Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Rapp, Ludwig
Band: 24 (1872), ab Seite: 361. (Quelle)
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Rapp, Joseph (k. k. Kammer-Procurator, geb. im Markte Matrei unweit Innsbruck am 28. Februar 1780, gest. zu Innsbruck 30. Juli 1865). Seine Eltern betrieben in Matrei ein Bäckergeschäft; durch einen schrecklichen Brand verunglückt, übersiedelten sie aber im Jahre 1790 nach Innsbruck, wo sie von ihrem Oheim das Bäckergeschäft übernahmen. Da schon ein älterer Bruder den Studien oblag, wurde Joseph wegen der zu großen Kosten zum Bäckergewerbe bestimmt, dieser Gedanke aber aufgegeben, als er in Matrei und Innsbruck stets den ersten Preis in der Schule erhielt und seine großen Fähigkeiten sich deutlich zeigten. Johann Schuler, Hofmeister bei dem Appellationsrathe v. Roner, lernte den fähigen [362] Knaben kennen und gab ihm unentgeltlichen Unterricht. Im Jahre 1792 begann R. die Gymnasialstudien in Innsbruck. Im Jahre 1797 wurden die Franzosen, welche bis Freienfeld unweit Trens vorgedrungen waren, durch den Landsturm zurückgetrieben. Diese That tirolischer Männer weckte in der Seele des jungen Studenten jene edlen Gefühle der Begeisterung für Kaiser und Vaterland, welche ihn bald zu den glänzendsten Thaten des Patriotismus spornten. Rapp besuchte zu Innsbruck die philosophischen Jahrgänge. 1799 rückten die Franzosen an der westlichen Grenze – zu Nauders und Taufers – in das Land ein. Die Landesschützen wurden aufgeboten. R. stellte sich zur Steinacher Compagnie und leistete unter Hauptmann Anton Natter als Fourier so wesentliche Dienste, daß derselbe schriftlich bekannte, ohne Rapp’s kräftige Unterstützung hätte er seine Stelle nicht bekleiden können. Im Jahre 1800 war die Kriegsfurie an der Landesgrenze gegen Bayern los. Rapp zog in diesem Jahre zweimal in’s Feld. Am 27. Mai rückte er als Lieutenant mit der zweiten Steinacher Compagnie nach Seefeld und Leutasch unter dem Hauptmann Karl Natter. Am 27. September rückte er zum zweiten Male als Oberlieutenant der Stubaier Compagnie an die baierische Grenze. Der Hauptmann, Hofrichter Joseph v. Stolz, hatte ihn angeeifert, die Compagnie einstweilen in’s Feld zu fuhren, indem er versprach, baldigst nachzukommen. Unerwartete Hindernisse hielten den Hauptmann zurück. Deßhalb wurde der 20jährige Jüngling Rapp im Karwendlthal einstimmig zum Hauptmann gewählt. Seine feurigen Ansprachen hoben den Patriotismus der Leute, so daß sie bereitwilligst außer Land gegen den Feind zogen und Eintracht unter sich und mit dem k. k. Militär hielten. Die Zeugnisse des Schützen-Majors Grafen Thurn und Taxis und des Landeshauptmannes Paris Grafen v. Wolkenstein erwähnen rühmend seinen Muth, seine Umsicht und kluge Leitung der Compagnie. Der eingetretene Waffenstillstand führte die Schützen vor Ablauf der „verfassungsmäßigen“ Dienstzeit nach Hause. Nachdem die Mühseligkeiten des Waffenhandwerkes vorüber waren, rückte jener ernste Zeitpunct heran, in dem sich der junge Mann seinen Lebensweg wählen sollte. Im Herbste 1800 ging Josef Rapp nach Innsbruck und besuchte die öffentlichen Vorlesungen des ersten theologischen Curses, studirte aber zugleich privatim die Rechte und wurde im J. 1803 zum Dr. Juris promovirt. Nun trat R. in die Praxis und in diese vorerst bei der landeshauptmannschaftlichen Gerichtsverwaltung in Botzen, worauf er zum Stadt- und Landgerichte daselbst übertrat. Im Jahre 1804 übersiedelte er nach Innsbruck und übernahm für den erkrankten Professor Dr. Schuler die Vorlesungen aus dem öffentlichen und Privatkirchenrechte an der Universität. Um jedoch seinen Plan, Advocat zu werden, ausführen zu können, trat er im selben Jahre in die fiscalamtliche Praxis, gleichzeitig wurde ihm an der Innsbrucker Universität die Lehrkanzel des vaterländischen Privatrechtes provisorisch übertragen. Im Herbste 1805 wurde Dr. Rapp zum zweiten unentgeltlichen Adjuncten bei dem Hauptcriminalgerichte zu Innsbruck ernannt. Als im selben Jahre der Krieg wieder ausbrach, stand Rapp mit patriotischer Hingebung der landschaftlichen Schutzdeputation zur Seite. Im Jahre 1806 wurde er zur Advocatursprüfung zugelassen und als Advocat der Landeshauptstadt Tirols aufgenommen. Er widmete jedoch seine [363] Kräfte dem Fiscaldienste, nachdem er definitiv die zweite Fiscal-Adjunctenstelle bei der Innsbrucker Kammer-Procuratur erhielt .Als im Jahre 1808 Tirol dem Königreiche Bayern einverleibt und die kaiserliche Kammer-Procuratur in Innsbruck aufgelöst wurde, ward R. als rechtlicher Finanzrath im Etschkreise angestellt. Aber schon im nächsten Jahre kam Tirol wieder in den rechtmäßigen Besitz des österreichischen Kaiserhauses und Rapp als Finanzrath des Innkreises nach Innsbruck. Noch einmal wendete sich das Kriegsglück und Bayern wurde wieder Herr des schönen Alpenlandes, da kamen für den patriotisch gesinnten Rapp traurige Tage, welche ihn in die feindliche Gefangenschaft brachten. Nach manchen Mühseligkeiten gelang es ihm endlich im December 1810, ohne Vermögen, Amt und Gehalt, nach Wien zu kommen, wo er 1811 eine Advocatenstelle erhielt, 1812 wurde er Notar daselbst und vermälte sich mit Anna von Stolz aus Matrei. Im Jahre 1814 kam Tirol zum zweiten Male an Oesterreich zurück und 1815 wurde die Kammer-Procuratur zu Innsbruck neu organisirt. R. wurde nun Kammer-Procurator und 1817 Director der juridischen Studien daselbst. Am 21. Juli 1829 wurde R. in gleicher Eigenschaft zur oberösterreichischen Kammer-Procuratur nach Linz übersetzt. In Mitte der 30ger Jahre begann R. die Geschichte des Jahres 1809 in Tirol zu schreiben und vollendete dieselbe im Beginn des Jahres 1841. R. lebte in Linz sehr zurückgezogen, nur der Erziehung seiner Kinder, und war der intimste Freund des verewigten Bischofs Gregorius Thomas Ziegler. Nach achtzehnjähriger Amtsthätigkeit in Linz tauschte Rapp im Jahre 1848 mit dem Kammer-Procurator Edlen v. Fluck und übersiedelte wieder nach Innsbruck. Seine Landes- und Gesetzeskenntniß wurde auch in diesem letzten Abschnitte seines Lebens benützt. Im Jahre 1849 wurde R. zum Mitgliede der Landes-Commission zur Durchführung der Grundentlastung und zum Substituten des Ministerial-Commissärs Dr. Haßlwanter ernannt. Am 16. November 1850 erfolgte vom Ministerium für Cultus und Unterricht die Ernennung Rapp’s zum Präsidenten der theoretischen Staatsprüfungs-Commission allgemeiner Abtheilung, und er setzte das Prüfungsgeschäft bis zum Jahre 1859 fort. Bei der neuen Gestaltung der Staatsprüfungen, wodurch die bisherige Commission allgemeiner Abtheilung in die staatswissenschaftliche Prüfungscommission überging, wurde der beinahe 80jährige, aber noch geistesfrische Greis zum Vice-Präsidenten ernannt. Diese Geschäfte setzte der stets thätige Mann ununterbrochen fort, obwohl er schon mit Allerh. Entschließung vom 25. October 1851 als Gubernialrath und Kammer-Procurator in den Ruhestand versetzt wurde. Den Ruhestand verlebte R. in Innsbruck, wo er im hohen Alter von 86 Jahren starb. Seine schriftstellerische Thätigkeit umfaßt nur wenige, aber für die Geschichte Tirols wichtige Arbeiten. Zunächst ist anzuführen das selbstständig erschienene Werk: „Tirol im Jahre 1809, nach Urkunden dargestellt“ (Innsbruck 1852); dieses Werk war bereits im Jahre 1845 vollendet, konnte aber erst im Jahre 1852 im Drucke erscheinen. Wolfgang Menzel schreibt über dasselbe im Literatur-Blatt 1853, Nr. 36 u. 37, unter Anderem: „Herr Rapp hat der historischen Wahrheit volle Rechnung getragen und jenen Volkskrieg, wie er wirklich war – nicht länger mehr [364] entstellt durch die Trübungen Hormayr’scher Auffassung – sondern in den reinen und scharfen Umrissen eines herrlichen Alpengebirges enthüllt, von dem die Wolken sich hinwegziehen. Abgesehen von der allgemeinen Auffassung des Krieges und der richtigen Würdigung des Volkscharakters, enthält dos Werk Rapp’s eine Menge aus Urkunden geschöpfte Details, was sich in früheren Schilderungen des Krieges noch nicht findet. ... Die Beweggründe dieses herrlichen Volkskrieges sind die Liebe zu Kaiser und Vaterland und der herrliche Glaube, mit dem die sogenannten Gebildeten nicht überall nach Willkür experimentiren können.“ Uebrigens meint Menzel – und zwar ganz richtig– daß jene Geschichte von 1809 auch noch nicht ganz vollständig geschrieben sei. Die übrigen schriftstellerischen Arbeiten Rapp’s sind: „Abhandlungen über die Künstler Thomas und Joseph Lang“, im 1. Bande der „Zeitschrift des Tirolischen Museums“, an dessen Errichtung R. selbst den werkthätigsten Antheil genommen und zu dessen zweiten Curator gewählt wurde; – ferner Abhandlungen über das tirolische Statutenwesen, welche im 3., 5. und 8. Bande der genannten Zeitschrift abgedruckt sind. Ein von ihm verfaßter Bericht über das tirolische Lehenwesen wurde zwar nicht gedruckt, galt jedoch stets als Norm, nach welcher die Entscheidungen erflossen. Ueber seine Religiosität und Humanität, über seine häuslichen Verhältnisse und seine opferwillige Freigebigkeit gegen Arme berichtet ausführlicher Moriggl’s in den Quellen angeführte Biographie. Er hinterließ zwei Söhne, den Dr. Johann Rapp, Advocaturs-Candidaten in Innsbruck, und Dr. Franz Rapp, k. k. Notar, Vicebürgermeister von Innsbruck, Landtags-Abgeordneter, Landesausschuß-Stellvertreter und Mitglied der Landesvertheidigungs-Oberbehörde.

Moriggl (Simon), Dr. Joseph Rapp. Biographie (Linz 1865, Quirin Haslinger, 8°.). [Diese ausführliche, aber in einem nicht nachahmenswerthen Style abgefaßte Lebensskizze ist auch abgedruckt in der Zeitung Vaterland (Wien, Fol.) 1865, Nr. 209–219, im Feuilleton, und in den Tiroler Stimmen (Innsbruck, 4°.) 1865, Nr. 196–201.) – Wiener Zeitung 1865, Nr. 176 [nach dieser gest. am 30. Juli 1865]. – Der Kamerad (Wiener Soldatenblatt, gr. 4°.) 1865, Nr. 63. – Volks- und Schützen-Zeitung (Innsbruck, 4°. ) 1865, Nr. 92 [nach dieser gest. am 30. Juli 1865). – Presse 1865, Nr. 214, in der „kleinen Chronik“. – Neue freie Presse 1865, Nr. 334, „Ein Veteran“. – Literarisches Centralblatt für Deutschland, herausg. von Dr. Friedrich Zarncke (Leipzig, Avenarius, 4°.) 1865, Sp. 910 [gibt den 1. August 1865 als Rapp’s Todesdatum an]. –