrer Art gerühmt werden, und ebenso verstand er es, seinen Gegenstand in klarer, leicht verständlicher Weise vorzutragen. Sein Biograph sagt in dieser Hinsicht: „Derselbe Mann, der in den letzten Jahren vielseitig als Menschenfeind betrachtet wurde, war für den Kreis der Wenigen, welche ihm näher standen, ein wahrer Menschenfreund“. Die Titel seiner Schriften sind, und zwar der selbstständig erschienenen: „Leichtfassliche Anfangsgründe der Naturlehre“ (Wien 1854; 10. verb. Aufl. mit 349 in den Text eingedr. Holzschn. 1865, 8°.); – „Bestimmungen der Krystallgestalten im chemischen Laboratorium erzeugter Verbindungen“ (ebd. 1855, 8°.); – „Grundzüge der Physik“ (ebd. 1856; 4. Aufl. mit vielen in den Text eingedr. Holzschn. 1866, 8°.); – „Lehrbuch der Mineralogie“ (ebd. 1858, 8°.); – in verschiedenen periodischen Werken, und zwar in den Denkschriften mathem.-naturw. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften: „Monographie des Euklases“ (Bd. VI, 1854); – in den Sitzungsberichten mathem.-naturw. Classe derselben Akademie: „Ueber die Krystallform des Bleicyansulfürs“ (Bd. IV, 1850); – „Ueber die Krystallform des Bleichlorids, Eisenchlorürs und Eisenchlorür-Kaliumchlorids“ (ebd.); – „Ueber die Krystallform des Barium-Platin-Cyanürs und Kalium-Eisen-Cyanürs“ [27] (ebd.); – „Ueber die Krystallform des zweifach weinsauren Kali’s des essigsauren Kupferoxydkalks“ (Bd. V, 1850); – „Ueber die Krystallform der Zimmtsäure, Hippursäure und des hippursauren Kalks“ (ebd.); – „Ueber die Krystallform des zweifach chromsauren pikrinalsalpetersauren Kalis“ (ebd.); – „Ueber die Krystallform des Zinnobers“ (Bd. VI , 1851); – „Ueber die Anwendung des zweifach chromsauren Kalis zur Eisen-, Braunstein- und Chlorkalkprobe“ (ebd.); – „Tafeln zur Reduction der Barometerstände auf 0°C“ in Gemeinschaft mit Pohl (Bd. VIII, 1852); – „Ueber das bei der Quecksilbergewinnung aus Fahlerzen gebildete Calomel u. s.w.“ (Bd. IX, 1852); – „Tafeln zur Bestimmung der Capillardepresson in Barometern“, in Gemeinschaft mit J. J. Pohl (ebd.); – „Ueber die Kristallbildung des Eises“ (Bd. X, 1853); – „Krystallform des Zinkoxyds“ (Bd. XI, 1853); – „Krystallogische Untersuchungen“ (Bd. XV, 1855, u. Bd. XXIX, 1858); – „Meteorologische Beobachtungen, Höhenmessungen und markscheiderische Aufnahme der Höhlen des Oetschers mit 1 Plan und 1 Karte“, gemeinschaftlich mit F. Lukas (Bd. XXIV, 1857), auch im Sonderabdrucke; – in Poggendorff’s „Annalen“: „Ueber die Krystallform des kärnthnerischen Vanadinits“ (1857). Das in den Quellen angeführte „Wiener Tagblatt“ theilt Einzelheiten über seine letzten Lebenstage mit und gibt unter Anderem an, „daß der Gelehrte als ein äußerst überspannter Mann allgemein bekannt war“. Die Vertiefung in seine ohnehin abstracte Wissenschaft, welche ihn tagelang an den Arbeitstisch fesselte und ihn von dem wohlthuenden zerstreuenden Umgange mit Menschen fernhielt, verbunden mit den Unglücksfällen, welche ihn in seiner Familie trafen, sind leicht begreifliche Ursachen jener Melancholie, die am Ende zu dem bedauerlichen Mittel des Selbstmordes greift.

Wiener Zeitung 1867, Nr. 300, S. 1027. „Dr. Jacob Schabus“, von J. Pranghofer. – Neues Wiener Tagblatt 1867, Nr. 299: „Professor „Josef Schabus“ vergiftet“ [Schabus hieß Jacob, nicht Joseph]. – Carinthia (Unterhaltungs-Beilage zur Klagenfurter Zeitung, 4°.) 1867, Octoberheft, S. 449. – Hoffinger (J. Ritt. v.), Oesterreichische Ehrenhalle. V. (Wien 1868, L. W. Seidel, gr. 8°.) S. 53 [nach diesem gest. am 27. September 1867]. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbu ch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1859, Joh. Ambr. Barth, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 767 [nach diesem geboren am 14. October 1825; auch wird hier sein GeburtsortDallach, anderswo Dollach genannt, er heißt richtig Dellach].