Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Pauer, Johann
Band: 21 (1870), ab Seite: 361. (Quelle)
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Pauer, Ernst (Tonsetzer und Pianist, geb. zu Wien 21. December 1826). Pauer erscheint zwar immer mit einem e, Pauer, geschrieben, doch möchte die Schreibung des Namens ohne e, Paur, die richtige sein. Ernst ist der Sohn des am 13. Februar 1861 zu Wien verstorbenen evangelischen Superintendenten und Consistorialrathes Ernst Pauer aus dessen Ehe mit Sophie Streicher, einer Tochter der berühmten Nanette Stein. Der gleichnamige Sohn Ernst, der frühzeitig sehr bedeutende musikalische Anlagen zeigte, wurde nach vorangegangenem Elementarunterrichte auf dem Clavier von des unsterblichen Mozart Sohne Wolfgang Amadeus [Bd. XIX, S. 291] auf dem genannten Instrumente weiter ausgebildet. Später noch begleitete Pauer den bereits schwer kränkelnden Meister, im Winter 1843/1844, nach Karlsbad, wo Mozart nach mehrmonatlichem schweren Leiden auch starb. Die Theorie der Tonsetzkunst studirte P. unter des tüchtigen Simon Sechter Leitung. Nach vollendeter künstlerischer Ausbildung, an der auch Franz Lachner in München seinen Antheil hat, begab sich P. auf Kunstreisen, besuchte zunächst Deutschland und ließ sich in den größeren Städten, überall mit großem Erfolge, hören. Nun ließ er in Mainz sich nieder und wirkte dort einige Jahre als Director der Liedertafel. Im Jahre 1851 begab er sich nach London, wo er nunmehr seinen bleibenden Aufenthalt nahm, von Zeit zu Zeit seine Vaterstadt Wien besuchend. In London ist P. als Claviervirtuos und Lehrer auf seinem Instrumente sehr geschätzt und bekleidet an der dortigen königlichen Akademie der Musik die Stelle eines Professors, auch ist er Director des deutschen Männer-Gesangvereins daselbst. Er hat sich durch sein Wirken um die Förderung der Musik in England reelle Verdienste erworben. So veranstaltete er im Februar 1862 einen Cyklus von Concerten, in welchem er die verschiedenen Clavierschulen von 1620 bis auf unsere Zeit durch ihre am meisten charakteristischen Vertreter zur Anschauung brachte. Er bediente sich dabei in einzelnen Fällen derselben alten Instrumente, für welche die betreffenden Compositionen berechnet waren. Das gründliche Verständniß seiner Aufgabe und die vollendete künstlerische Lösung fanden in der Kunstwelt verdiente Anerkennung. Nicht minder verdienstlich in anderer Richtung war sein Wirken als Juror der musikalischen Abtheilung bei der Welt-Ausstellung in London. Seine kräftige und einsichtsvolle Intervention hat wesentlich dazu beigetragen, daß der Fabrikation der Musikinstrumente in Oesterreich und im Zollverein die verdiente Anerkennung wurde. Bei seiner letzten Anwesenheit in Wien, im Winter 1866, wurde der Künstler, der sich nicht, um Concerte zu geben, sondern aus Collegialität im philharmonischen Concerte und in Hellmesberger’s Quartett-Soirée öffentlich [362] hören ließ, mit dem Titel eines k. k. Kammervirtuosen ausgezeichnet. P. ist auch als Componist für sein Instrument und für den Gesang thätig; in dieser Richtung hat jedoch seine Wirksamkeit in den letzten Jahren gefeiert. Die Opus-Zahl seiner bisher veröffentlichten Compositionen mag kaum ein halbes Hundert erreichen. Darunter sind anzuführen: „Impromptu“, Op. 3; – „Preghiera“, Op. 4; – „Die Waise. Gedicht von C. Schmidt“, Op. 6; – „Ständchen. Spanisches Lied. Zwei Lieder“, Op. 9; – „Andante aus dem ersten Concert“. As-dur, Op. 10; – „Andante appassionato“, Op. 11; – „Fantaisie“, Op. 14; – „An Chloe, als sie krank war. Gedicht von Rob. Burns“, Op. 16; – „Scherzo“, Op. 17; – „Deux morceaux de Salon. Etude de Marche hongroise“, Op. 18; – „Pensées fugitives: „Romance“, „Scherzo capriccioso“, „Romance“, „Styrienne“, Op. 19 u. 33; – „Frühlingslied an ArlikanaWiegenliedDie Wasserrose. 3 deutsche Gesänge für eine Mezzo-Sopranstimme“, Op. 20; – „Drei Charakterstücke. Canzonetta in HScherzo in F-moll – Idylle in A“, Op. 21; – „Sonate in F-moll“, Op. 22; – „Sie ist mein. Lied für eine Alt- und Bassstimme“, Op. 24; – „Sammlung von Chören und Quartetten für Männerstimmen“, Partitur und Stimmen, Op. 27; – „Caprice en forme de Tarantelle“, Op. 30; – „Berceuse“, Op. 31; – „Nocturne“, Op. 32; – „La chasse“, Op. 34; – „Seguidille“, Op. 35; – „L’Adieu du Soldat. Morceau characteristique“, Op. 36; – „La Cascade. Morceau de Concert“, Op. 37; – „Deux Sonates“, Op. 38, Nr. 1: Es, No. 2: H-moll; – „Caprice“, Op. 39; – „Passacaille“, Op. 40; – „Grande Valse brillante“, Op. 41; – „Presto Scherzando“, Op. 42; – „Marche triomphale“, Op. 48. Auch ist von ihm eine größere Symphonie und eine Oper: „Die rothe Maske“, bekannt, welch letztere in Mainz aufgeführt worden ist. Die Compositionen Pauer’s bezeichnet die Fachkritik als Werke ohne eigentlichen Kunstwerth; von nicht sonderlich origineller Eingebung, sind es eben Studien eines gediegenen gründlich gebildeten Musikers, angenehm im Melodiösen, elegant in der Ausführung. Von Pauer dem Clavier- Virtuosen entwirft aber Hanslick, der ihn „den ersten Pastor der deutschen Tonkunst“ in London nennt, der unzählige Ladies und Gentlemen musikalisch getauft und confirmirt hat, der durch seine „historischen Concerte“ nicht wenige Dilettanten in London mit Bach, Beethoven und Schuman befreundete, folgende treffende Charakteristik: „Pauer’s Spiel hat sich, seit wir ihn zum letzten Male gehört, noch mehr consolidirt, geglättet und verfeinert. „Geklärt“ kann man nicht sagen, denn Pauer gehört zu jenen glücklichen Naturen, deren Anlagen und Triebe von Haus aus im harmonischen Ebenmaß stehen, deren Entwickelung ohne vulcanische Processe, ohne verwirrende Trübung vor sich geht. Klar, reinlich, überzeugend, nicht mit hinreißender Gewalt, aber mit gewinnendster Anmuth spricht sein Spiel zum Hörer. Es ist stets in maßvolle Empfindung getaucht, die zwar den höchsten Aufflug nicht wagt, aber für das Kräftige wie für das Liebliche den rechten Ausdruck hat. Ueber Allem, was Pauer unternimmt, schwebt der Geist sicheren Gelingens, die Festigkeit erprobter Kunstanschauung, der Frohsinn eines wohlgeordneten Gemüths.“

Theater-Zeitung. Herausg. von Adolph Bäuerle (Wien, kl. Fol.) 1836, Nr. 12 [363] „Freundliche Erinnerung an den deutschen Tondichter Ernst Pauer aus London“, von J. Maucher. – Fremden-Blatt. Herausgegeben von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1862, Nr. 37, unter den Kunstnotizen. – Wiener Abendpost (Abendblatt der Wiener amtlichen Zeitung) 1864, Nr. 13. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1864, Nr. 12, im Feuilleton, von Hanslick; – dieselbe 1866, Nr. 16. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Eduard Bernsdorf (Dresden 1857, Rob. Schäfer, gr. 8°.) Bd. III, S. 141. – Porträt. Lithographirt von Hähnisch (Mainz 1852, Schott u. Söhne. Fol.).