Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Renn, Joseph Anton
Band: 25 (1873), ab Seite: 287. (Quelle)
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Renk, Paul (niederösterreichischer Landtags-Abgeordneter, Dechant und Poet, geb. zu Rudmanns in der Nähe des Cistercienserstiftes Zwettl in Niederösterreich 6. Jänner 1815). Kam als [288] Sängerknabe in das Convict des Stiftes Zwettl, in welchem er die vier Grammatikalclassen besuchte, dann ging er nach Krems, wo er an der dortigen Piaristen-Lehranstalt nach beendeten Humanitäts- und philosophischen Studien in das bischöfliche Seminar zu St. Pölten eintrat und dort die theologischen Studien hörte. Noch zu jung, um ausgeweiht zu werden, kam er als Diacon nach Raabs, wo er bis Ende 1837 verblieb. Am 13. Jänner 1838 erlangte er die Priesterweihe und wirkte nun als Cooperator in der Seelsorge, zuerst in einem Städtchen an der böhmischen Grenze, dann zu Krems und zuletzt als Curat an der Domkirche zu St. Pölten. Im October 1843 wurde er Professor der Moraltheologie und im Jahre 1847 Pfarrer zu Karlstetten, einer bei St. Pölten gelegenen Ortschaft. Von dort aber schon nach kurzer Zeit als Spiritualdirector in das bischöfliche Alumnat nach St. Pölten berufen, wurde er daselbst Consistorialrath und Prosynodalexaminator, unternahm im Frühjahre 1857 eine Pilgerfahrt nach Rom und erhielt dann Anfangs Juni 1858 die Pfarre zu Wieselburg an der Donau. Auf diesem Posten wurde er im August 1863 Dechant und Schuldistricts-Aufseher des Ybbser Decanats und Consistorialrath der St. Pöltner Diöcese. R. ist geistlicher Dichter und mehrere seiner Poesien stehen in verschiedenen Zeitschriften, als in der Sion, im österreichischen Volksfreund, in der Linzer Quartalschrift, in der St. Pöltner theologischen Zeitschrift Hippolytus abgedruckt; aber er hat auch bereits mehrere selbstständige Sammlungen seiner religiösen Dichtungen und auch einige andere Schriften herausgegeben, deren Titel sind: „Sursum corda. Lieder und Reime eines alten Pilgers“ (Wien 1846); – „Heimwärts aus der Fremde. Lieder und Reime“ (St. Pölten 1856); – „Das Priesterthum, dessen Vorstufen und Symbol“ (Wien 1858); – „Pater familias. Eine Sammlung geschäftlicher Erinnerungen, Legenden und Sagen, besonders aus Oesterreich“ (ebd. 1858). Seinen Dichtungen wird neben formeller Vollendung, klangreicher Sprache und gelungenen Maßen und Reimen eine auf dem tiefen klaren Grunde des Glaubens ruhende Weltansicht, und eine von der Wahrheit und der heiligen Weihe der Religion erfüllte Begeisterung nachgerühmt. Ein Kritiker bezeichnet als etwas diesem Sänger besonders Eigenthümliches: „Das tiefe, vom heiligen Ernste durchdrungene und von einem Tone der Wehmuth angehauchte Gefühl. Denn, wie er sich auch der schönen, zur Lust des Menschen geschaffenen Erde freut und versteht, die heiteren Bilder des Lebens zu erfassen und zu schildern, so ergreift ihn doch mitten in dieser lebensfrohen Anschauung der bunten, wechselnden Gestalten der Gedanke an den Wandel alles Irdischen, an die Vergänglichkeit alles von unseren Sinnen Faßbaren, der nur wieder versöhnt wird durch die Erinnerung an das Eine, in allem Wechsel Verharrende, durch den Anklang an die Ewigkeit.“ Aus der Stille seines seelsorgerlichen Berufes und seiner poetischen Beschaulichkeit trat aber Renk erst hervor, als er im Wahlbezirke Amstetten für die Session 1872 u. f. in den niederösterreichischen Landtag gewählt, in demselben die Aufmerksamkeit nicht blos der Versammlung, sondern der ganzen gebildeten Welt durch die Art und Weise auf sich lenkte, in welcher er in den Debatten über den Antrag des Verfassungs-Ausschusses in Betreff der gegen die Jesuiten zu ergreifenden Maßregeln in der Sitzung vom 3. December für den von allen Seiten [289] angegriffenen Orden eine Lanze brach. Er sprach zuerst die Ansicht aus, daß die Bevölkerung sich in zwei Lager theile, in das des Glaubens und das des Unglaubens, und behauptete dann, daß nur das letztere die Vertreibung der Jesuiten wünsche. Die Jesuiten, rief er, seien bei dem größten Theile der Bevölkerung beliebt. Die Studien seien besser als die mancher Orden, die noch Unterricht ertheilen [gegen welche Behauptungen sich in der Versammlung heftiger Widerspruch erhob]. Als aber der geistliche Herr im Verlaufe seiner den Jesuiten gehaltenen Lobrede auf Kaiser Joseph II. zu sprechen kam und die Worte wagte: „alle Welt sei darüber einig, daß die geistige Begabung des Kaisers eine geringe gewesen sei“, gab die Versammlung Zeichen des heftigsten Unwillens; ein Abgeordneter rief mit lauter Stimme: „Das ist eine unerhörte Beleidigung des großen Todten! und da der anwesende Landesmarschall es unterließ, diese Aeußerung des Dechants, für welche als Beleidigung eines Mitgliedes des kaiserlichen Hauses ihn nur seine Eigenschaft als Deputirter gegen gerichtliche Verfolgung schützte, durch einen Ordnungsruf zu strafen, gab der anwesende Statthalter dem Unwillen des Hauses über des Dechants „unbezeichenbare Aeußerung“ Ausdruck. Es ist dieß einer von der vielen, in der Gegenwart sich ereignenden Fällen, die an und für sich unbedeutend, doch als zur Signatur der Zeit gehörig beachtet und in das Buch der Geschichte eingetragen werden müssen. Die Entrüstung nicht in den Journalen, die ihrem gegenwärtigen Charakter nach aufgehört haben, als Ausdruck der öffentlichen Meinung angesehen zu werden, welche Thatsache auch eine Signatur der Zeit ist, sondern in allen gebildeten, selbst officiellen Kreisen über solch’ Wagniß eines Abgeordneten, welche Tracht er tragen mag, war eine große. Das „Illustrirte Wiener Extrablatt“ 1872, Nr. 256, brachte das Bildniß des hochwürdigen Herrn. Ein Blick auf dasselbe macht uns das Unbegreifliche begreiflich: dieses Angesicht erinnert nicht in ’einem Zuge’ an den Dichter des Sursum corda, aber es erklärt die Schmähungen auf den todten Monarchen, der um ein Jahrhundert seiner Zeit vorangeeilt und ungeachtet seiner Liebe für die Menschheit, die er ihr im vollen Maße gespendet, für seine Sorge um das Wohl seines Staates, für den er sein Leben geopfert, vor den Insulten einer Rotte Korah auch heute noch, nach einem Jahrhunderte, nicht sicher ist, und dieses Angesicht erklärt uns den frommen Wunsch des hochwürdigen Dechants, den Jesuiten in Oesterreich ein trautes Heim zu eröffnen.

Kehrein (Jos.), Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhunderte (Zürich, Stuttgart, Würzburg 1870, L. Wörl, gr. 8°.) Bd. II, S. 48. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1872, Nr. 2975 vom 4. December: „Die Landtage“ – und gleich darauf der „stenographische Bericht über die XII. Sitzung des niederösterreichischen Landtages“. – Illustrirtes Wiener Extrablatt 1872, Nr. vom 4. December „Ein geistesschwacher Monarch“ – und dasselbe Nr. 256: „Dechant Renk, der Advocat der Jesuiten“ [mit Bildniß im Holzschnitt].