Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 16 (1867), ab Seite: 230. (Quelle)
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Madács, Peter (Arzt, geb. zu Nagy-Veszverés (Ober-Poloma) in der Gömörer Gespanschaft Ungarns 28. Februar 1729, gest. zu Kishont 20. November 1805). Ein vornehmlich durch seine wechselvollen Schicksale und die Charakterstärke, mit welcher er allem Ungemach Trotz bietend, seine, von den schwersten Bedrängnissen durchkreuzte wissenschaftliche Laufbahn vollendete, denkwürdiger Arzt. Sein Vater, evangelischen[WS 1] Glaubens, war ein armer aber unterrichteter Landmann, der wegen seiner Kenntniß der Bibel und lateinischen Sprache viel Ansehen besaß unter den Bewohnern seines Dorfes. Nachdem der Sohn die Elementarschulen in verschiedenen Orten besucht, begab er sich auf die, seiner Zeit berühmte Schule der Reformirten in Debreczin, wo er unter tüchtigen Lehrern seine Kenntnisse ausbildete und den Entschluß faßte, Medicin zu studiren. Seiner Sehnsucht, nunmehr eine auswärtige Universität zu besuchen, stellten sich jedoch große Hindernisse entgegen, vor allem die äußerste Armuth und den Gesetzen des Landes gemäß durften nur Adelige oder Freigeborene, und diese letzteren auf eigene Kosten, sich in’s Ausland begeben. Endlich aber war sein Bildungsdrang mächtiger als alle Verbote. Ohne Wissen und Einwilligung seines Vaters begab er sich Ende 1754 heimlich nach Breslau. Unter dem fremden Namen Visztriczany – um jede Spur von sich abzulenken – war er dahin gekommen und entblößt von aller Barschaft, hatte er noch das Unglück, daß die wenigen Habseligkeiten, die er mitgenommen, während seiner Abwesenheit im Wirthshause gestohlen wurden. In dieser trostlosen Lage, schon im Begriff Soldat zu werden, fand er in dem Professor des [231] Elisabethiner-Gymnasiums Dr. Burg einen wohlwollenden Freund, der sich seiner annahm, ihm freie Wohnung und unentgeltliche Collegien verschaffte, was wohl einigermaßen seine Lage erleichterte, die jedoch bei dem Mangel aller Geldmittel noch immer mißlich genug war. Doch bald sollte sich dieselbe verbessern, und dazu halfen seine Musikkenntnisse; sein Wohlthäter, Professor Burg, verschaffte ihm das Benefiz eines Calefactors bei dem Elisabethiner-Gymnasium und Cantors zum heil. Hieronymus. Bald fand er noch andere werkthätige Freunde, und eine alte reiche Frau nahm sich mit besonderer Wärme seiner an, redete ihm zu das theologische Studium zu ergreifen, was denn M. auch willig that. Sie versprach ihm nun bleibende Unterstützung und wollte ihm, wenn er der Theologie treu bleibe, einen großen Theil ihres Vermögens als Erbe hinterlassen. Der bald darauf ausgebrochene Krieg erweckte in ihm die Besorguiß, daß er, da er eine stattliche Gestalt befaß, unter die Soldaten genommen werden könnte. Der Besuch einer Akademie vermochte ihn vor dieser Gefahr zu erretten. Mit den eigenen Ersparnissen und einer ansehnlichen Unterstützung seiner reichen Wohlthäterin wurde er in die Lage versetzt, nach Halle zu gehen, um dort die begonnenen theologischen Studien fortzusetzen. Aber die Gefahr unter die Soldaten genommen zu werden, wurde mit der Fortsetzung des Krieges immer größer. Auch die Hochschulen blieben nicht mehr verschont, und die Ausländer auf denselben am wenigsten. In Halle befanden sich damals 7000 Studirende. In dieser Besorgniß verließ M. Halle und wandte sich nach Wittenberg, wo eine entscheidende Wendung seines Geschickes eintrat. Dort gewann er die Theilnahme des Doctors der Arzneikunde Langguth, durch ihn wurde er ungarischer Bibliothekar an der Universität, mit welchem Posten nebst der freien Wohnung auch freie Kost im Convictorium verbunden war, und das Ephorat ertheilte ihm für die drei nächsten Jahre ein kleines Stipendium. In seiner Unentschiedenheit ob er das theologische Studium fortsetzen, oder aber jenes der Medicin, für das er noch eine große Neigung zeigte, beginnen solle, half ihm Dr. Langguth, der ihm zusprach, jenes der Medicin zu wählen. Nun aber begannen neue Bedrängnisse, die Breslauer Wohlthäterin entzog ihm, weil er die Theologie aufgab, ihre fernere Unterstützung und die Belagerung Wittenbergs im Jahre 1760 steigerte nur noch mehr seine trostlose Lage, aus welcher ihm jedoch die Theilnahme neuer Freunde und die Unterstützung der Universität half, die ihm seine tüchtige Verwendung in der Bibliothek mit Vermehrung seines Stipendiums lohnte. Nun ebnen sich für einige Zeit seine Pfade, die Nahrungssorgen nahmen, durch ansehlichere Stipendien und Verleihungen von Stellen beseitigt, ein Ende. Im Jahre 1762 ernannte ihn Langguth zum Custos des Anatomischen Museums und der Seltenheiten, und so lag M. drei Jahre seinen Studien ob, als es ihn drängte, zur größeren Vervollkommnung seiner Kenntnisse die Akademie in Straßburg oder Berlin zu besuchen. In der Hoffnung, seine frühere Wohlthäterin wieder für sich zu gewinnen, begab er sich zuvörderst nach Breslau, fand aber die alte Frau in einer solchen Erbitterung gegen ihn, daß er nicht nur nichts mehr zu hoffen hatte, sondern von ihr aufgefordert, die bisher erhaltenen Summen zurückzustellen, [232] mit Haft bedroht wurde, wenn er dieser Aufforderung nicht entspreche. Nachdem es ihm mit großer Anstrengung gelungen, diesen Sturm von sich abzuwenden, reiste er heim und wollte es bei seinem Vater versuchen, der ihm aber die heimliche Entfernung auch nicht verziehen hatte und unerbitterlich blieb. Zwei Ducaten warf er ihm verächtlich hin und unverrichteter Dinge kehrte M. über Leutschau nach Wittenberg zurück. Dort nahm er nun einstweilen seinen Aufenthalt und die Correctur eines dort gedruckten böhmischen Werkes, verschaffte ihm den Lebensunterhalt, ja er konnte sich sogar so viel ersparen, daß er nach Berlin zu reisen im Stande war. Er begab sich dahin, die Reise war bezahlt, aber die Summe für die kostspieligen Collegien waren nahezu unerschwinglich. Bei Wasser und Brot brachte er sich geraume Zeit kümmerlich fort, bis ihm auch da gute Menschen, darunter der berühmte Büsching, werkthätig unter die Arme griffen und einige Professoren wie Gerhard und Gledisch ihm die hohen Collegiengelder erließen. Indessen war der Ruf seiner verdienstlichen Thätigkeit in’s Heimatland gedrungen und die Freifrau von Hellenbach berief ihn im Jahre 1767 als ihren Hofmedicus nach Schemnitz. Aber die Fesseln der Unterthänigkeit hemmten ihn und der Vater wollte sich in seinem Zorne gegen ihn für seine Manumission nicht verwenden. Er mußte also den ehrenvollen Antrag ablehnen und blieb in Berlin, wo er sich mit Unterrichtertheilen forthalf. Im Jahre 1770 kehrte er nach Wittenberg zurück, wo er mit der Gnade des Churfürsten von Sachsen am 23. August d. J. die medicinische Doctorwürde erlangte. Im folgenden Jahre kehrte er über Wien in seine Heimat zurück; seine akademische Würde versöhnte den alten Vater. Der tüchtige Arzt machte sich bald durch seine Geschicklichkeit einen Ruf und nun war es der Sohn, der den Vater vom Joche der Dienstbarkeit befreite und ihm das Bürgerrecht zu Rosenau erwarb. Bemerkenswerth ist es, daß ihm der auf einer berühmten deutschen Universität erworbene Doctorgrad in Ungarn nicht genügte; daß er, obgleich er seit vier Jahren Proben seiner ärztlichen Tüchtigkeit gegeben, nichts desto weniger im Februar 1774 noch einmal zu Tyrnau pro gradu dispetiren mußte. Im Jahre 1776 ernannte ihn der Kishonter District zu seinem Arzte. Später wurde er Arzt des vereinigten Gömörer und Kishonter Comitates, als aber die Vereinigung wieder aufgehoben wurde, blieb er im District zu Kishont. Durch den Druck veröffentlichte er: „De modo regenerationis vasorum“ (Vittebergae 1770) und „De theoria affinitatum chemicarum“ (.... 1774). Nach einem, namentlich in seinen jüngeren Jahren sehr bewegten Leben starb er im Rufe eines ausgezeichneten Arztes im hohen Alter von 76 Jahren.

Neue Annalen der Literatur in dem österreichischen Kaiserthume (Wien, Anton Doll, 4°.) II. Jahrg. (1808), Intelligenzblatt des Monats Mai, Sp. 202. – Ungarischer Plutarch oder Biographien merkwürdiger Personen des Königreichs Ungarn. Aus authentischen Quellen geschöpft und ... dargestellt von Carl Vinc. Kölesy und Jacob Melzer (Pesth 1816, J. Eggenberger, 8°.) Bd. IV, S. 205–231. – Memoriam Petri Madács, Medicinae Doctoris (.) inclyti Districtus Kishontensis Phys. Ord. ne occidat, cui aeternitas debeatur (sic), posteritati tradere voluit intimus defuncti cultor Joannes Fejes (Neosolii 1807, 4°.). – Horányi (Alexius), Memoria Hungarorum et Provincialium scriptis editis notorum (Viennae 1773, Loewe, 8°.) Tom. II, p. 538.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: evangelichen.