BLKÖ:Pallavicini-Centurioni, Johann Lucas Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 21 (1870), ab Seite: 229. (Quelle)
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Pallavicini-Centurioni, Johann Lucas Graf (Staatsmann und Ritter des goldenen Vließes, geb. zu Genua im J. 1697, gest. zu Bologna 27. September 1773). Entstammt einer alten, in Italiens, vornehmlich in Genua’s Geschichte vielgenannten und berühmten Familie, über welche Näheres S. 231 die Quellen berichten. Im Jahre 1731 kam Graf Johann Lucas als außerordentlicher Gesandter der Republik Genua an den kaiserlichen Hof nach Wien, wo er bald seinen Gesandtschaftsposten aufgab und in kaiserliche Dienste übertrat. Zunächst ging er, 1733, als Vice-Admiral und General-Intendant des Seewesens nach Istrien, wo er sich in dem um die polnische Königskrone ausgebrochenen Kriege durch Wegnahme mehrerer spanischer Transportschiffe und Wiedereroberung verschiedener verlorener Galeotten rühmlich bekannt machte. Im Jahre 1735 wurde er General-Major und im folgenden Jahre erhielt er das Infanterie-Regiment Freiherr von Wuttgenau Nr. 3, welches er noch im nämlichen Jahre gegen das Infanterie-Regiment Herzog Karl von Lothringen Nr. 15 vertauschte. Auch wurde er am 19. Februar d. J. wirklicher Kammerherr. Im nun folgenden Türkenkriege befehligte er bis 1738 die aus acht Kriegsschiffen und fünf Galeeren bestehende Donauflotte, mit der er gleichfalls manche rühmliche That vollbrachte. Im Jahre 1738 wurde er nach Genua entsendet, um ein Anlehen von 600.000 fl. zu contrahiren, zu welchem er aus Eigenem 200.000 fl. gab, während der Rest von Privaten beigeschafft wurde. Am 19. März 1741 wurde P. Feldmarschall-Lieutenant, leitete im Jahre 1742 die Belagerung von Mirandola und kämpfte noch in den Schlachten von Camposanto, 1743, und Cuneo, [230] 1744. Nun erfolgte seine Ernennung zum geheimen Rathe und Plenipotentarius in der Lombardie, als welcher er auf einer im Jahre 1745 nach Genua unternommenen Reise die feindliche Stimmung der Genuesen gegen die Kaiserlichen und ihr Hinneigen zu Neapel und Frankreich bald erkannte. Im Feldzuge des Jahres 1746 eroberte er die Citadelle von Parma, commandirte in der Schlacht bei Piacenza den rechten Flügel und kämpfte noch bei Roddofreddo, wo er auch durch eine Flintenkugel am Kopfe verwundet wurde. Aber er ließ nur die Wunde verbinden, stellte sich von Neuem an die Spitze seiner Truppen und schlug nach hartnäckigstem Widerstande des Gegners denselben zurück. Die Streitigkeiten, die wegen Piacenza’s Besatzung zwischen den kaiserlichen und den sardinischen Truppen ausbrachen, wurden durch seine Gewandtheit ausgeglichen. Im Jahre 1747 übergab er an Ferdinand Grafen von Harrach [Bd. VII, S. 377] die General-Statthalterschaft, welche er im Jahre 1745 übernommen, wurde aber schon im Jahre 1748 wieder Castellan von Mailand, commandirender General aller Truppen in Italien und oberster Finanzminister der Lombardei. Nachdem Graf Harrach im Jahre 1750 wieder abberufen ward, übernahm P. von Neuem die Statthalterschaft und führte sie bis 1753, in der Zwischenzeit auf dem Congresse zu Varese die langwierigen Grenzstreitigkeiten mit den italienischen Landvogteien der Schweizer beendigend. Nachdem er die Generalstatthalterschaft dem Erzherzog Ferdinand übergeben, wählte er Bologna zu seinem bleibenden Wohnsitze, wurde am 30. November 1753 zum Ritter des goldenen Vließes und am 29. Juni 1754 zum General-Feldmarschall ernannt; erhielt im September 1765 seine Berufung als Präsident des Rathes in Mailand, welche Stelle er aber nur bis 1768 versah, worauf er sich gänzlich in die Ruhe zurückzog und zu Bologna im hohen Alter von 76 Jahren starb. Die Muße, welche ihm die vielen Staatsgeschäfte ließen, gehörte der Wissenschaft und es genügt für die Weise, wie er derselben oblag, der Umstand, daß der berühmte Lami sein Bibliothekar war. Im Uebrigen war der Graf eifrig in seinem Glauben, hielt strenge Kriegszucht, war reich an großen Entwürfen und geschickt, sie auszuführen; liebte Pracht und Ergötzlichkeiten, war erfinderisch, dergleichen zu veranstalten und ward noch im greisen Alter von jugendlichem Feuer belebt. Der Graf war zweimal vermält, das erste Mal mit Anna Marchesa von Anguissola, die ihm aber keine Kinder geschenkt. Sie selbst lebte überhaupt meistens in Genua, wo sie auch am 16. November 1751 starb. In ihrem Testamente bedachte sie das Spital Pammatone mit 100.000, die Armenherberge mit 80.000 Lire. Auch ihren Gatten, der sie in den letzten Augenblicken besucht, bedachte sie reichlich, ihr Haupterbe wurde aber ein Vetter, der jüngere Marchese von Serra, dem hiedurch ein jährliches Einkommen von 100.000 Lire zufiel. Im August 1753 vermälte sich Graf Pallavicini zum zweiten Male mit Maria Katharina Fava di Ferro, einer Witwe des Marchese von Conradini, welche ihm einen Sohn, den nachmaligen Maria Theresien-Ritter Karl Graf Pallavicini [s. d. S. 234], gebar.

Muoni (Damiano), Collezione d’Autografi di famiglie sovrane, celebrità politiche, militari ecclesiastiche, scientifiche, letteraria ed austriache ecc. (Milano 1859, Lex. 8°.) p. 76. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon [231] für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilg. Bd. II, S. 315, Nr. 10.