BLKÖ:Sallmayer, Hermann

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 28 (1874), ab Seite: 118. (Quelle)
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Sallmayer, Hermann (österreichischer Poet, geb. zu Wien 29. März 1823). Der Sohn des Buchhändlers Leopold Sallmayer, war bestimmt, sich dem Handelsstande zu widmen, zeigte aber dazu weder besondere Neigung noch Fähigkeit. Seit frühester Jugend jedoch fühlte er sich zur Bühne hingezogen, welcher er sich auch ohne Vorstudien und ohne Wissen seiner Angehörigen widmete. S. lebte ein vielbewegtes Schauspielerleben durch, begann seine Theaterlaufbahn bei kleinen herumziehenden Truppen, bei welchen noch das Publicum zusammengetrommelt und vorwiegend extemporirte Komödien gespielt wurden, zu welchen es weder Bücher noch Rollen gab. So spielte er nach und nach alle Fächer des Schauspiels, mit Ausnahme der niedrigkomischen Richtung. In späterer Zeit war S. ein stets beliebter Darsteller an größeren Theatern, wie Regensburg, Augsburg, Bremen, Lemberg, und spielte auch in Leipzig, Wien und London längere Zeit. In seinem Unabhängigkeitsdrange meist augenblicklichen Eingebungen gehorchend, versäumte er, sich eine dauernde Stellung an einer größeren Bühne, wozu ihn das Talent befähigte, zu gründen und schlug manches vortheilhafte Anerbieten aus. So z. B. zerschlug sich ein nach einem Gastspiele angebotenes Engagement in Leipzig, weil S. nach England reisen, ein anderes an das Münchener Hoftheater, weil er Augsburg, wo es ihm besonders gefiel, nicht verlassen wollte. Da S. jedoch fast immer ein sehr zurückgezogenes und von den übrigen Schauspielern abgesondertes Leben führte, so genügte ihm bald sein Wirkungskreis als Schauspieler nicht mehr ganz, und er wollte, um nicht nur Fremdes wiedergeben zu müssen, sondern auch Eigenes schaffen zu können – Schriftsteller – Dichter werden. Nun, Studien hatte er keine gemacht, er wußte kaum einen Vers zu bauen. Allein seine ihm angeborne unerschütterliche Willenskraft, die ihm in manchen schwierigen Lagen seines Lebens zu Statten kam, genügte, um seinen Vorsatz auszuführen. [119] Er studirte – allein – verschaffte sich Einsicht in alle Zweige der Wissenschaft, die er zwar nicht gründlich erfassen konnte, aber sich ihm doch so weit erschlossen, daß sein Geist und sein Blick eine erweiterte Richtung erhielt. Er wurde Journalist, lyrischer und dramatischer Dichter und seine literarischen und dichterischen Arbeiten fanden bald freundliche Aufnahme in weiteren Kreisen. S. schrieb als Journalist meist unter fremdem Namen und auch sein erstes dramatisches Gedicht: „Ein Künstlerherz“, dem ein älterer Stoff zum Grunde lag, wurde am deutschen Theater in Lemberg unter fremdem Namen mit günstigem Erfolge aufgeführt. S.’s spätere dramatische Werke wurden überall beifällig aufgenommen, ebenso fanden die wiederholten Ausgaben seiner Gedichte weitere Verbreitung. Dabei ließ er aber trotz vielfachen und günstigen Verbindungen als Schauspieler und Schriftsteller den Zufall walten, der ihm dann oft günstiger war, als manchem Anderen, denn seine poetischen Arbeiten haben wiederholte Auflagen erlebt. So hat er bei Gelegenheit der Rückkehr der ostpreußischen Truppen aus dem Kriege im Jahre 1871 ein Bändchen deutsch-patriotischer Gedichte bei Bruno Meyer in Königsberg erscheinen lassen, wovon innerhalb einer Woche 15.000 Exemplare in zwölf Auflagen verkauft worden sein sollen. (Das geht ja über das halbe Hundert Auflagen der Geibel’schen Gedichte!) Ein im genannten Jahre zur Darstellung gebrachter dramatischer Scherz, betitelt: „Ueberraschungen“, erfreute sich eines durchschlagenden Erfolges. Auch hielt S. in Norddeutschland öffentliche culturgeschichtliche Vorlesungen, welchen von Seite des Publicums die freundlichsten Aufnahme zu Theil wurde. Die Titel der von S. bisher durch den Druck erschienenen lyrischen und dramatischen Arbeiten sind: „Ein Künstlerherz. Dramatisches Gedicht in 2 Acten“ (Leipzig 1852); – „Zwei Frauenherzen. Drama in 5 Acten“ (Augsburg 1853); – „Sängers Walten. Gedichte an die Augsburger Liedertafel“ (Regensburg 1854); – „Philippine Welser. Schauspiel in 5 Acten“ (Augsburg 1854; 2. Aufl. Innsbruck 1866); – „Lieder eines fahrenden Poeten“ (Augsburg 1855; 3. Aufl. Wien 1865); – „Drei Gedichte“ (2. Aufl. Wien 1865); – „Ein Tag der Freude in Tirol. Festspiel“ (Innsbruck); – „Spiegelbilder. 2 Bändchen“ (2. Aufl. Wien 1857), Gedichte; – „Lieder am Meere“ (ebd. 1858); – „Verschneiter Frühling. Lieder und Gedichte“ (2. Aufl. Klagenfurt 1858); – „Die Lebenden an die Todten“ (ebd. 1858), eine Sammlung der auf dem Friedhofe zu Klagenfurt errichteten Denkstein-Inschriften, nebst einem Anhange neuer Grabschriften; – „Schutt und Kitt aus den Mauern von Wien“ (Wien 1861); – „Neueste Gedichte“ (4. Aufl. Wien 1862); – „Kunstinstitut und Vergnügungsort. Skizzen über deutsche Theaterzustände“ (Innsbruck 1865). Ein dramatisches Märchen in drei Acten, einem Vorspiele und Prologe, betitelt: „Geist, Gold und Eisen“, und ein fünfactiges Schauspiel: „Die Verlobten“, sind noch ungedruckt. Im Jänner 1874 kam im deutschen Theater zu Pesth die einactige Bluette: „Ueberraschungen“ von S. zur Darstellung und soll nach mehreren Berichten darüber einen durchschlagenden Erfolg gehabt haben. Auch redigirte er unter dem Namen Enrico Starke durch zwei Jahre ein Blatt, betitelt: „Die Posaune“, und ein paar unter dem Namen Dr. Nordmann aufgeführte Stücke sollen ihn zum Verfasser haben. S., welcher sich im Jahre 1861 mit der Witwe [120] des Schauspielers Schierling, Franziska, vermälte, hat sein schauspielerisches und dichterisches Wirken theilweise aufgegeben und wurde Director des landschaftlichen Theaters in Linz, wo er nach mehrjähriger Zerfahrenheit unter früheren Leitern wieder geordnete und künstlerische Verhältnisse eingeführt hat. Gegenwärtig ist S. bei Strampfer, dem Director des nach ihm benannten Theaters unter den Tuchlauben in Wien, engagirt und leitet in Strampfer’s Abwesenheit das von diesem in Pesth gepachtete deutsche Theater. Als Bühnenvorstand steht S. im Rufe eines strengen, tüchtigen und kunststrebenden Mannes, der sich auch in den schwierigsten Zeiten und Verhältnissen ehrenvoll zu behaupten wußte, und dessen Energie sich erst da im besten Lichte zeigt, wo Anderen der Muth entfällt.

Kehrein (Jos.), Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert (Zürch, Stuttgart und Würzburg 1870, Leo Wörl, gr. 8°.) Bd. II, S. 75.