BLKÖ:Libický, Ernestine

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 15 (1866), ab Seite: 67. (Quelle)
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Libický, Ernestine (čechische Schauspielerin, geb. zu Humpoletz 28. Februar 1837). Ihr eigentlicher Familienname ist Napravník und erst als sie zur Bühne übertrat, nahm sie den Namen Libický an. War schon die Liebe zum Theater in der ganzen Familie vorherrschend, so überwog sie doch bei Ernestine bei Weitem, und bereits im Alter von 12 Jahren trat sie im Dilettantentheater ihres Geburtsortes auf. Als sie später zu ihrer weiteren Ausbildung nach Neuhaus und dann nach Wien kam, wo sich ihr Gelegenheit bot, öfter das Theater zu besuchen, nahm ihre Neigung für die Bühne nur noch mehr zu. Zu ihrer Familie zurückgekehrt, spielte sie zuerst öfter auf einem Dilettantentheater und anfänglich meist alte Rollen. Allmälig bildete sich in ihr der Gedanke heraus, Schauspielerin zu werden, aber von ihrer Familie, so sehr diese das Theater als geistigen Genuß liebte, die Gewährung ihres Verlangens gar nicht erwartend, unterließ sie es, ernstlich an die Verwirklichung ihrer Lieblingsidee zu denken. Die Uebersiedlung ihrer Familie nach Prag, welche im Jahre 1858 stattfand, kam ihr zu ihrem Vorhaben ganz gelegen. In der That fügte es auch die bald angeknüpfte Bekanntschaft mit einer Schauspielerin, daß allmälig die Schranken fielen und es endlich dahinkam, daß Ernestine versuchsweise auftreten durfte. So spielte sie denn als erste Antrittsrolle am 13. März 1859 das Käthchen von Heilbronn und der Versuch fiel ganz befriedigend aus. Aber gegen alle Erwartung stellten sich ihrem Engagement an der čechischen Nationalbühne Hindernisse entgegen. Das für den einmal gewählten Beruf begeisterte Mädchen ließ sich aber nicht abschrecken, konnte es nicht in der Hauptstadt spielen, so wollte es doch seiner Neigung nicht entsagen und wurde Mitglied einer Wandertruppe. Auf dieser Künstlerfahrt erwarb sie sich Routine, lernte ihre eigentliche Kraft kennen und förderte durch vieles Spielen die ihr von Natur gegebenen glücklichen Mittel. Endlich gelang es ihr, zu einem zweiten Debut an der Prager Nationalbühne zugelassen zu werden und nun spielte sie am 16. Jänner 1862 die Maria Stuart und bald darauf die Louise in „Kabale und Liebe“. Der Erfolg war ein so glänzender, daß er diesesmal unmittelbar zum Engagement führte, welches auch von der später eingetretenen Direction erneuert wurde. Erst im Jahre 1865 nahmen die Verhältnisse zwischen Direction und Schauspielern eine so traurige Form an, daß die Künstlerin ihre Verbindung mit dem čechischen Nationaltheater zu lösen suchte. Zu ihren Glanzrollen gehören außer den schon angeführten noch Ophelia, Desdemona, Porcia, die Thecla in Schiller’s „Wallenstein“, die Eleonore in „Fiesco“, die Kunhuta in Machaček’s „Zawisz“, das Gretchen im „Faust“, die Cäcilie in Sardou’s „Die guten Freunde“, die Deborah u. dgl. m. Ernestine Libický ist ein ungewöhnliches Talent, sie hat sich ohne Lehrer, durch eigenen Fleiß und eigenes sorgfältiges[68] Studium für die Kunst herangebildet und zählt im Augenblicke zu den ersten Kräften der im Aufschwunge begriffenen čechischen Nationalbühne.

Slavische Blätter. Illustrirte Monatshefte für Literatur, Kunst und Wissenschaften u. s. w. der slavischen Völker. Herausgegeben von Abel Lukšić (Wien, 4°.) I. Jahrg. (1865), S. 63. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Ladisl. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. IV, S. 1269.