BLKÖ:Pichler, Georg Abdon

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Pichler, Friedrich
Band: 22 (1870), ab Seite: 232. (Quelle)
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Pichler, Georg Abdon (Geschichtsforscher, geb. zu Salzburg 9. März 1806, gest. ebenda 24. October 1864). Pichler’s wahre Taufnamen sind Johann Georg, welche er später in Georg Abdon umtauschte. Den Namen Abdon nahm er nach jenem Richter über Israel an, dessen 40 Söhne und 30 Enkel auf 70 Eseln, dem Zeichen der Vornehmen, ritten. Warum P. dieß gethan, da er weder Söhne, noch Enkel, noch Esel besaß, darüber schweigt unsere Quelle. Sein – im höchsten Alter (1853) – verstorbener Vater war seines Zeichens Lohnkutscher. Der Sohn besuchte die unteren Schulen und das Gymnasium in Salzburg, 1826 ging er nach Wien, um dort das Studium der Rechte zu beginnen, aber nur dieß eine Jahr blieb er in Wien, dann kehrte er nach Salzburg zurück, wo er sein ganzes Leben hindurch in ziemlich kümmerlichen Verhältnissen zugebracht. Studiren war sein Hauptgeschäft, des Lebens Nothdurft zu befriedigen, stand bei ihm in zweiter, wenn nicht in noch tieferer Linie. Er sang Tenor, spielte gewandt die Violine, Flöte, das Cello, war des Französischen, Italienischen. Spanischen und Englischen kundig. An Verwendung fehlte es ihm auch nicht, so verrichtete er sechs Jahre hindurch, 1827–1832, Praktikantendienste bei Stiftern und Magistrat, supplirte drei Jahre, 1834–1836, das italienische Sprachfach, hielt ebenso lange, 1835–1838, geschichtliche Vorträge am Salzburger Lyceum, arbeitete acht Jahre hindurch an der Salzburger Studienbibliothek, ohne für alle diese Dienste – eine mäßige Remuneration für seine Vorlesungen ungerechnet – irgend eine Entlohnung erhalten zu haben. Endlich im [233] Jahre 1851 erhielt er die Oberverwaltung der kleinen gräflich Firmian’schen Herrschaft Leopoldskron, welche Stelle ihm bei seinen bescheidenen Bedürfnissen so viel abwarf, als er zum nöthigen Lebensunterhalt brauchte und ihm dabei genug Muße ließ, seinen Studien und literarischen Arbeiten zu leben. Diese sind vorherrschend geschichtlicher Natur, aber es gibt darunter auch landwirthschaftliche, religiöse u. a. Sein, wenngleich mit den Eigenschaften eines Geschichtswerkes noch immer nicht ausgestattetes, Hauptwerk aber bleibt unter allen Umständen seine im allgemeinen Theile vollendete Landesgeschichte von Salzburg, welche auf genauem Quellenstudium beruht und wofür der Verfasser ein Honorar von 300 Gulden aus Landesmitteln und Ende 1863 eine Jahresunterstützung von 200 Gulden aus derselben Quelle erhielt. Einer seiner Biographen bemerkt aus diesem Anlasse: „Der bescheidene Pichler, welcher für seine Aufsuchung der das Anrecht der Stadt Salzburg auf den über 300.000 fl. hohen Lazarethfond erweisenden Urkunden nur ein Honorar von 10 fl. – als fünftägige Diäten à 2 fl. – beansprucht hatte, fühlte sich durch die höchst bescheidene Dotation aller Sorgen enthoben, die ihn doch zuweilen bedrückten, seit er sein kleines väterliches Erbe im Dienste der Musen unvermerkt aufgezehrt hatte“. Nicht lange genoß er dieses Glück, denn einem Lungenleiden, das er sich durch seine Anstrengungen und Entbehrungen zugezogen, erlag er im Herbste 1864 im Alter von 58 Jahren. Bedeutend größer und ohne Zweifel wichtiger als die meisten seiner im Druck erschienenen Werke ist sein handschriftlicher Nachlaß; dieser umfaßt außer einem Convolut Materialien zum zweiten Bande seiner Geschichte Salzburgs, eine Fülle von Aufsätzen, Aufzeichnungen, Notizen u. dgl. m. über „Land und Leute“, „Recht und Rechtsübung“, „Münzwesen“, „Wissenschaft und Künste“, „Gewerbe, Handel und Zunftwesen“, „Kriegsdienst“, „Stiftungen und Humanitätswesen“, „Staatshaushalt“, „Bergwesen“, „Kirche, Clerus und Religion“; endlich „Häuser und Gassen Salzburgs“, sammt den „Landtags-Abschieden von 1525 bis 1801, ferner 33 theils populäre, theils gelehrte historische Monographien, 6 linguistische, 11 historische, 6 religiöse, 11 landwirtschaftliche und technische, 7 musikalische, mehrere zum Theile druckfertige, von der Censur ihrer Zeit aber zurückgewiesene biographische und eine Menge geo- und ethnographischer, didaktischer, humoristischer und belletristischer Arbeiten in allen Formen. Die Titel seiner im Drucke erschienenen selbstständigen Werke sind außer seinem Hauptwerke: „Salzburgs Landesgeschichte. Erste Abtheilung: Allgemeine Geschichte“, Heft 1 bis 14 (Salzburg 1861–1864, 1076 S., gr. 8°.), mit dessen 14. Hefte dieser allgemeine Theil geschlossen und wovon nicht mehr im Drucke erschienen ist: „Gedichte aus und über Salzburg, der Stadt und dem Lande“ (Salzburg 1837, 12°.); – „Die erste Rolle. – Das Strohfeuer. Zwei Lustspiele“ (ebd. 1837); – „Epigrammatische Centifolie“ (Salzburg 1840); – „Lieder in der Mundart des Salzburger Flachlandes“ (ebd. 1845, 8°.); – „Mozart’s Leben und Wirken in kurzen Umrissen“ (ebd. 1842); – „Biographien Salzburgischer Tonkünstler“ (ebd. 1845); – „Hohensalzburgs Geschichte“ (ebd. 1849, 8°.); – „Kurze Geschichte des Salzburger Domes“ (ebd. 1854); – „Der alte und neue Salzburgische Landtag“ (ebd. 1860); – „Wie stand Salzburg von jeher zu Oesterreich?“ (ebd. [234] 1860); – „Auskunfts-Bureau über alles Sehens- und Wissenswürdige in und um Salzburg“ (ebd. 1860, 12°.). Die meisten der bisher angeführten Schriften Pichler’s sind in den großen Bücher-Lexiken von Kayser und Heinsius gar nicht zu finden. Von Pichler’s in Sammelwerken und Zeitschriften abgedruckten wichtigeren Aufsätzen und Abhandlungen sind anzuführen, im 8. Bande des von der kais. Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Archivs für Kunde österreichischer Geschichtsquellen: „Geschichte der ehemaligen Herrschaft Rodek im Salzburgischen“, und im 9. Bande: „Beiträge zur Kenntniß der mittelalterlichen Gesetzgebungen (Salzburgische Marktordnungen)“; – in den Mittheilungen, für Salzburger Landeskunde, I (1861): „Gols als das römische Kollis bei Salzburg“; – II (1862): „Bemerkungen über die Befestigung Salzburgs“; – III (1863): „Zeitbilder aus dem Ende des vorigen und Beginne des jetzigen Jahrhunderts“; – in der Neuen Salzburger Zeitung, 1851, Nr. 7 und 8: „Ueber Geschichtspflege als Vorwort zur Gründung eines Salzburgischen historischen Vereins“; – 1853, Nr. 103: „Kleine Mittheilungen aus der Vorzeit in Salzburg“: – 1853[WS 1], Nr. 125: „Amtlicher Verkehr und Geschäftsgang der Vorzeit in Salzburg“; – 1858, Nr. 106: „Die Salzachbrücken Salzburgs“; – Nr. 129: „Eine historische Reminiscenz aus Gastein“; – in der Salzburger Zeitung, 1855, Nr. 14: „Bürgelstein und Elsenheim“; – 1857, Nr. 22: „Die Familie Wartenfels und Thalgau und ihre Domänen“; – Nr. 27: „Bäckerordnung vom Jahre 1493 für Salzburg“; – Nr. 28: „Gewerbssatzungen der Schneider zu Salzburg aus dem 15. Jahrhunderte“; – Nr. 33: „Ein Lösungsversuch über den Widmer des Glasgemäldes in der Nonnberger Abteikirche zu Salzburg“; – Nr. 29–32: „Geschichtliches über die königliche Villa zu Leopoldskron“; – 1850, Nr. 67: „Aelteste Ordnung der Zimmerleute in Salzburg“; – Nr. 80: „Lichtenberg bei Saalfelden und die Schenken von Habach“; – 1860, Nr. 51: „Die Landeshauptmänner Salzburgs“; – Nr. 89: „Historische Mährchenjagd“. Ueber seinen handschriftlichen Nachlaß ist eine ausführliche Mittheilung in der „Salzburger Zeitung“, 1865, Nr. 6–8 und 12, und davon auch ein Separatabdruck (in gr. 8°.) erschienen. Was seinen Nachlaß betrifft, so berichtet einer seiner Nekrologisten, „daß derselbe sorgfältig zusammengelesen und in Verwahrung gebracht worden ist“. Ueber eine Polemik, in welche P. ob seiner im 7. Hefte seiner „Allgemeinen Landesgeschichte Salzburgs“ enthaltenen Darstellung der Salzburger Emigrationsgeschichte verwickelt worden, gibt sein Nekrologist in der „Linzer Zeitung“. 1864, Nr. 251, zu Ende, nähere Aufschlüsse. Stelzhammer hat dem Verstorbenen einen poetischen Nachruf gewidmet.

Der salzburgische Schriftsteller Georg Abdon Pichler (Salzburg 1865, Endl und Penker, gr. 8°, 18 S.). – Salzburger Zeitung 1864, Nr. 243: Gedicht auf ihn von Stelzhammer; 1865, Nr. 6, 7, 8, 12, 14, 15: „Georg Abdon Pichler“, im Feuilleton. – Linzer Zeitung 1864, Nr. 250 u. 251, im Feuilleton. – Volks- und Wirthschafts-Kalender (Wien, Prandl u. Ewald, gr. 8°.) XV. Jahrg. (1866), S. 48. – Feierstunden. Herausg. von Ebersberg (Wien, 8°.) Jahrg. 1835, Bd. IV, S. 1361. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1864, Nr. 60: „Correspondenz aus Salzburg ddo. 28. October“ [worin die kritische Verarbeitung des Stoffes seiner Geschichte Salzburgs in Zweifel gezogen wird].

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 1805.