Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Nessensohn, Regina
Band: 20 (1869), ab Seite: 199. (Quelle)
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Nessi, Giuseppe (Arzt, geb. zu Como 21. Mai 1741, gest. ebenda im Jahre 1821). In seiner Vaterstadt vollendete er die Studien, Medicin und Chirurgie hörte er auf der Universität zu Pavia, dann machte er den praktischen Lehrcurs an mehreren großen Hospitälern, zu Turin, Bologna, Florenz, zuletzt in Wien, und dann trat er als Feldarzt in die kaiserliche Armee ein, mit welcher er in Ungarn und Böhmen seinem Dienste oblag. Im Jahre 1768 kehrte er in sein Vaterland zurück und wurde Chirurg und Geburtshelfer am Hospital seiner Vaterstadt Como. Als solcher trat er mit einer Fachschrift in die Oeffentlichkeit, in welcher er den Fall einer merkwürdigen Geburt darstellte. Im Jahre 1772 wurde er zum Professor der Chirurgie und Geburtshilfe an der Universität in Pavia [200] ernannt, in welcher Stellung er durch 18 Jahre thätig blieb. Gesundheitshalber bat er um Enthebung von seinem Posten, erhielt sie auch, trat aber nach einiger Zeit wieder in denselben zurück und bekleidete ihn bis zum Jahre 1808, in welchem er jubilirt wurde. Aber auch jetzt noch gönnte er sich nicht die wohlverdiente Ruhe, sondern leitete das Spital von Como, in welchem er manche wohlthätige Neuerung einführte und auf eine sorgfältigere Ausbildung der Hebammen Bedacht nahm. Als im J. 1820 der berühmte Doctor Scarpa seine Stelle als Director der medicinisch-chirurgischen Facultät niederlegte, wurde Nessi aufgefordert, dieselbe zu übernehmen, aber seines hohen Alters wegen, er zählte ja nahezu 80 Jahre, lehnte er ab. Die kurze, ihm noch gegönnte Lebensfrist benützte er zur Umarbeitung und Vervollkommnung seines Hauptwerkes über die Geburtshilfe, und bereits war es druckfertig, als ihn der Tod im Alter von achtzig Jahren seiner Wissenschaft und der Menschheit, für die er sein Lebelang ein Wohlthäter gewesen, entriß. Nessi’s durch den Druck veröffentlichte Werke sind in chronologischer Folge; „Lettera sulla morte d’una donna seguita poche ore dopo il parto“ (1772); – „Osservazione medico-chirurgiche sopra dieci aghi, quattro spille e due pezzetti di vetro cavati da una mammella“ (1772); – „Istituzione di chirurgia“ (1786), in deutscher Uebersetzung von K. H. Spohr erschien es unter dem Titel: „Unterricht in der Wundarzneikunst. Aus dem Italienischen“, 2 Bände (Leipzig 1790, Brockhaus, gr. 8°.); – „Arte ostetricia teorico pratica“ (1790), dieses Werk, Nessi’s Hauptwerk, fand in Italien große Verbreitung und wurde auf mehreren Hochschulen als Lehrbuch angenommen. An die Verbesserung desselben wendete N. noch im hohen Alter seine ganze Muße, er hatte auch diese seine Lebensaufgabe erfüllt, als der Tod dessen neue Drucklegung vereitelte; – „Oratio academica de vini usu ad sanitatem conservandam et multos morbos curandos“ (1807); – „Discorso academico sulle forze della natura per isbarrazzarsi dai feti sviluppati ed entrati nell’ addomine alla lacerazione dell’ utero“ (1808); – „Discorso accademico medico-chirurgico-filologico intorno all’ uso deIl’ acqua come rimedio interno ed esterno“ (1811); – „Discorsi academici medico filologici sulle forze della natura per sanare molte malattie interne“ (1812). N. war nicht nur ein ausgezeichneter Chirurg, sondern auch ein rationeller Arzt, der seiner Zeit, in welcher noch der ganze Unfug des Mißbrauchs der Medicamente herrschend war, vorauseilte, der den Heilproceß auf die eigentliche Grundlage der Naturkraft, dieses Hauptagens, das eine täglich mehr um sich greifende Schule in der Arzneiwissenschaft anerkennt und zu fördern sucht, zurückführte, und der lange vor Prießnitz auf die Heilkraft des Wassers mit innerem und äußerem Gebrauche aufmerksam machte.

Tipaldo (Emilio de), Biografia degli Italiani illustri nelle scienze, lettere ed arti del secolo XVIII e de’ Contemporanei ecc. ecc. (Venezia 1835, tip. di Alvisopoli, gr. 8°.) Tomo I, p. 463.