BLKÖ:Reichenberger, Andreas

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 25 (1873), ab Seite: 177. (Quelle)
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Reichenberger, Andreas (Dompropst und theologischer Schriftsteller, geb. zu Wien 24. November 1770, gest. zu Linz 26. October 1855). Nachdem er das Gymnasium bei den Piaristen in der Josephstadt in Wien beendet, machte er die philosophischen Studien an der Wiener Hochschule und trat im Jahre 1788 in das Wiener General-Seminar. Nach dessen Aufhebung kam er im Jahre 1790 in das erzbischöfliche Alumnat, in welchem er die theologischen Studien beendete. Da er, erst 21 Jahre alt, die h. Weihen nicht erlangen konnte, versah er in der Zwischenzeit das Amt eines Katecheten in der Stadt. Im Jahre 1793 trat er nach erlangter Ordination als Cooperator auf dem Lande in die Seelsorge und blieb daselbst bis 1796, in welchem Jahre er die Lehrkanzel der Pastoral-Theologie an der Wiener Hochschule erhielt. In dieser Eigenschaft erlangte er im Jahre 1799 die theologische Doctorwürde und wurde 1806 zum Decan der theologischen Facultät erwählt. In Anerkennung seiner verdienstlichen Thätigkeit erhielt er im Jahre 1812 den Titel eines k. k. Rathes, und als er im Jahre 1814 nach achtzehnjähriger Thätigkeit im Lehramte dasselbe niederlegte, wurde er zum niederösterreichischen Regierungsrathe [178] ernannt. Sein Austritt aus dem Lehramte war erfolgt, nachdem ihn im Jahre 1814 die Wiener Hochschule für eine an der Linzer Kathedrale erledigte Canonicusstelle präsentirt hatte. Nach Antritt derselben übernahm er im Jahre 1815 die Leitung des Linzer bischöflichen Priester-Seminars und das Directorium der theologischen Studien am Linzer Lyceum, wovon er die erstere Stelle bis zum Jahre 1827, die letztere bis Ende 1834 versah. Im Jahre 1833 wurde er infulirt und Domdechant, und am 20. Jänner 1838 Nachfolger des Dompropsten Franz X. Ertl in der Dompropstenwürde, welche er bis an sein im Alter von 85 Jahren erfolgtes Ableben bekleidete. In der Periode seines vieljährigen Lehramtes als Fachschriftsteller thätig, hat er folgende Werke herausgegeben: „Erziehungs-Büchlein, oder Anweisung für Landleute ...“ (1793); – „Erbauungsbuch für Kranke und Sterbende“ (Wien, später Linz, von 1795 bis 1828 zwölf Auflagen); – „Christkatholischer Religions-Unterricht“, 2 Bände (von 1795 bis 1825 drei Auflagen); – „Sechs vaterländische Predigten nach den Bedürfnissen unseres Zeitalters“ (1797); – „Das Leben Jesu für die Jugend“ (Wien 1798, 2. Aufl. 1826, 8°.); – „Rede über den wohlthätigen Einfluss des geistlichen Standes“ (Wien 1801, 8°.); – „Pastoral-Anweisung nach den Bedürfnissen unseres Zeitalters“, 5 Bde. (1805, 2. Aufl. 1818; in Württemberg mehrmals nachgedruckt); – „Pastoral-Anweisung zum akademischen Gebrauche“, 2 Bände (1812, 2. Aufl. 1823), mittelst Studien-Hofcommissions-Decret ddo. 24. Juli 1814 als Vorlesebuch an allen öffentlichen und Haus-Lehranstalten bestimmt; 1818 erschien davon eine lateinische Uebersetzung. Das durch die vorbeschriebene literarische Thätigkeit erworbene, nicht unansehnliche Vermögen verwendete R. in seiner letztwilligen Verfügung zu wohlthätigen Zwecken und Stiftungen, welche seinem Namen eine bleibende Erinnerung sichern. Zum Universalerben setzte er das Linzer bischöfliche Seminar ein. Außerdem machte er noch folgende Legate: den Armen in Linz 2000 fl.; – dem Armeninstitute daselbst 500 fl.; – den Armen der dem Domcapitel gehörigen Herrschaften 1500 fl.; – dem Linzer Taubstummen-Institute 2000 fl.; – dem Blindeninstitute daselbst 2000 fl.; – den barmherzigen Schwestern das. 2000 fl.; – dem Linzer Schullehrer-Witwen- und Waisenfonde 2000 fl.; – dem bischöflichen Knaben-Seminar 2000 fl.; – der Domkirche 1000 fl. und seine ganze Pontificalkleidung; – dem katholischen Waisenhause in Linz 1000 fl.; – kleinere Summen in Beträgen von 100, 200 und 300 fl. den Schulschwestern in Vöcklabruck, dem Linzer Katholiken-, Marien-, Bonifazius-, Kindheil-, Vincentius-, Frauen- und Gesellen-Vereine. Die Krankenhäuser der barmherzigen Brüder und der Elisabethinerinen in Linz waren von ihm schon bei Lebzeiten mit ansehnlichen Summen bedacht worden. Alle aus den Domcapitels-Renten noch rückständigen Guthabungen hat er dem Linzer Schullehrer-Seminarium zugewiesen. Indem noch seine Verwandten und sein Hauspersonale mit einem Betrage von über 18.000 fl. bedacht worden, blieb dem als Universalerben eingesetzten Priesterseminar noch immer die ansehnliche Summe von mehr denn 20.000 fl. Wenn der in den „Katholischen Blättern“ dem Verblichenen gewidmete Nachruf im Hinblick auf die „Josephinische Periode“, in welche die Knaben-, Jünglings- und Mannesjahre R.’s fallen, mit den Worten schließt: Diese humane Thätigkeit, [179] diese Verwendung edler Geistesgaben erscheint „um so bewunderungswürdiger und um so verdienstlicher, als der edle Dahingeschiedene einer Zeit entstammt ist, der man nicht nachzusagen pflegt, daß sie es im Sinne hat, oder auch nur im Stande war, ihren Männern einen derartigen Geist einzuhauchen“, so ist es hier am Platze, diesen lapsus calami oder diese böswillige Darstellung dahin zu berichtigen, daß diese edlen Geistesgaben eben durch die humanistische, von dem unvergeßlichen Monarchen, der in ihr lebte, angebahnte und vorgezeichnete Richtung genährt und ausgebildet wurden, eine Richtung, die leider später und in der Gegenwart in priesterlichen Kreisen nicht mehr oder doch nur äußerst selten eingeschlagen wird.

Katholische Blätter. Herausgegeben vom kathol. Central-Verein in Linz (Linz, 4°.) 1855, Nr. 7, S. 29: „Dompropst Reichenberger“. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 366. –