BLKÖ:Roser, Franz Moriz

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 27 (1874), ab Seite: 36. (Quelle)
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Roser, Franz Moriz (Mitglied des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes, geb. zu Wekelsdorf in Böhmen 18. September 1825). Besuchte das Gymnasium in Prag und begann dann das Studium der Chirurgie. Von diesem nicht befriedigt, kehrte er zu den unterbrochenen Studien zurück, beendigte dieselben, wendete sich dann der Medicin zu, welche er an der Prager Hochschule hörte und an welcher er am 26. November 1851 die Doctorwürde erlangte. Mit besonderer Vorliebe betrieb er Chirurgie und Augenheilkunde und trat die Praxis in der Klinik der [37] Doctoren Pitha [s. d. Bd. XXIII, S. 363] und Arlt an. Später begab er sich nach Gräfenberg, um dort durch längere Zeit die Wirkung des Wassers auf den menschlichen Organismus zu studiren. Die Ergebnisse seiner Beobachtungen faßte er in einer Monographie zusammen, welche er im Drucke unter dem Titel: „Die Anwendung und die Erfolge des Wassers als Heilmittel, besonders in chronischen Krankheitsformen. Mit klinischer Beleuchtung der bei der Behandlung mit Wasser noch herrschenden Irrthümer und häufig vorkommenden Missbräuche ....“ (Prag 1858, André, gr. 8°.) herausgab. Darauf nahm er in Braunau seinen bleibenden Wohnsitz und übte dort die Praxis mit so entschiedenem Glücke aus, daß er nach Centnerbrunn (in Preußisch-Schlesien) berufen wurde, um dort die Leitung einer Wasserheil-Anstalt zu übernehmen. Nachdem er vier Jahre die Leitung dieser Anstalt geführt, unternahm er Reisen nach Deutschland und Frankreich, besuchte mehrere Universitäten und hörte in Paris die Vorträge der Koryphäen der medicinischen Wissenschaft, wie Sedillot, Velpeau u. A. Von dieser wissenschaftlichen Reise kehrte er nach Braunau zurück und übte wieder seine ärztliche Praxis aus. Zugleich aber wendete sich seine Theilnahme den politischen Ereignissen zu und gab er ein Volksblatt radicaler Tendenz mit dem entsprechenden Titel: „Vorwärts“ heraus. Demselben widerfuhr während der preußischen Invasion die Auszeichnung, sistirt zu werden, es erschien aber später wieder. Als die Wahlen im J. 1867 stattfanden, wurde R. in dem Landwahlbezirke Braunau-Politz in den böhmischen Landtag und von diesem am 13. April in das Abgeordnetenhaus des Reichsrathes gewählt, in welcher er zur verfassungstreuen, liberalen Partei gehört und bei mehreren bemerkenswerthen Anlässen in den Vordergrund trat, so, als er den Antrag auf Aufhebung des Lotto stellte und den Landesvertheidigungsminister wegen Gefährdung der Staatsbürger durch das Tragen der Waffen von Seite des Militärs außer Dienst interpellirte. Der in den Quellen citirte Aquarellist bemerkt bezüglich Roser’s: nicht wie gesprochen wird, sondern was man spricht, ist die Hauptsache. Fegt von den sogenannten „glänzenden“ Reden unserer sogenannten „glänzenden“ Redner die Frasenspuren hinweg und ihr werdet staunen, mit wie wenig Körner die Kibitze des Lesepublicums sich nähren lassen. Als Dr. Roser sich gegen die Soldatenspielerei, gegen die massenhaften Ordensdecorirungen aussprach, als er für den Verkauf der Kirchengüter plaidirte und für die Beschränkung der Civilliste, als er für die Aufhebung des Lotto sprach, als er sagte: der Staat bildet hiedurch Müßiggänger und Diebe, er verstößt so gegen seine eigene sittliche Grundlage; der Staat nährt so trügerische Hoffnungen in den ärmeren Theilen des Volkes und führt Hunderte von Opfern langsam, aber sicher dem Cyankali zu!“ und als er bemerkte: „Wenn der durch die Lottoleidenschaft zum Verbrecher Gewordene vor Gericht steht, ist es da nicht, als ob die Regierung als Mitangeklagter vor den Schranken stünde, denn die Regierung ist es, welche Lockvögel aufstellt, um das arme Opfer zu erhaschen“, da hat der Dr. Roser, so mangelhaft es geschah, mehr gesagt, als Diejenigen je zu denken wagen, die darüber gelacht und die dann, wenn sie für eine Regierungsvorlage aufgestanden sind, stolz zum Diner gehen und – vorläufig – den Serviettenzipfel hineinstecken in die stolze „Volksvertreter“-Brust[WS 1], [38] bis es ihnen durch ihr serviles Verhalten gelingt, ein färbiges Bändchen durch dieselbe Knopfspalte zu schieben, aus welcher früher viel anständiger der Serviettenzipfel hervorlugte. In jüngster Zeit (März 1873) hat Roser gegen das von allen Unbefangenen verurtheilte Gebaren des Ausstellungs-Souveräns Baron Schwarz nach einer Richtung die Stimme erhoben. Baron Schwarz hat nämlich auf jenen officiellen Ausstellungsbericht verzichtet, mit welchem die bisherigen Weltausstellungen abschlossen und in welchem die ersten fachlichen Autoritäten ihr Urtheil über die Ausstellung niederlegten und begründeten. Dagegen erhob sich nun eine starke und berechtigte Opposition, u. z. hatte der niederösterreichische Gewerbeverein gegen dieses Gebaren Protest eingelegt und gleichzeitig Roser im Abgeordnetenhause den Gegenstand zur Sprache gebracht. Ein im Februar 1870 an Dr. Roser von Henri Rochefort aus dem Gefängnisse St. Pelagie in Paris, in welchem Rochefort damals saß, gerichtetes Schreiben, in welchem der anrüchige Franzose dem österreichischen Abgeordneten seine Sympathien kundgab, entpuppte sich später als eine aus dem Schooße des Abgeordnetenhauses hervorgegangene Mystification!

Oesterreichischer Oekonomist (Wien, gr. 8°.) 1869, Nr. 11, im Feuilleton: „Dr. Roser – estratto!“ – K(rasnigg) (J. J.), Aquarellen aus den beiden Reichsstuben (Wien 1868, R. v. Waldheim, 8°.) Bd. I, S. 20, 21; Bd. II, S. 16 u. 58. – Prager Zeitung 1870, Nr. 49, im Feuilleton: „Ein Brief Henri Rochefort’s an Dr. Roser“. – Porträt. Ziemlich ähnlicher, aber schlecht ausgeführter Holzschnitt im „Illustrirten Wiener Extrablatt“ 1873, Nr. 91, S. 3.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: „Volsvertreter“-Brust.