Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Patuzzi, Alexander
Band: 21 (1870), ab Seite: 353. (Quelle)
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Pattis, Joseph (Humanist und Weltpriester, geb. zu Botzen in Südtirol 12. März 1830, gest. ebenda 29. November 1868). Sein Vater war ein sogenannter Wunderdoctor in Botzen. Der Sohn beendete daselbst Normalschule und Gymnasialclassen. die philosophischen Studien hörte er zu Trient, wo er auch nach deren Beendigung im Jahre 1849 in das Priesterseminar eintrat und den theologischen Studien oblag. Im J. 1853 erhielt er, da er noch nicht 24 Jahre alt, mit bischöflicher Dispens die Priesterweihe. Nun wurde er sofort in die Seelsorge, und zwar als Cooperator nach Mor im Innerpasseier geschickt, von wo er aber schon nach wenigen Wochen abberufen wurde, um die Stelle des deutschen Seelsorgers in Trient zu versehen. Auf derselben wirkte P. fünfzehn Jahre, bis zu seinem Ableben aber in einer Weise, daß sein Andenken in der Erinnerung der Trienter Bevölkerung noch lange fortleben wird, als echter Priester des Herrn, als Freund der Jugend, als Wohlthäter der Armen und Vertheidiger seines Glaubens. Die deutsche Kirchengemeinde in Trient besaß, bevor Pattis kam, kein eigenes Gotteshaus, der Gottesdienst für dieselbe mußte in der Seminarkirche gehalten werden. Ein Gotteshaus für die Gemeinde zu erwerben, war Pattis erster Entschluß. Und in der That, zwei Jahre nach seinem Antritte der Seelsorge in Trient, 1853, wurde die St. Marcuskirche, einst dem Augustinerconvente [354] gehörig und seit Jahrzehenden zu profanem Gebrauche, zuletzt als Tabakmagazin verwendet, feierlich als Gotteshaus der Trienter deutschen Gemeinde eröffnet. Natürlich mußte die Kirche erst restaurirt, im Innern vollständig ausgestattet, mit Orgel, Altären, Glocken versehen werden, und dieß Alles war Pattis’ Werk, seine rastlose unverdrossene Thätigkeit, sein Feuereifer in dieser für eine Stadt mit getheilter Bevölkerung, wie Trient es ist, nicht unwesentliche Angelegenheit half ihm das Ziel erreichen. Nun richtete er auf die Schule sein Augenmerk. Wie die Deutschen in Trient keine Kirche, so hatten die Kinder deutscher Familien daselbst keine Schule. Und die Zahl deutscher Familien[WS 1] in Trient ist eben keine geringe. Nun griff P. die Angelegenheit an. Er opferte seine eigene Wohnung, nur ein kleines Zimmer für sich behaltend, und hielt selbst Schule. Kinder beider Geschlechter erschienen bei ihm, jene wohlhabender Eltern entrichteten eine kleine Entschädigung, ärmere erhielten den Unterricht unentgeltlich, und so wirkte P. durch Jahre im Lehramte, und erst in letzterer Zeit widmete die kais. Regierung dieser Anstalt ihre Aufmerksamkeit und spendete einen Jahresbeitrag von 200 fl. zu Schulzwecken. Aber auch die Armen hatte P. nicht vergessen. Und an Armen ist in Trient nie Mangel gewesen. Ueber P.’s Anregung bildete sich ein Verein von Armenfreunden, der bald eine wohlthuende und umfassende Thätigkeit entfaltete, dann gründete er ein Versorgungshaus für dienstlose Mädchen und half sonst, wo er Noth und Elend antraf, mit allen ihm zu Gebote stehenden Kräften. Dabei war er im Kriegsjahre 1859 in der Militärseelsorge unermüdlich thätig und hier zeigte sich sein echt humanes Wesen. Wenn ein akatholischer Soldat zur letzten Ruhestätte getragen wurde, verweigerte ihm P. durchaus nicht das Geleite, um aber seinen minder duldsamen Oberen kein Aergerniß zu geben, erschien er ohne kirchliche Abzeichen und erfüllte so als Katholik gegenüber den Akatholiken die einfache Menschenpflicht. Als die Zahl der Verwundeten sich nach jenem entsetzlichen Blutvergießen auf den Feldern Oberitaliens im Jahre 1859 in fast grauenerregender Weise mehrte, da errichtete P. ein Nothspital und waltete wie ein Engel des Friedens inmitten der entsetzlichen Leiden des Krieges. Es läßt sich wohl kaum mit Worten dieses Priesters humanistisches Wirken nach allen Seiten hin einigermaßen erschöpfend schildern. Auch noch in anderer Weise war P. auf seinem priesterlichen Gebiete thätig, er arbeitete viel für die Kirche in der Presse. Im 1864 gründete er das Journal: „L’Eco delle Alpi Retiche“, das ausschließlich ihm seine Entstehung verdankt und sich später in die „Voce Cattolica“ umwandelte. Es gab – und gibt auch jetzt noch – eine geheime und nicht unmächtige Partei, welche Südtirol aus dem Verbande des Kaiserstaates zu reißen und dem neuen Königreiche Italien einzuverleiben sich bemüht. Gegen diese Partei kämpfte P. mit Wort und That und suchte Trient und die Herzen Wälschtirols dem angestammten Kaiserhause zu erhalten. „Natürlich“, bemerkt aus diesem Anlasse sein Biograph, „mußte er dafür vor seiner Wohnung den Morgengruß der Petarden vernehmen“. Im Jahre 1868 wurde P. zum Ober-Schulinspector der deutschen Gemeinden von Palù und Luserna ernannt. Nach seiner Rückkehr von einer Reise nach Rom, die er zu Anfang des Jahres 1868 anläßlich der großen Säcularfeier unternommen hatte, besuchte er [355] die Schulen der genannten Gemeinden. Auf dieser Visitationsreise zog er sich ein Brustleiden zu, das er bei seiner vielseitigen Beschäftigung anfänglich gar nicht beachtete. Auch als es schon drohender wurde, ließ er sich in seinen Arbeiten nicht stören, und so nahm denn das Uebel einen tödtlichen Verlauf. Groß war die Trauer der ganzen Bevölkerung bei der Nachricht von dem Hinscheiden des edlen Priesters, und sein unübersehbarer Leichenzug zeigte die Theilnahme derselben für den so früh dahingeschiedenen Mann, der allgemein als der Wohlthäter der ganzen Gegend verehrt wurde, der im Eifer der Pflicht selbst sein Leben im schönsten Mannesalter von erst 38 Jahren zum Opfer gebracht hatte.

Südtiroler Volksblatt 1868, Beilage zu Nr. 1: „Nekrolog“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Famlien.