Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Pražák, Karl
Band: 23 (1872), ab Seite: 229. (Quelle)
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Pražák, Alois (Rechtsgelehrter und Reichsraths-Abgeordneter, geb. zu Ungarisch-Hradisch in Mähren 21. Februar 1820). Den Elementarunterricht erhielt er in seinem Geburtsorte, dann besuchte er das Gymnasium in Kremsier und zuletzt bezog er die Hochschule in Olmütz, wo er die Rechtsstudien beendete und die juridische Doctorwürde erlangte. Nun trat er in die Advocatenpraxis ein und erwarb sich in dieser Stellung bald eine solche Geltung, daß er im Jahre 1848 in seiner Vaterstadt in den mährischen Landtag gewählt wurde. Dieser Landtag, als der einzige in den deutsch-slavischen Ländern der Monarchie, in welchem eine Vertretung der Städte und Landgemeinden auf der ausgedehntesten Grundlage stattfand, ist von nicht geringer politischer Bedeutung. Dr. Pražák fungirte auf demselben als Berichterstatter der Commission für Ablösung der Grundlasten, von welchen die meisten in Mähren noch vor dem September, also eher, als der Reichstag in dieser Frage sein Votum abgegeben hatte, aufgehoben wurden. Auch wurde der im mährischen Landtage vereinbarte Entschädigungsmaßstab später theilweise vom Reichstage für das ganze Land adoptirt. So war Pražák’s Name bald populär geworden und die Wahlbezirke wählten [230] ihn in den österreichischen Reichstag. In demselben gehörte er zur Partei der slavischen Rechten, entfaltete in den Ausschüssen und Commissionen eine rege Thätigkeit, war überdieß Schriftführer im Ausschusse für Unterrichtsangelegenheiten und stimmte in den verschiedenen Fragen, wenngleich national, doch immer liberal. Nach der Sprengung des Reichstages zog er sich von aller politischen Thätigkeit zurück, setzte seine Advocatursgeschäfte fort, um aber der unter dem damaligen Druck der Verhältnisse beginnenden Stagnation alles öffentlichen Lebens einigermaßen entgegen zu arbeiten, förderte er, so weit es in seinen und seiner Parteigenossen Kräften stand, die aus ihrem bisherigen Schlafe erwachende nationale Literatur. Als nach dem unglücklichen italienischen Feldzuge des Jahres 1859, in welchem der Kaiserstaat die Lombardie verlor, die politischen Verhältnisse einen Umschwung nahmen und Oesterreich nach mehrjähriger Pause wieder in die Reihe der Verfassungsstaaten trat, wurde auch Dr. Pražák von dem Landbezirke Boskowitz in den für 1861 berufenen Landtag und von diesem in den Reichsrath gewählt. Auch daselbst nahm Dr. P. als Führer der Slaven aus Mähren auf Seite der čechischen Rechten seinen Platz. Dr. P. aber, obwohl fast stets mit seiner Partei gehend, nahm nie eine so schroffe Haltung an, wie die Führer der čechischen Rechten (Brauner und Rieger), sondern gehörte zu jenen Mitgliedern der Rechten, welche den praktischen Liberalismus höher stellen als die nationalen Tendenzen, wenn er auch keine Gelegenheit vorübergehen ließ, die Rechte der Länder und der Landtage gegenüber der Reichsvertretung zu wahren. Er galt im Hause als eine der bedeutendsten Capacitäten, vorzüglich als Autorität in staatswirthschaftlichen Fragen; als Redner sprach er ruhig, ohne oratorischen Prunk, aber stets klar und logisch. Leider entsagte er im Jahre 1868 jeder weiteren Theilnahme an den politischen Acten, um sich ausschließend seiner advocatorischen Praxis zuzuwenden. Als Erklärungsgrund stand in einer Correspondenz der „Neuen freien Presse“: „daß dieser wirklich hochbegabte Mann, der im Landtage 1848 mannhaft gegen das Aufgehen Mährens in Böhmen eingestanden, es nicht länger über sich bringen kann, unter dem Drucke der Parteidisciplin eine Richtung verfolgen zu müssen, deren Fruchtlosigkeit er am besten einsieht. Außerdem hat durch seine Reichsrathsmitgliedschaft seine Advocatur, früher immer gesucht gewesen, bedeutende materielle Einbußen erlitten. Durch sein Abtreten vom politischen Schauplatze ist aber seine Partei in nicht geringe Verlegenheit gesetzt, da keines seiner Mitglieder das Zeug zu einer Führerschaft besitzt.“ Ein ganz besonderes Verdienst, so berichtet der „Slovník“ [ob da nicht eine Verwechselung mit dem Architekten Karl Pražák (s. d. Folg.) Platz greift?], erwarb sich Dr. P. um die Errichtung eines neuen Krankenhauses in Brünn, zu welchem Zwecke er ausgedehnte Reisen unternahm, um die Einrichtung der Krankenhäuser in Deutschland, Frankreich und England kennen zu lernen, so daß das Brünner Krankenhaus eine Musteranstalt für ähnliche Bauten sein dürfte.

Waldheim’s illustrirte Zeitung (Wien, kl. Fol.) 1862, Nr. 23 (vom 7. Juni), S. 266. – Der Reichsrath. Biographische Skizzen der Mitglieder des Herren- und Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes (Wien 1861, Friedrich Förster, 8°.) I. Heft, S. 45. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt), 1868, Nr. 1203, in der Correspondenz aus Wien ddo. 4. Jänner. – Moravska Orlice, [231] d. i. Der mährische Adler (polit. Zeitschrift) 1864, Nr. 208, im Feuilleton: „Dr. Alois Pražák“. – Posel z Prahy. Kalendař na v. 1865, d. i. Der Bote aus Prag. Kalender auf das Jahr 1865, S. 65. – Slovník naučný. Red. Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Ladisl. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. VI. S. 890, Nr. 2. – Porträte. 1) Holzschnitt nach einer Photographie von C. v. Jagemann in Waldheim’s „Illustrirter Zeitung“ 1862, S. 268. – und 2) im „Posel z Prahy“ 1865, S. 65.