Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Pernhardt, Marcus
Band: 22 (1870), ab Seite: 34. (Quelle)
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Perner, Johann (Oberingenieur bei den k. k. österr. Staatsbahnen zu Prag, geb. in der Mühle zu Braczic im Časlauer Kreise Böhmens 7. September 1815, gest. zu Pardubitz 10. September 1845). Der Vater war Müllner. In der Elementarschule seines Geburtsortes und von dem dortigen Caplan erhielt P. den ersten Unterricht, dann kam er nach Prag, wo er die Hauptschule besuchte, nach Vollendung der vierten Classe aber, da die wenig bemittelten Eltern außer Stande waren, ihn die Studien fortsetzen zu lassen, als Lehrling in der Mühle seines Vaters eintrat. Bis zum 16. Jahre blieb er in dem ihm wenig zusagenden Verhältnisse, nun verließ er das Vaterhaus, und auf jede Unterstützung von Seite der Eltern verzichtend, begab er sich nach Prag, wo er, während er durch Unterrichtertheilen für seinen Lebensbedarf sorgte, die ständisch-technische Lehranstalt besuchte. Mit eisernem Fleiße lag er den Studien ob und stand, nachdem er sie beendet, ebenso schutz- und hilflos da, wie zur Zeit, da er sie begonnen. Verschiedene Versuche, vorerst irgend eine nur halbwegs anständige Unterkunft zu finden, scheiterten; endlich erhielt er einen kleinen Dienstposten bei dem Wirthschaftsamte zu Gitschin und bald darauf die Amtsschreiberstelle zu Miliczowes. Aber schon nach wenigen Monaten kam ihm ein Brief von dem berühmten Ritter von Gerstner, dem Sohne [Bd. V, S. 460], zu, der P. während seiner Studien in Prag kennen gelernt und ihn nun einlud, nach Rußland zum Baue der Zarskojeseloer Eisenbahn zu gehen. P. nahm mit Freuden diesen Antrag an und begab sich sofort auf die Reise. Vorerst jedoch ging er noch mit Gerstner nach London, wo sie beide mehrere Monate zum Zwecke ihrer Studien und Beobachtungen im Eisenbahnbaue verweilten. Nun reiste P. nach St. Petersburg, wo er die Stelle eines kaiserlichen Ingenieurs erhielt und an der Trace, wie am Baue der Bahn von Zarskojeselo nach St. Petersburg bedeutenden Antheil hatte. In Folge eingetretener Zerwürfnisse gab P. schon nach drei Vierteljahren seinen schönen Posten auf, besuchte Moskau, durchreiste Rußland und Polen und kam endlich nach Lemberg, ohne, wie er noch immer gehofft, eine entsprechende Anstellung gefunden zu haben. Von allen Mitteln bereits entblößt, sah er sich endlich gezwungen, wenn er nicht verhungern wollte, einen Tagschreiberdienst anzunehmen. Vier Monate fristete er unter so kläglichen Verhältnissen sein Leben, als er eine Berufung als Ingenieur zur Kaiser Ferdinand-Nordbahn nach Wien erhielt, wo nun erst eigentlich sein Glücksstern – um freilich bald ganz zu verlöschen – aufging. Das erste Werk, womit er seine neue Amtsthätigkeit eröffnete, war der Plan der Eisenbahnstrecke von Lundenburg nach Weißkirchen. Während er dann als bauführender Ingenieur der Strecke von Lundenburg gegen Brünn amtirte, entwarf er den Plan der Bahnstrecke von Olmütz bis Prag. Nun wurde er zum Oberingenieur befördert und – October 1843 – Bauleiter der Strecke Pardubitz-Prag. Im Frühjahre 1845 tracirte er die Bahn von Prag nach Dresden. Der riesige Viaduct von Karolinenthal nach Bubna ist sein Werk. Am 9. September 1845 befuhr P. die Bahn, an deren [35] Bau er so wesentlich mitgewirkt; nach der Durchfahrt durch den Chotzner Tunnel stand er auf dem Tritte eines Waggons und beugte sich in unvorsichtiger Weise mit dem Kopfe heraus, als er plötzlich im raschen Fluge des Trains mit der Stirne an eine Säule stieß, die am Chotzner Bahnhofe knapp neben der Bahn steht. Anfangs schien es, als sei der Stoß von keiner Bedeutung und er fuhr mit dem Zuge nach Pardubitz weiter, wo seine Eltern wohnten. Hier stieg er aus, hatte aber kaum einige Schritte gethan, als er bewußtlos zusammenstürzte. Noch in derselben Nacht trat Delirium ein und am folgenden Tage um halb eilf Uhr war er eine Leiche. War auch die durch den Stoß verursachte äußere Verletzung unbedeutend, die Erschütterung des Hirns war doch eine so große gewesen, daß sie den Tod zur Folge hatte. Mit P. ging in der Blüthe des Lebens eine geniale Kraft zu Grunde, die, wenn es ihr gegönnt gewesen wäre, sich ganz zu entfalten, Großes und Nützliches vollbracht haben würde.

Neuer Nekrolog der Deutschen, (Weimar, Bernh. Fr. Voigt, kl. 8°.) XXIII. Jahrgang (1845), 2. Theil, S. 746, Nr. 212. – Wiener Zeitung 1845, Nr. 281. – Eisenbahn-Zeitung 1845, Nr. 44. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1860, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S. 250. – Morava (Brünn, 4°.) 1845, Nr. 112 u. 115. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Ladisl. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. VI, S. 252.