BLKÖ:Pallavicini, die Grafen und Markgrafen, Genealogie
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Pallavicini, Karl Graf | ||
Band: 21 (1870), ab Seite: 231. (Quelle) | |||
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Zur Genealogie der Grafen und Markgrafen Pallavicini. Die Pallavicini sind ein uraltes italienisches Geschlecht, das seine Geschlechtsregister in das zehnte Jahrhundert und noch weiter zurückführt. Urkundlich erscheint schon im Jahre 960 ein Adalbert Pallavicini, gest. 6. Jänner 1034, dessen Grabmonument mit lateinischen Versen im panegyrischen Style des Mittelalters noch heute in der Abtei Castiglione zu sehen ist. Es bleibe den Genealogen überlassen, dieses sich im Laufe der Jahrhunderte weit ausdehnende und historisch berühmte Geschlecht in seinen mannigfaltigen Verzweigungen bis auf die Gegenwart zu verfolgen. Gewiß ist es, daß es drei Familien Pallavicini: eine lombardische, eine genuesische und die Pallavicini von Varano, gibt, die sich alle drei von einander unterscheiden. Ob sie Aeste eines Stammes sind, muß dahingestellt bleiben, für dieses Werk haben zunächst die aus Genua stammenden Pallavicini ein Interesse, weil die heute in Oesterreich blühenden Grafen und Markgrafen Pallavicini von den genuesischen Pallavicini’s abstammen. Aber auch ein und der andere Abkömmling der lombardischen Pallavicini hat für den Oesterreicher Interesse. Die Pallavicini sind eines jener denkwürdigen Geschlechter Italiens, die in dessen blutiger und ereignißreicher Geschichte eine große Rolle spielen, wie denn auch Namen einzelner Glieder desselben in der Wissenschaft unter den Männern der Kirche und Staatskunst wirklich glänzen. Nur in gedrängtester Kürze seien die Namen einiger genannt, welche in einer oder der anderen Beziehung zum Kaiserstaate und dessen Fürsten stehen. So ist vor Allem bemerkenswerth:
1. Hubert (gest. im Mai 1269), ein durch Heldenmuth, großartige Tapferkeit und vor nichts sich scheuenden Unternehmungsgeist, an die Helden des Nibelungenliedes mahnender Reke, nach Ezzelino’s Sturz der alleinige Führer der Gibellinen. Im Gefolge des Kaisers Friedrich II., als dieser am 22. November 1220 in Rom die Kaiserkrone[WS 1] empfing, hielt Hubert treu zur kaiserlichen Partei und war, als der Kaiser am 11. Juli 1220 in Borgo San Donnino über die widerspenstigen Lombarden die Reichsacht verhängte, einer der Vasallen, auf deren Beistand Friedrich in dem bevorstehenden Kampfe mit den Rebellen vorzüglich zu rechnen schien. Der Kaiser täuschte sich auch nicht, Hubert, unwandelbar in seiner Treue gegen den Kaiser, bewährte auch seine uneigennützige Zuneigung gegen diesen großen Fürsten. Hubert war es auch, de, der Erste, in Italien eine zahlreiche glänzende Reiterei herangezogen. Nur die Kirche war dem Helden nicht zugethan und verschrie ihn als „Ketzer und Gottes Feind“. Die Geschichte aber deckt die Ursache dieser Feindschaft der Kirche auf, die von Einigen auch in Hubert’s treuer Anhänglichkeit zu dem schwäbischen Kaiserhause gesucht wurde. Die wahre Ursache war seine Nachsicht gegen die Patarener, eine von Rom auf das Bitterste verfolgte Secte, welche durch Hubert in allen Städten seiner Herrschaft geschützt wurde und durch seinen Schutz dem scheußlichen, der Kirche und Menschheit unwürdigen Strafgerichte der Inquisition entging. –
2. Ein anderer Pallavicini, Sforza, zog mit 600, auf eigene Kosten geworbenen Reitern nach Ungarn, wo er sich durch seine Tapferkeit die Gunst des Erzherzogs Ferdinand erwarb und den Kammerherrnschlüssel erhielt. Im Jahre 1544 trat er neuerdings mit 2000 Fußknechten in kaiserlichen Sold und machte später den Krieg gegen die schmalkaldischen Bundesverwandten mit. In der Folge bestellte ihn Ferdinand zum Generalcommissär in Siebenbürgen und P. stieß mit einigen Fähnlein Reitern und 3000 deutschen Knechten zu dem Heere, mit dem Castaldo im October 1551 den Entsatz von Temesvár vornahm. Eine wichtige Rolle spielte P. bei der Ermordung des verrätherischen ungarischen Cardinals Martinuzzi (17. December 1551). Dann kämpfte er an der Krapina, am 8. August 1554, wo er aber verwundet, gefangen und nach den sieben Thürmen in Haft gebracht wurde. Vier Jahre blieb er in derselben, bis er mit 15.000 Goldthalern ausgelöst wurde. Nach seiner Befreiung diente er noch einige Zeit in Ungarn als General sämmtlicher Confinien und Generalcommissarius der Festungen, trat aber dann in venetianische Dienste über. Sforza starb im Jahre 1585. –
3. Ein zweiter Sforza Pallavicini, derselben Familie angehörend (geb. 28. November 1607, gest. 5. Juni 1667), war Cardinal und ist der Verfasser der berühmten „Istoria del Concilio di Trento“, eines oft aufgelegten [233] und übersetzten Buches, das für den Forscher zunächst in der dritten Auflage (Rom 1666) zu benützen ist. Affó im fünften Bunde der „Raccolta Ferrarese“ und Tiraboschi im 8. Bande (S. 132–136) haben sein Leben geschrieben. –
4.Derselben Familie ferner gehört an der durch sein tragisches Geschick bekannte Ferrante Pallavicini, den sich der kais. General-Lieutenant Ottavio Piccolomini zum Feldcaplan ausersehen und der über ein Jahr lang sich in den Schlachtfeldern und Cantonirungen von Deutschland herumgetrieben. Nun begab sich Ferrante nach Venedig, wo er durch seine satyrischen Schriften gegen Rom und den päpstlichen Hof den Zorn des letzteren reizte. Durch List bemächtigte sich der letztere seiner Person, man machte ihm den Proceß und am 5. März 1644 im Alter von erst 26 Jahren wurde er zu Avignon enthauptet. Girolamo Brusoni in seiner Schrift: „Vita di Ferrante Palavicini“ (Venezia 1651„, auch „1655„) gibt Nachrichten über sein Leben. –
5. Ueber den Feldmarschall Johann Lucas Graf P. und seinen Sohn, den General-Major Karl Graf P., welche beide in kaiserlichen Diensten gestanden, geben die besonderen Lebensskizzen [S. 229 u. S. 234] nähere Daten. –
Was die Standeswürden dieses Hauses betrifft, so ist zu bemerken, daß ein Hieronymus Adurnus Pallavicini von Kaiser Mathias am 6. April 1615 zum Marchio Sacri Imperii Romani erhoben und mit dem aus bedeutenden Ländereien der Familie Adurno Pallavicini’s gebildeten Marchionatus Pallavicini belehnt worden ist. Eine weitere Bestätigung obiger Verleihungsurkunde erfolgte unter Kaiser Ferdinand II. mit 18. August 1620; die letzte Investitur für Alexander Adurnus P. wurde von Sr. Majestät dem Kaiser mit 27. August 1793, also nicht lange vor dem Friedensschlusse zwischen Oesterreich und Frankreich zu Campo Formio (17. October 1797) vollzogen, mit welchem laut Geheimartikel XI die Lehensherrlichkeit der deutschen Kaiser in Italien ihr Ende erreichte. Uebrigens erlangte dieses Geschlecht schon im Jahre 1360 in Italien das Marquisat und un Jahre 1427 das venetianische Patrizierthum. Mit Allerh. Entschließung vom 1. Februar 1868 wurden dem Grafen Alphons für sich und die in den österreichischen Staaten lebenden Familienglieder, Nachkommen seines Vaters Eduard Pallavicini, in Gnaden willfahrt, sich des Titels Markgraf in Zukunft zu bedienen. Eben des oberwähnten Grafen Alphons Vater, Eduard, erlangte in Anerkennung der im Türkenkriege sich erworbenen Verdienste seines Vaters Karl im Jahre 1803 das Indigenat von Ungarn und mit Allerh. Entschließung vom 11. Februar 1843 das böhmische und mährische Incolat im Herrenstande. [Quellen. a) Urkunden. Diplom ddo. Regensburg 30. Juli 1630 für Paul Hieronymus[WS 2] Marchese P., Bestätigung des Marchesats und Wappenbesserung. – Diplom ddo. Regensburg 31. März 1654, Verleihung des Palatinats in der Primogenitur für den k. k. Kämmerer und Hofrath Felix P. – Diplom ddo. 13. August 1685, Bestätigung des Marchesats für Niklas August Marchese P. – Verleihung des Incolats für Böhmen und die dahin einverleibten Provinzen mit Allerh. Entschließung vom 11. Februar 1843. – Bewilligung zur Führung des deutschen Titels „Markgraf“ für Grafen Alphons und alle in Oesterreich domicilirenden Nachkommen seines Vaters Eduard mit Allerh. Entschließung vom 1. Februar 1868. – b) Werke und gedruckte Nachweise. Allgemeines historisches Lexikon (Leipzig 1730, Th. Fritschen’s Erben, gr. Fol.) Bd. III, S. 212. – Gothaisches genealogisches Taschenbuch der gräflichen Häuser (Gotha, J. Perthes, 32°.) 40. Jahrg. (1867), S. 624. – Historisch-heraldisches Handbuch zum genealogischen Taschenbuche der gräflichen Häuser (Gotha 1855, Just. Perthes, 32°.) S. 681. Daselbst heißt es: „Michello Camillo Pallavicini, vermält mit Geromina Grimaldo Ceba, hatte einen Sohn Alexandro Marchese de Pallavicini, vermält mit Livia Mari; dessen Sohn Karl Marquis Pallavicini-Centurioni (gest. 1789), k. k Kämmerer und General-Major, war vermält mit Leopoldine geb. Gräfin Zichy von Vasonykeö“ u. s. w. Nach den sorgfältigen Forschungen des Herausgebers dieses Lexikons stellt sich die Abstammung des General-Majors Karl, der eben auch der Mar. Theresien-Ritter ist (S. 234), anders. und zwar wie auf der nebenseitigen Stammtafel ersichtlich ist. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1867, Nr. 977, in der Rubrik „Eingesendet“. – Litta (Pompeo Gf.), Famiglie celebri italiane (Milano 1819 e s., Fol.) Feglio Pallavicini.]
Wappen. In Gold ein schwarzer zweiköpfiger gekrönter Adler mit ausgespannten [234] Flügeln, von sich gestreckten goldenen Fängen, ausgeschlagener rother Zunge, auf dessen Brust ein Schild, bestehend in einem Schach von fünf goldenen und vier blauen Feldern unter einem silbernen Schildeshaupte, worin ein horizontal liegendes dreifaches schwarzes Kreuz.
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Stammtafel der Markgrafen Pallavicini. (österreichische Linie). | |||||||||||||||||||||
Johann Lucas Graf Pallavicini [S. 229] Ritter des goldenen Vließes, geb. 1697, † 27. September 1773, 1) Anna Marchesa Anguissola [S. 230, im Texte] † 16. November 1751. 2) Maria Katharina Fava di Ferro, verwitwete Marchese Conradini, †. Karl [S. 234]. Ritter des Maria Theresien-Ordens, geb. 24. Jänner 1756, † 3. März 1789 Leopoldine geb. Gräfin Zichy-Vasonykeö geb. 14. October 1758, † 1846. Eduard [S. 235, in den Quellen] geb. 9. März 1787, † 20, April 1839. Josephine geb. Gräfin Hardegg-Glatz geb. 2. Mai 1784, † 23. December 1850. | |||||||||||||||||||||
Arthur geb. 7. August 1810. Therese geb. Gräfin Spaur geb. 17. März 1819. |
Irene geb. 2. Sept. 1811, vm. Alois Nikolaus Gf. Arco. |
Hippolyth geb. 21. Jänner 1813. Karolina Gräfin Erdödy geb. 25. November 1823. |
Alphons geb. 7. März 1807. Gabriele geb. Landgräfin v. Fürstenberg geb. 17. März 1821. |
Alfred geb. 21. Dec. 1813. |
Roger geb. 21. November 1814. Eulalia geb. Gräfin Vay, vm. 1) v. Lonyay, 2) Sigism. Gf. Csáky, geschieden seit August 1851. |
Oswald geb. 2. Juni 1817. Helene geb. Gräfin Zichy<-Vasonykeö geb. 9. August 1834. | |||||||||||||||
Eduard geb. 5. Juli 1845. |
Johann geb. 15. März 1848. |
Maria geb. 3. Juli 1849. |
Anton geb. 24. Nov. 1850. |
Amalia geb. 29. April 1862. |
Julie geb. 10. Mai 1857. |
Bela geb. 22. Dec. 1858. |
Crescence geb. 30. Mai 1860. | ||||||||||||||
Leopoldine geb. 7. October 1845, vm. Karl Joh. Wenzel Gf. Paar. |
Therese geb. 16. September 1846. |
Josephine geb. 22. Jänner 1849. |
Gabriele Friederike geb. 6. April 1851. |
Alexander Oswald geb. 6. Mai 1853. |
Maria Friederike geb. 12. Juni 1856. |
Alphons Ernst geb. 25. April 1859. |