BLKÖ:Kubinek, Sebastian
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 13 (1865), ab Seite: 286. (Quelle) | |||
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[287] Richtung in seinem Wesen nahm bald so überhand, daß er das bäuerliche Geschäft aufgab, seinen Grund und Boden verkaufte und nur von den mäßigen Zinsen seines Capitals lebte, mit denen er überdieß viel Gutes wirkte. Seit dem Jahre 1833 besteht in Böhmen die Bruderschaft des H. Johannes Nepomuk, welche sich mit Herausgabe andächtiger Schriften für das Volk beschäftigt. Vorerst begann K. damit, die Schriften dieses Vereins seinen Standesgenossen anzuempfehlen. Als er den lohnenden Erfolg dieses Vorganges sah, erbat er sich von dem Erzbischof von Prag die Erlaubniß, durch Böhmen und Mähren im Interesse der genannten Bruderschaft pilgern und ihre Schriften unter das Volk vertheilen zu dürfen. Als später in Brünn die Bruderschaft der Heiligen Cyrill und Method, die neben kirchlichen auch nationale Zwecke verfolgt, dann in Königgrätz die Bruderschaft der Kleinen, welche sich die Vertheilung slavischer Schul- und Kinderbücher unter die Jugend angelegen sein läßt, sich bildeten, stellte sich K. sofort beiden zur Verfügung, um durch Hausirentragen und Anempfehlungen ihrer Schriften die Zwecke beider Gesellschaften zu fördern. Von stattlicher Gestalt, mit schwarzen Haaren, mit Gesichtszügen, denen der Stempel slavischer Abstammung aufgedrückt ist, im langen weißen Ueberrock – wie solchen die mährischen Landbewohner tragen – einen Hut auf dem Kopfe und eine grüne schmale Kiste auf dem Rücken, so wandert K. seit 15 Jahren Jahrein Jahraus von Ort zu Ort, von Gemeinde zu Gemeinde als Missionär, Geschäftsführer, wandelnder Buchhändler und Werber der oben genannten Bruderschaften. Aber sein Geschäft ist nicht etwa der bloße Verkauf und die Vertheilung der Bücher. K. hat sich selbst eine höhere Aufgabe gestellt. Er wirbt für diese Bruderschaften mit aller Macht einer Beredsamkeit, die um so wirksamer ist, als K. nicht eben von einem Vortheil dabei geleitet wird; denn K. unterzieht sich diesem schweren Geschäfte rein aus Ueberzeugung, im Interesse für die Sache, für die er schwärmt und die er zu seiner eigenen gemacht. Er läßt sich nicht so leicht einschüchtern; ein abweislicher Bescheid macht ihn nicht irre; er fühlt sich berufen, die Sache zu erklären; er predigt nicht Nationalhaß, nichts weniger als das, denn er kennt gar kein anderes Volk als seine slavischen Landsleute, denen er aber eine große Zukunft prophezeit; dabei malt er mit lichten Farben und gewinnt auf diese Art durch seine Beharrlichkeit und sein Geschick zu werben, immer neue Theilnehmer. So hat sich auch das Verhältniß der Dorfbewohner zu ihm eigenthümlich gestaltet. K. genießt allgemeine Achtung und ein unbegrenztes Vertrauen; er erhebt die Beträge für die Bruderschaften von den verkauften Büchern einfach von den Dorfbewohnern, ohne eine Quittung oder irgend einen Schein, und es ist noch nie ein Fall vorgekommen, daß ein bezahltes Geld noch einmal wäre gefordert worden, weil es K. abzugeben versäumt oder vergessen hätte. So sind durch K. viele Tausend und Tausend – wie der „Pozor“ meldet – weit über Hunderttausend slavische Andachts- und Volksschriften der genannten Vereine unter das gemeine Volk in Mähren vertheilt, und auf diese Weise die religiösen und nationalen Zwecke dieser Bruderschaften durch einen schlichten Bauersmann in viel wirksamerer Weise gefördert worden, als es auf anderen Wegen hätte geschehen können. Kubinek ist das lebendige Musterbild, auf welche Weise große Zwecke mit [288] kleinen, ja unscheinbaren Mitteln und rasch erreicht werden können.
Kubinek, Sebastian (Bauer, geb. in Mähren). Zeitgenoß. Kein Gelehrter, kein Schriftsteller, dem sogenannten „letzten Stande“ angehörend und als solcher, nämlich als Landmann, auch keine Specialität, ist er doch eine der merkwürdigsten und einflußreichsten Persönlichkeiten, die es je gegeben, die mit den untergeordneten unscheinbaren Mitteln des Hausirens mächtige und nachhaltige Erfolge erzielt. Es wurde von den anderen slavischen Völkern, namentlich von den benachbarten Polen, auf dieses Original eines slavischen Bauern aufmerksam gemacht, und derselbe gleichsam als ein Muster zur Nachahmung aufgestellt, und gerade heraus die Ansicht ausgesprochen, daß nur auf diesem Wege, nur durch Männer solcher Art der Sinn für Nationalität geweckt, gewahrt und erhalten werden könne. Damit aber die deutsche Nation sehe, auf welche Weise für slavische Zwecke Propaganda gemacht wird, ist das Conterfey der in Rede stehenden Persönlichkeit auch in diesem Werke am rechten Platze. Sebastian Kubinek erlernte in seiner Jugend lesen und schreiben, im übrigen bebaute er den väterlichen Acker, der nach dem Tode seiner Eltern in sein Eigenthum überging. Eine hervorragend religiöse Richtung machte sich frühzeitig bei ihm bemerkbar; so las er mit Vorliebe Andachtsbücher, und diese geistige- Gwiazdka Cieszyńska. Pismo dla nauki i t. d., d. i. Teschener Sternlein. Zeitschrift zur Belehrung u. s. w. (Teschen, 4°.) Jahrg. 1862, Nr. 7, S. 50. – Przyjacziel domowy, d. i. Der Hausfreund (Lemberg, 4°.) 1862, S. 88.