BLKÖ:Reinisch, Simon Leo

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Reinisch, Joseph
Band: 25 (1873), ab Seite: 234. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Leo Reinisch in der Wikipedia
Leo Reinisch in Wikidata
GND-Eintrag: 118836994, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Reinisch, Simon Leo|25|234|}}

Reinisch, Simon Leo (Professor für egyptische Sprache und Alterthumskunde an der Wiener Universität, geb. zu Osterwitz in Steiermark 26. October 1832). Das Gymnasium besuchte R. in den Jahren 1846–1854 in Gratz und begab sich im October letztgenannten Jahres nach Wien, um sich auf der philosophischen Facultät für ein Lehramt der Geschichte vorzubereiten. Neben den historischen Fächern beschäftigte er sich vielfach mit orientalischen Sprachen, welche ihn derart anzogen, daß er, nachdem er im Jahre 1857 seine Studien beendigt hatte, sich ausschließlich diesem Wissenschaftsgebiete zuwandte. Zu diesem Zwecke trat er im Jahre 1857 in die Universitäts-Bibliothek ein, die Muße, welche ihm sein Dienst ließ, ganz den sprachlichen Studien widmend, unter denen ihn die egyptische vorweg anzog. Im Jahre 1859 erlangte er die Doctorwürde und habilitirte sich als Privatdocent für Geschichte des Alterthums und für egyptische Alterthumskunde an der philosophischen Facultät in Wien. Im Jahre 1865 unternahm er eine wissenschaftliche [235] Reise nach Egypten und verblieb in diesem Lande ein Jahr, beschäftigt mit dem Studium der alten Denkmäler. Das wissenschaftliche Ergebniß dieser Reise war ein großartiges. R. hatte während dieser Zeit eine ungemein reiche und werthvolle Sammlung Aegyptiaca zu Stande gebracht, u. a. vier Sarkophage, drei schöne Papyrus, über ein Dutzend Säulen mit Inschriften und mehrere tausend Stück Götterstatuetten, Amulette, Scarabaen u. s. w. in Bronze, Porzellan, Terracotta und Holz. R. hatte in Egypten eine große Zahl der Ruinenstätten besucht und an der Entdeckung der bilinquen Inschrift von Tanis, welche wieder Anlaß wurde zu einem Pröbchen des in der Gelehrtenwelt herrschenden Neides, wesentlich Antheil genommen. Der preußische Egyptolog Herr Lepsius, der nämlich auch an dieser für die Wissenschaft interessanten Entdeckung betheiligt ist, hatte, als er darüber an die Berliner Akademie Bericht erstattete, des Dr. Reinisch und des wesentlichen Antheils, den derselbe in dieser Angelegenheit besitzt, auch nicht mit einem Worte gedacht. Glücklicherweise konnte Dr. Reinisch dadurch, daß er mit seinem Werke in der Herausgabe dem preußischen Egyptologen zuvorkam, diese ihm in gerade nicht löblicher Weise bestrittene Priorität in entsprechender Weise sicherstellen. Nach seiner Rückkehr aus Egypten folgte R. einem Rufe des Kaisers Max nach Mexiko, um das dortige National-Museum einzurichten, nachdem er früher schon die egyptischen Denkmäler, welche der Kaiser noch als Erzherzog auf seiner egyptischen Reise im Jahre 1855 gesammelt hatte, in Miramar geordnet, beschrieben und die Beschreibung in einem Prachtwerke veröffentlicht hatte. Nach der tragischen Katastrophe in Mexiko verließ 1867 auch R. dieses Land und kehrte nach Wien zurück, wo er mit Allerh. Entschließung vom 15. April 1868 zum außerordentlichen Professor für egyptische Alterthumskunde an der Wiener Universität ernannt wurde. R. ist auf dem Gebiete seiner wissenschaftlichen Studien auch literarisch thätig und hat bisher folgende Schriften veröffentlicht [die mit einem * bezeichneten stehen auch in den Sitzungsberichten der phil. hist. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften]: *„Ueber den Namen Aegyptens bei den Semiten und Griechen. Eine historisch-etymologische Untersuchung“ (Wien 1859, 8°.) [vergl. darüber: Zarncke’s literarisches Centralblatt 1859, S. 710; – Göttinger gelehrte Anzeigen 1859, S. 207 u. f.; – Ewald’s biblische Jahrbücher 1860, S. 274; – Wiener Zeitung 1860, Nr. 297]; – Ueber den Namen Aegyptens in der Pharaonenzeit und die chronologische Bestimmung der Aera des Königs Neilos“ (Wien 1861, 8°.) [vergl. darüber: Heidelberger Jahrbücher 1861, S. 443; – Zarncke’s literar. Centralblatt 1861; – Göttinger gelehrte Anzeigen 1861, S. 1418 u. f.]; – „Zur Chronologie der alten Aegypter“ (Leipzig 1861, 8°.), Sonderabdruck aus der deutschen morgenländischen Gesellschaft; – „Aegyptische Alterthumskunde“ (Tübingen 1862, 8°.), Sonderabdruck aus der Real-Encyklopädie für classische Alterthumskunde, 2. Aufl., 1. Bd.; – *„Die Grabstele des Priesters Ptah’emwa mit Interlinearversion und Commentar“, mit 1 Tafel (Wien 1863, 8°.) [vergl. darüber: Home and foreign Review 1864, S. 256; – Heidelberger Jahrbücher 1863, S. 877; – Zarncke’s Centralblatt 1864, S. 134 u. f.]; – *„Die Stele des Basiliogrammaten Scháy im k. k. ägyptischen Cabinete in Wien. Mit Interlinearversion [236] und Commentar“ (Wien 1864, 8°.) [vergl. darüber: Heidelberger Jahrbücher 1864, S. 974; 1865, S. 203; – Zarncke’s Literar. Centralblatt 18658, S. 591); – *„Ueber den phonetischen Wert eines Hieroglyphenzeichens“ (Wien 1865, 8°.); – „Die egyptischen Denkmäler in Miramar. Beschrieben, erläutert u. s. w.“ (Wien 1865, mit 43 lithogr. und 49 in den Text eingedruckten Holzschnitten) [vergl. darüber: Morgenblatt der bayerischen Zeitung 1865, Nr. 298 u. 299; – Neue freie Presse 1864, Nr. 169; – Zarncke’s literar. Centralblatt 1865, S. 790]; – „Die zweisprachige Inschrift von Tanis. Zum ersten Male herausgegeben und übersetzt“ (Wien 1866, mit 6 Taf., 8°.) [vergl. darüber: Zarncke’s literar. Centralblatt 1867, S. 345]. Unter der Presse befinden sich eine egyptische Chrestomathie mit Glossar und 50 Tafeln, und ein größeres Werk in zwei Bänden über den einheitlichen Ursprung der Sprachen der alten Welt. Nachgewiesen aus der Vergleichung der afrikanischen, semitischen und indogermanischen[WS 1] Sprachen. Auch war seiner Zeit, 1864, die Rede, daß R. mit Abfassung eines Verzeichnisses aller in den Museen der österreichischen Monarchie befindlichen, aus Egypten stammenden archäologischen Gegenstände beschäftigt sei und dessen Herausgabe beabsichtige. Der verewigte Kaiser von Mexiko, Erzherzog Ferdinand Max, hat R. mit dem von ihm gestifteten Guadeloupe-Orden ausgezeichnet.

Wiener Zeitung 1866, Nr. 135, S. 782, im Feuilleton; Nr. 284, S 539. – Neue freie Presse 1864, Nr. 169.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: indogermaschen.