BLKÖ:Pirchl, Johann Ev.

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Pirchstaller, Jacob
Band: 22 (1870), ab Seite: 326. (Quelle)
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Pirchl, Johann Ev. (Tiroler Landesvertheidiger, geb. zu Westendorf im Brixenthal 23. December 1780, gest. zu Kitzbichl 29. October 1864). Im Alter von 13 Jahren, 1803, begab er sich mit seinem Vater nach Rattenberg, wo letzterer eine Handlung gekauft hatte, diese aber mißlicher Verhältnisse wegen schon im Jahre 1807 wieder aufzugeben gezwungen war. Mittlerweile war Johann schon in den Jahren 1796 und 1797 mit den Landesvertheidigern ausgezogen, wo er sich so brav gehalten hatte, daß er nach Beendigung der Feldzüge die silberne Tapferkeits-Medaille erhielt. Im Jahre 1799 marschirte er in das Oberinnthal und nach Vintschgau, wo die aus Engadein vordringenden Franzosen in die Flucht geschlagen wurden. Im Jahre 1800 kämpfte er in dem siegreichen Gefechte am Thurme bei Erl; im folgenden Jahre aber bei Mühlgraben und Windhausen in der Nähe von Kufstein, wo der weit überlegene Feind nach einem mehrstündigen hitzigen Gefechte gänzlich zersprengt und in die Flucht geschlagen wurde. Im Jahre 1809 zog P. zuerst nach Thierberg, dann nach Wörgl, wo am 13. Mai er, seine zwei Brüder und sein 63 Jahre alter Vater zugleich kämpften. In diesem unglücklichen Gefechte wollte Pirchl’s Vater, als er vom Feinde ereilt und sich zu ergeben aufgefordert wurde, von Ergebung nichts wissen; mit den Worten: „lieber kaiserlich sterben als bayerisch leben, und wenn ich auch in einem Abort begraben werde“, kämpfte er gegen die vier auf ihn eindringenden Bayern, schlug zwei derselben nieder, wurde aber doch endlich übermannt, halb todt gestochen und, wie später erhoben wurde, aus Rache für seine Tapferkeit bei einem Aborte lebendig begraben. P. wohnte bis zur Beendigung des Feldzuges der Blockade der Festung Kufstein bei, dann begab er sich im September 1809 nach Kitzbüchl, denn in Rattenberg hatten seine Eltern bei der feindlichen Plünderung all ihr Hab und Gut verloren. P. war seines Zeichens ein Tischler, beschäftigte sich aber in seinen Mußestunden viel mit der Mechanik, insbesondere mit der Uhrmacherkunst, worin er bald eine solche Geschicklichkeit erlangte, daß ihm nach vorgelegtem Meisterstücke von dem Landgerichte Kitzbüchl eine Uhrmacher-Concession verliehen wurde. Als Groß- und Kleinuhrmacher, dann als Graveur und Mechaniker erwarb sich P. durch seine Geschicklichkeit einen ausgebreiteten Ruf; er verfertigte vortreffliche Blitzableiter, Feuerspritzen von starker Bauart, darunter eine für Kitzbüchl, die in einer Minute 3160 Pfund Wasser ausgießt, deren Wasserstrahl 120 Wiener Fuß weit springt und zu deren Bedienung 24 Mann erforderlich sind. Auch sonst verfertigte er vortreffliche Arbeiten, z. B. als Büchsenmacher, die durch ihre sinnige Construction allgemein überraschten. Noch aus der Zeit, als Tirol bayerisch war, wußte P., daß im Jahre 1798 auf einem Frachtschiffe bei Rattenberg in den Strömungen der Innkrümmungen 11 vierpfündige und 10 achtpfündige Kanonenröhren [327] von Metall im Inn versunken sind. Im Jahre 1807 gelang es ihm mit mehreren Zimmerleuten, ein solches Kanonenrohr und zwei Lafetten herauszubringen, welche ein bayerischer Oberst in Empfang nahm. Nun wurden von der bayerischen und österreichischen Regierung und von Privaten verschiedene Versuche gemacht, die Kanonen herauszufischen, welche doch alle keinen Erfolg hatten. Indessen hatte P. gespart, sich seinen Plan zurecht gelegt und war im Jahre 1835 bei dem Artillerie-Hauptzeugamte in Wien um die Bewilligung eingeschritten, die noch in der Tiefe des Inn liegenden 20 Kanonen heraufzuholen, welche ihm auch mit Erlaß vom 2. Juni genannten Jahres gegeben wurde, jedoch unter der Bedingung, daß er die Kanonen dem k. k. Artillerie-Districtscommando in Innsbruck einzuliefern habe, dagegen für jeden Centner reines Bruchmetall 30 fl. C. M. erhalte, er aber alle Kosten, Wagnisse und Gefahren auf sich nehmen müsse. Im Herbste 1835 begann P. seine Arbeit, mußte sie aber nach sechswöchentlichen vergeblichen Versuchen wieder aufgeben. Aber es ließ ihm keine Ruhe, er verbesserte seinen Plan und seine Maschinen und ging im Spätherbste 1836 auf’s Neue daran. Am 26. Jänner 1837 ward die erste Kanone hervorgezogen, bis zum 25. Februar hatte er in allem 7 Achtpfünder und 9 Vierpfünder heraufgefördert; die noch fehlenden waren trotz der sorgfältigsten Untersuchungen des Flußbettes nicht aufzufinden. P. hatte dafür den accordmäßigen Betrag von 36581/2 fl. vom k. k. Zeughaus erhalten, während ihm Kaufmann Meier in Innsbruck 6723 fl. C. M. geboten hatte. Die sämmtlichen Heraushebungskosten und Maschinen betrugen 1800 fl. C. M., ihm blieben daher rein 18581/2 fl. C. M., zu denen später noch 500 fl. hinzukamen, welche ihm in Würdigung seiner Verdienste angewiesen wurden. Peternader in seinem in den Quellen bezeichneten Werke: „Tirols Landesvertheidigung“ gibt im zweiten Theile auf S. 68 und 69 einen genauen Ausweis und ausführliche Beschreibung der von P. im Jahre 1837 aus dem Inn ausgegrabenen Geschützröhren. P. starb im hohen Alter von 84 Jahren, ihn überleben zwei Söhne: Joseph P., Bürgermeister der Stadt Kitzbüchl und Hauptmann der Schützencompagnie, bereits mit der Medaille und dem goldenen Verdienstkreuze geschmückt, und Johann P., Berg- und Hüttenverwalter zu Mühlbach-Pongau.

Tiroler Stimmen (Innsbrucker polit. Blatt, 4°.) 1864, Nr. 251. – Peternader (Ant.), Tirols Landesvertheidigung nebst interessanten Biographien und Skizzen merkwürdiger Tiroler Landesvertheidiger (Innsbruck 1853, A. Witting, 8°.) Bd. 12, S. 60–69. – Volks- und Schützen-Zeitung (Innsbruck, 4°.) 1864, Nr. 251. – Fremden-Blatt. Herausgegeben von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1864, Nr. 307.