BLKÖ:Pußtay, Alexander von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 24 (1872), ab Seite: 107. (Quelle)
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Pußtay, Alexander von (Publicist, gebürtig aus Ungarn). Zeitgenoß. Stammt aus einer ungarischen Adelsfamilie, die jedoch in dem großen Werke von Iván Nagy über Ungarns Adelsfamilien (Magyarország családai) nicht angeführt erscheint. P. ließ im Jahre 1865 zwei publicistische Schriften erscheinen: [108] „Episoden aus Oesterreichs constitutionellem Leben“ (Prag, Credner 8°.) und „Ungarn für sich und im Staatsverbande mit Oesterreich“ (ebd.). Beide Schriften, als politische Glaubensbekenntnisse eines Ungars, sind interessant und behandeln die wichtigsten politischen Tagesfragen mit Freimuth und einer in Hinblick auf den ungarischen Autor bemerkenswerthen Unbefangenheit. Sie waren noch vor der Suspension der Februarverfassung vollendet, und erst als sie gedruckt waren, erfolgte der Rücktritt des Ministeriums Schmerling. Mit großer Entschiedenheit spricht sich P. gegen das Nationalitäts-Princip als Moment der Staatenbildung aus. „Für Oesterreich“, schreibt er unter Anderm „könnte nichts gefährlicher sein, als die Verwirklichung der Idee, welche der Nationalitätsfrage unterschoben wurde, nämlich die der politischen Selbstständigkeit für jede Nation. Wenn der Staat mehrere Nationalitäten in sich begreift, so läßt sich ein günstiges Verhältniß nur insofern darin finden, als die Mannigfaltigkeit der verschiedenen Volksindividualitäten eine gegenseitige Anregung, Ergänzung und Förderung des Gesammtlebens ist. Es kann aber ebenso gefährlich werden, wenn die Individualität zu einem centrifugalen Particularismus sich ausbildend, nach Auflösung und Trennung ringt“. – Ueber Ungarn sagt der Verfasser: „Eine Losreißung Ungarns von Oesterreich müßte man unter den gegenwärtigen Verhältnissen für eine politische Selbstentmannung erklären, denn Ungarn erfüllt jetzt weniger als je die Bedingungen einer großen selbstständigen, staatlichen Existenz. Von Oesterreich völlig getrennt, von seinen alten anhängenden Ländern, und selbst von Siebenbürgen wenig geliebt, würde es bei seiner binnenländischen Lage bald dem Drucke Rußlands unterliegen. Mit Oesterreich in einer bloßen Personalunion stehend, würde es dieses so schwächen, daß es seiner Aufgabe als europäische Großmacht nicht mehr gewachsen bliebe. Uebrigens handelt es sich bei den Ungarn nicht um diese Anwendung des Nationalprincips. Die ungarische Nationalität ist nur ein historischer Begriff für die Bewohner des alten Königreichs Ungarn, und umfaßt neben den Magyaren verschiedene slavische Stämme, Deutsche, Rumänen, Serben und Bruchtheile von anderen Völkerschaften. Dieselbe Schwierigkeiten, die sich jetzt der Consolidirung Oesterreichs entgegensetzen, würden sich in einem noch vergrößerten Maße in Ungarn wieder finden, wenn man da eine magyarische Herrschaft begründen wollte; es ist mit Gewißheit zu vermuthen, daß sich wie im Jahre 1848 in den anderen ungarischen Volksstämmen sehr bald eine starke Opposition erheben würde.“ – In der zweiten Brochure: „Ungarn für sich und im Staatsverbande mit Oesterreich“, führt der Verfasser seine Anschauungen über Ungarn und dessen Verhältniß zum Reiche umständlicher aus. – Von demselben Verfasser sollten später im nämlichen Verlage noch zwei andere Schriften, worin die Geschichte der Deutschen in Ungarn und Siebenbürgen behandelt war, erscheinen. Die veränderten politischen Verhältnisse scheinen jedoch die Veröffentlichung derselben vereitelt zu haben.

Neues Fremdenblatt (Wien, 4°.) 1865, Nr. 394: „Correspondenz aus Prag ddo. 1. October 1865“.