BLKÖ:Pidoll von Quintenbach, Johann Michael Joseph Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 22 (1870), ab Seite: 264. (Quelle)
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Pidoll von Quintenbach, Johann Michael Joseph Freiherr (k. k. Feldzeugmeister, geb. auf der Quint an der Mosel im Trier’schen im Jahre 1776, gest. zu Prag 2. Juni 1865). Ein Sohn des Johann Franz von P. aus dessen Ehe mit Luise Freiin von Vorster. Im Jahre 1793 trat P. als Cadet in das k. k. Pionniercorps ein, wurde dann Fähnrich in der Infanterie, kam als Lieutenant zu Gyulay-Infanterie Nr. 60 und trat Wunden halber am 1. April 1812 als Major in Pension. Bei Beginn des Feldzuges 1813 trat P. wieder in die active Armee und wurde als erster Major im Oguliner Grenz-Regimente eingetheilt. In demselben rückte er zum Oberstlieutenant vor, wurde im Juni 1819 Oberst und Commandant des Infanterie-Regiments Graf Nugent Nr. 30 (jetzt Martini). Eilf Jahre stand P. an der Spitze des Regiments und hinterließ in demselben bei seiner im April 1830 erfolgten Beförderung zum General-Major ein unvergeßliches Andenken. Er kam nun als Brigadier nach Hermannstadt, rückte im März 1836 zum Feldmarschall-Lieutenant und Divisionär in Gratz vor, übernahm im Herbste 1838 das Festungscommando in Ofen und im Jahre 1845 jenes von Theresienstadt. Am 22. October 1850 trat der 74jährige Veteran nach 53jähriger Dienstleistung in Krieg und Frieden [265] in den wohlverdienten Ruhestand unter gleichzeitiger Verleihung des Feldzeugmeister-Charakters, nachdem er kurz zuvor noch in den Freiherrnstand erhoben worden. P. hatte die Feldzüge 1794 bis 1801, dann 1805, 1809 und 1813 bis 1815 mitgemacht und war dreimal verwundet worden. Besonders ausgezeichnet hatte er sich bei der Belagerung von Landrecis im Jahre 1794, damals noch Cadet; später als Grenadier-Lieutenant in der Schlacht bei Engen, 1800, und wurde beide Male blessirt. Im Jahre 1805 befehligte P. als Hauptmann das 1. Bataillon des 60. Infanterie-Regiments in den Arrièregefechten bei Steinakirchen, Stadt Steyr und Schölnau und bewährte dabei ebenso seltene Kaltblütigkeit, als Umsicht und Heldenmuth; auch im Jahre 1809 befehligte er sein Bataillon und namentlich in der Schlacht bei Aspern zeichnete er sich bei einem von ihm geleiteten Sturme so sehr aus, daß er als Bewerber des Maria Theresien Ordens auftreten durfte. Nur eine Stimme fehlte ihm zu seiner Ernennung und – auch der Antrag auf eine besondere Belohnung blieb ohne Erfolg. Nach geschlossenem Frieden wurde P., als am linken Rheinufer, das damals zu Frankreich gehörte, geboren, aufgefordert, nach Frankreich zurückzukehren. P., statt der Aufforderung zu folgen, blieb in Oesterreich, wurde nun vor ein Specialgericht nach Trier geladen, und als er auch diesem Rufe nicht Folge leistete, in contumaciam zum Tode verurtheilt und aller Rechte in seinem Geburtslande verlustig erklärt. Im Jahre 1809 trat er, wie schon erwähnt, in Folge seiner wiederholten Verwundungen und durch Kriegsstrapazen hervorgerufenen Kränklichkeit in den Ruhestand über, rückte aber, als 1813 die Kämpfe von Neuem begannen, in die active Armee wieder ein. Er erhielt damals das Commando des 1. Bataillons des Oguliner Grenz-Regiments, das er aus dem Zustande der Desorganisation, in welchem es sich, als er es übernahm, befand, alsbald in vollständige Schlagfertigkeit brachte. Er leistete bei der Blockade Venedigs treffliche Dienste, auch führte P. das Regiment mit Heldenmuth bei dem feindlichen Ausfalle aus Brondolo, 11. December 1813, und in den Gefechten bei Fort Cavanella d’Adige, am 5. und 11. Februar 1814. Unvergeßlich ist P.’s Name in der Geschichte des Regiments Nr. 30, das er durch 11 Jahre commandirte und sowohl, was Ausrüstung wie Schlagfertigkeit anbelangt, in einen Zustand seltener Vollkommenheit versetzt hatte. Insbesondere hatte er die Verwaltung des Regimentsspitals, welche durch mit Israeliten ganz zu deren Vortheil abgeschlossene Contracte in eine von Monat zu Monat anwachsende Verschuldung von vielen Tausenden gerieth, in seine Hände genommen, mit Energie organisirt und Resultate erzielt, die, ohne die Bedürfnisse des Spitals im Geringsten zu verkürzen, doch der Regierung große Ersparnisse einbrachten und den bisherigen Unfug vollkommen beseitigten. Als zu Anbeginn des Jahres 1834 die Unruhen in Klausenburg stattgefunden hatten, wurde P. als Brigadier dahin beordert und mit der Untersuchung der Angelegenheit beauftragt. P. bewährte dabei ebenso Umsicht als Mäßigung und stellte die Ordnung und das Ansehen der Regierung völlig wieder her. Noch einmal, im Jahre 1848, sollte P., damals Feldmarschall-Lieutenant und Festungscommandant in Theresienstadt, seinen oft erprobten Tact wieder bewähren. Die Besatzung der Festung zählte kaum 200 kampffähige Soldaten und war von den [266] Revolutionären, die ihre Pläne und Anschläge längst vorbereitet hatten, sehr bedroht. Dabei befanden sich in der Festung 400 Geschütze und 10.000 Pfund Pulver. Aber Pidoll hatte seine Anstalten getroffen, welche alle Anschläge der Unruhestifter vereitelten und dem Festungscommando die entsprechende Achtung sicherten. Auch bei der im Jahre 1850 in Theresienstadt ausgebrochenen Typhus-Epidemie traf P. die zweckmäßigsten Vorkehrungen, dem Fortschreiten der Seuche Einhalt zu thun. Am 16. Juli 1850 wurde P. „in Anerkennung seiner Vorzüge als Soldat und da seine Dienstleistung überhaupt stets ausgezeichnet war“, in den österreichischen Freiherrnstand erhoben. Freiherr Pidoll war mit Claudine, Tochter des fürstlich Liechtenstein’schen Hofrathes Franz von Haymerle (geb. 1797, gest. 1861), vermält, aus welcher Ehe eine Tochter und ein Sohn stammen [vergl. S. 263 die Stammtafel]. Der alte Freiherr, der die letztere Zeit in Prag gelebt, starb auch daselbst, nahezu 90jährig. Bemerkenswerth erscheint es, daß derselbe nach einer 53jährigen Dienstleistung und bis zum Feldzeugmeister vorgerückt, unter den 42 angestellten und unangestellten Feldzeugmeistern seiner Zeit, weder eine österreichische, noch eine fremde Auszeichnung besaß.

Oesterreichischer Militär-Kalender, herausg. von J. Hirtenfeld (Wien, kl. 8°.) XVII. Jahrgang (1866), S. 200. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1865, Nr. 154. – Kamerad (Soldatenblatt. 4°.) 1865, Nr. 45 u. 46. – Bohemia (Prager polit. und Unterhaltungsblatt, 4°.) Jahrg. 1865, Nr. 132, S. 1672; Nr. 134, S. 1697.