BLKÖ:Pirquet von Cesenatico, Peter Martin Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Pirringer
Band: 22 (1870), ab Seite: 342. (Quelle)
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Pirquet von Cesenatico, Peter Martin Freiherr (k. k. Feldzeugmeister und Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Lüttich 1. Februar 1781, gest. zu Wien 21. November 1861). Der Vater des Vorigen. Schon bei der Belagerung von Mastricht durch die Franzosen im November 1790 that sich der damals kaum zehnjährige P. unter den Knaben und Jünglingen, welche ausgerüstet und auf den Wällen der Festung verwendet wurden, um den Gegner glauben zu machen, daß es dem Platze an Vertheidigern nicht fehle, durch Bravour und Tapferkeit hervor. 18 Jahre alt, trat er am 16. December 1799, als Cadet in das Infanterie-Regiment Freiherr Beaulieu Nr. 58, wurde am 1. August 1800 Fähnrich und vor Ausbruch des Krieges 1805 Lieutenant in demselben; im Februar 1809 rückte er zum Oberlieutenant vor und trat, nachdem er bei Ebelsberg im nämlichen Jahre gefangen worden, bei seiner Rückkehr nach fünfzehnmonatlicher Gefangenschaft im Jahre 1811 seiner schweren Blessuren wegen mit Capitäns-Charakter in den zeitlichen Ruhestand. Im Juni 1813 kehrte P. in den activen Dienst zurück und wurde als Hauptmann in das 8. Jäger-Bataillon eingetheilt. Im December desselben Jahres wurde er zum Major, im October 1815 zum Oberstlieutenant befördert und im Jahre 1816 Commandant des 9. Jäger-Bataillons. Im Jahre 1829 rückte er zum Obersten, 1831 zum General-Major vor, als solcher erhielt er das Commando einer leichten Brigade bei den mobilen Corps in Italien, kam später in gleicher Eigenschaft nach Laibach, bis er im Jahre 1838 zum Feldmarschall-Lieutenant und zum Festungscommandanten von Legnago ernannt wurde. Da ihm das Klima nicht zusagte, trat er vorderhand in den Ruhestand über, in welchem er verblieb, bis seine Ernennung zum Lieutenant in der Arcieren-Leibgarde erfolgte. Im Jahre 1843 ernannte ihn der Kaiser zum 2. Inhaber des den Allerh. Namen führenden Tiroler Jäger-Regiments und verlieh ihm gelegentlich seines fünfzigjährigen Dienstjubiläums im December 1849 die geheime Rathswürde; im Jahre 1850 rückte P. zum Oberlieutenant, im Jahre 1856 zum Capitän der Arcieren-Leibgarde vor und wurde 1857 Feldzeugmeister. Während seiner 61jährigen Dienstzeit verrichtete dieser „Letzte der Wallonen“ der activen Armee, wie P. im Heere genannt zu werden pflegte, eine Reihe von Waffenthaten, welche ihm in der Kriegsgeschichte Oesterreichs einen unvergänglichen Namen sichern. Schon als Cadet zeichnete er sich durch seine Tapferkeit in den Schlachten bei Eugen, Mößkirch und Bieberach aus. Als Fähnrich commandirte er am 3. December 1800 eine Compagnie mit bestem Erfolge; als Lieutenant nahm er als Commandant einer Streifabtheilung am Bodensee in der Nacht vom 19. October 1805 dem Feinde vierzig Proviantschiffe ab und brachte sie nach Lindau, wo er sie dem Festungscommandanten übergab; auch zeichnete er sich bei Imst, Botzen, Trient, Bassano durch seine Tapferkeit [343] aus; im November desselben Jahres deckte er mit einer Abtheilung von 90 Mann bei Castelfranco den Rückzug unseres Corps gegen eine feindliche Abtheilung von 3000 Mann und hielt mehrere Stunden lang Stand, obgleich er bereits zu Anfang des Gefechtes verwundet war, endlich wurde er selbst umzingelt und gefangen. Im Jahre 1809 kämpfte er als Oberlieutenant in den Gefechten bei Rehr, Kirchdorf und Neumarkt; nahm am 22. April bei dem Rückzuge von Landshut einer feindlichen Abtheilung, welche sich mehrerer Geschütze der Unsrigen bemächtigt hatte, drei derselben nebst einem Munitionskarren wieder ab. Seinen Ehrentag aber feierte P. am 3. Mai desselben Jahres in dem blutigen Gefechte bei Ebelsberg, wo er als Oberlieutenant eine Division commandirte, durch seine geschickten Dispositionen zwei feindliche Bataillons zurückwarf und unsere 2000 Mann starke Besatzung des Schlosses, welche ganz vom Feinde umzingelt war, rettete; mit einer Bravour ohne Gleichen nahm er an der Spitze seiner Mannschaft ein Haus um das andere mit Sturm; eben im Begriffe, einen französischen Adler zu erbeuten, streckte ihn eine Kugel zu Boden, dennoch sich wieder aufraffend, traf er weitere Anordnungen, bis ihn eine zweite Kugel ebenfalls niederwarf; nun brachten ihn seine Leute nach dem nahe gelegenen Walde, wo er für todt gehalten liegen blieb, bis ihn Tags darauf die Franzosen fanden, seine Wunden verbanden und nach Linz brachten. In Folge seiner bei Ebelsberg empfangenen Wunden wurde P. am 21. Juni 1811 als Capitän-Lieutenant pensionirt, für seine Waffenthat aber erhielt er im Capitel vom 17. Juli 1813 das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens, wobei jedoch die Verleihung auf das Datum des Schlachttages, den 3. Mai 1809, zurückgesetzt wurde. Nach seinem Wiedereintritte in die active Armee, im Jahre 1813, griff er am 14. September mit seiner Compagnie ein bei St. Hermagor im Gailthale aufgestelltes feindliches Bataillon mit siegreichem Erfolge an und nöthigte es, nachdem er ihm einen Verlust von 40 Todten, Verwundeten und 20 Gefangenen beigebracht, zum Rückzuge. Eine noch ausgezeichnetere Waffenthat vollführte er vier Tage später, am 18. September, in derselben Gegend: er war mit drei Compagnien detachirt und griff, ohne Befehl erhalten zu haben, drei feindliche Bataillons mit dem Bajonnet an, nahm mit eigener Hand dem Feinde eine Fahne weg und hatte so glücklich operirt, daß die drei feindlichen Bataillons die Waffen strecken mußten. Nur der feindliche General Piatti entkam, mehr als 200 Todte und Verwundete, 400 Gefangene, darunter drei Bataillonschefs mit 16 Officieren, 2 Fahnen, 18 Trommeln, 700 Gewehren waren die Trophäen. Ein Officier und 40 Mann von den Unsrigen, welche früher der Feind gefangen genommen hatte, wurden befreit, der Rest des Feindes entkam in ordnungsloser Flucht. Von den Unsrigen waren nur sechs Huszaren durch leichte Bajonnetstiche verwundet, Pirquet selbst hatte deren drei, sein Pferd zwölf erhalten. Nach kurzer Rast verfolgte P. einen Vortheil weiter. Er schlich über vom Feinde unübersteiglich geglaubte Felsen bis Pontafel, überfiel diesen Ort am 29. September, vernichtete große Vorräthe von Lebensmitteln und zerstörte im Umkreise von mehreren Stunden alle Brücken, die der Feind etwa benützen konnte. Am 7. October führte [344] er die Avantgarde der Division und hatte Befehl, einen Engpaß vor Windisch-Feistritz zu nehmen. Schon hatte er ein Drittheil seiner Compagnie und zwei Officiere verloren, endlich erkletterte er mit einigen seiner Leute die Spitze eines fast unübersteiglichen Felsens, von da ließ er schwere Felsstücke auf den Feind herabrollen, so daß dieser gezwungen war, seine Stellung zu verlassen. Mittlerweile aber hatte sich eine feindliche Truppe durch eine unbemerkte Schlucht in Pirquet’s einzigen Rückzugsweg geschlichen. P. hatte nur vierzig Jäger um sich; als diese dem weit überlegenen Feinde sich ergeben wollten, appellirte P. an ihre kurz zuvor bewiesene Tapferkeit, ließ den Feind bis auf fünfzehn Schritt Entfernung an sich herankommen, dann mit dem Rufe „folgt eurem Hauptmann“ sprang er, auf den feindlichen Commandanten hin und streckte ihn zu Boden, die Uebrigen, durch diesen unverhofften Angriff aus der Fassung gebracht, suchten sich zu retten, wurden aber theils niedergemacht, theils gefangen. Am 24. October 1813, auf einer Recognoscirung begriffen, zu welcher er 80 Jäger, 70 Mann Bianchi-Infanterie und 40 Huszaren mitgenommen hatte, stieß er bei Santa Moma auf die feindliche, an 8000 Mann starke Division Grenier, welche ihn angriff und vier Stunden lang verfolgte; standhaft schlug P. alle Angriffe zurück, bis er mit einem Verluste von nur sechs Todten bei Pederoba auf Unterstützung stieß; bei einem neuerlichen Angriffe, welcher zwei Tage später stattfand, erhielt er einen Schuß durch die rechte Hand, drängte aber den Feind zurück, verfolgte ihn einige Zeit und nahm ihm viele Gefangene ab. Am 15. November vertheidigte er das Dorf Caldiero, der Feind, der unseren rechten Flügel bereits geworfen, hatte ihn schon ganz umzingelt. P. bekam nun einen Schuß durch die linke Schulter, und obgleich an beiden Armen gelähmt, behielt er das Commando, ließ seine Compagnie sich in Massen formiren, drang entschlossen vorwärts, öffnete sich mitten durch den Feind den Weg und erreichte seine Brigade, die ihn bereits verloren glaubte, in Villanuova. Dort schlug er mit seiner Compagnie mehrere Stürme des Feindes auf die Alponbrücke ab. Nachdem P. in Würdigung seiner Waffenthaten außer seinem Range zum Major befördert worden, leistete er im Jahre 1814 am Mincio vortreffliche Dienste, er sammelte und formirte die sich zurückziehenden und zerstreuten Bataillons und führte dieselben wieder gegen den Feind vor; behauptete unsere Stellung an der Brücke zu Valleggio, wurde wieder verwundet und verlor ein Pferd unterm Leibe. Ein ganz vortreffliches Verhalten beobachtete er im Jahre 1815, als der König von Neapel, Joachim Murat, Oesterreich den Krieg erklärt hatte. Als Commandant der Vorposten erhielt P. den Befehl, mit dreizehn Compagnien, drei Escadronen, vier Kanonen und zwei Kanonierschaluppen den Uebergang der Neapolitaner über den Po zu verhindern; am 19. April fiel er bei Ravenna dem Feinde in die Flanke und warf ihn vollständig zurück, vier Tage später, am 23. April, unternahm er wieder einen Angriff auf die feindliche Position bei Savio und Cesenatico, welcher auch vollständig gelang, über 250 Todte und Verwundete bedeckten den Kampfplatz, die Zahl der Gefangenen aber war nicht zu berechnen, da P. um seine Leute nicht zu schwächen, nur den geringsten Theil eskortiren lassen konnte, so daß Viele, darunter auch General Neapolitani durch die Flucht entkamen. Der [345] im Verhältniß sehr geringe Verlust der Unseren betrug im Ganzen 12 Todte und 34 Verwundete. Ungemein ersprießliche Dienste leistete P. am 21. Juni bei Sezanne, wo er gegen den viermal stärkeren Feind seine Position auch dann noch auf das Hartnäckigste vertheidigte, nachdem er Befehl erhalten hatte, sich zurückzuziehen. Im Juni desselben Jahres schlug P. noch bei Aiguebelle eine feindliche Colonne zurück und bei dem Angriffe auf die Vorstadt La Guillotière von Lyon am 12. August commandirte er den rechten Flügel mit dem besten Erfolge. Später leistete P. wichtige Dienste als Commandant des 9. Jäger-Bataillons bei der Säuberung Istriens und des ungarischen Littorales von den Räubern, welche diese Provinzen seit Jahren verwüstet hatten. Im Zeitraume von neun Jahren hatte er durch sein energisches Auftreten im Lande Ruhe und Sicherheit herbeigeführt, wie solche vor ihm weder die Venetianer noch die Franzosen zu erreichen im Stande waren. Im Jahre 1823 bekam er einen ähnlichen Auftrag gegen die Bosnischen Räuber, welche häufig die Grenzen überschritten und in Illyrien die Geldcassen raubten. Schon im Greisenalter stehend, erhielt P. im Jahre 1853 den ehrenvollen Auftrag, Ihre kais. Hoheit die Erzherzogin Maria Henriette als Braut des Herzogs von Brabant nach Belgien zu begleiten. Bei dieser Gelegenheit decorirte ihn der König der Belgier mit dem Großkreuz des Leopold-Ordens und seine Vaterstadt Lüttich, welche er damals wieder besuchte, wetteiferte in Auszeichnungen und verehrte dem tüchtigen Schützen werthvolle, in ihrem Weichbilde mit seltener Vollendung erzeugte Waffen. Außer dem bereits erwähnten Maria Theresien-Orden besaß P. österreichischer Seits den Leopold-Orden, auch haben ihn der h. Vater und und der König von Neapel decorirt. Mit Diplom vom 14. Mai 1818 wurde P. in den Freiherrnstand mit dem Prädicate von Cesenatico erhoben. Ueber seinen Familienstand vergleiche die Stammtafel S. 341.

Hirtenfeld (J.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, kl. 4°.) S. 949 u. 1748. – Oesterreichischer Militär-Kalender für das Jahr 1863. Herausg. von Hirtenfeld (Wien, 8°.) XIV. Jahrg. S. 196–207. – Oesterreichische Militär-Zeitung (Wien, gr. 4°.) 1861, S. 749–753. – Oesterreichische militärische Zeitschrift. Redigirt und herausgegeben von Streffleur (Wien, gr. 8°.) III. Jahrg. (1862), I. Band, S. 315: „Nekrolog“. – Linzer Zeitung 1861, Nr. 276. – Fremden-Blatt, herausg. von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1861, Nr. 330.