Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kratzer
Band: 13 (1865), ab Seite: 144. (Quelle)
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Kratter, Franz (dramatischer Dichter, geb. zu Oberdorf am Lech in Schwaben 1758, gest. zu Lemberg in Galizien 8. November 1830). Studirte zu Dillingen Philosophie, begann auch bereits das Studium der Theologie, gab es aber bald wieder auf und ging nach Wien, wo er die Rechte studirte, dann einige Zeit die Stelle eines Secretärs in Privatdiensten, nach Anderen bei einem Theater, versah. Seine Neigung zum Bühnenwesen und im Besitze von einigen Mitteln veranlaßte ihn, die Leitung des Lemberger Theaters zu übernehmen. Als solcher versuchte er sich auf dramatischem Gebiete und sein „Mädchen von Marienburg“, das bis auf die Gegenwart sich erhalten hat, machte die Runde auf allen deutschen Bühnen. Der Erfolg dieses Stückes eiferte ihn zu neuen Arbeiten auf diesem Gebiete an. K. blieb seither fortwährend in Galizien, wo er, ohne jedoch sein Unternehmen gedeihlich gestalten zu können, als Veteran der deutschen Literatoren Galiziens im Alter von 75 Jahren starb. Von ihm sind folgende Schriften im Drucke erschienen: „Der Augarten in Wien; ein Gedicht in 3 Gesängen“ (Wien 1782, Ghelen, 8°.); – „Gespräch von Liebe und Glückseligkeit“ (ebd. 1784, 8°.); – „Das Freymaurer-Auto-da-fé in Wien“ (ebd. 1786, Wucherer, 8°.); – „Briefe über den jetzigen Zustand Galiziens“, 2 Thle. (Wien 1786, Wucherer, 8°.); – „Bescheid an einige Herren Professoren an der Lemberger Universität“ (ebd. 1786 [Wohler in Ulm], 8°.); – „Philosophische und statistische Beobachtungen, vorzüglich die österreichischen Staaten betreffend“ (Leipzig 1787, Barth, 8°.); zweite Auflage in 2 Bänden (Wien 1789 und Leipzig 1791, gr. 8°.). Außer den bisher genannten Schriften die Romane: „Der junge Maler am Hofe“, 3 Thle. (Wien 1785, neue Auflage ebd. 1811, Mösle, 8°.); – „Das Schleifermädchen aus Schwaben“, 2 Theile (Frankfurt 1793, neue Auflage 1795 [Schäfer], 8°.); und die Dramen, Schau- und Lustspiele: „Die Kriegskameraden“, Lustspiel in 5 Aufzügen (Wien 1791, 8°.); – „Das Mädchen von Marienburg“, fürstliches Familiengemälde in 5 Aufz. (Frankfurt 1795, 2. Aufl. 1798, mit K., 8°.); – „Die Verschwörung wider Peter den Grossen oder Menzikoff und Natalie“, Trauersp. in 5 Aufz. (ebd. 1795, mit K.), ist eine Fortsetzung des Stückes „Das Mädchen von Marienburg“; – „Der Vicekanzler“, Schausp. (Wien 1797, 8°.); – „Der Friede am Pruth“, Schausp. in 5 Aufz. (Frankfurt 1799, 8°., mit K.); – „Eginhard und [145] Emma“, Schausp. in 5 Aufz. (ebd. 1799, mit K.); – „Die Familie Klinger“, Schausp. Die oben angeführten Stücke, mit Ausnahme: „Die Kriegskameraden“, „Der Vizekanzler“ und „Familie Klinger“, erschienen auch gesammelt unter d. Tit.: „Schauspiele“ (Frankfurt 1795 bis 1804, gr. 8°.). Man suche bei Kratter’s dramatischen Arbeiten nicht Tiefe in der Auffassung des historischen Stoffes, auch nicht poetische Verklärung; aber man wird bei ihm finden, was man bei so vielen Anderen vermißt, verständige Anlage, geschickte bühnengemäße Ausführung und richtiges Erfassen der herrschenden Geschmacksrichtung. Was seine übrigen Schriften anbelangt, so haben seine anonym erschienenen pasquillant gehaltenen „Briefe über den jetzigen Zustand Galiziens“ seiner Zeit großes Aufsehen erregt, wurden noch viele Jahre nachher, nachdem ihre Wirkung sich bereits abgeschwächt, viel gesucht und gelesen und haben dem Verfasser nicht geringe Ungelegenheiten bereitet. Immerhin aber behalten sie, da sie den Stempel der Wahrhaftigkeit an sich tragen, noch heute culturgeschichtliches Interesse.

Goedeke (Karl), Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Aus den Quellen (Hannover 1859, L. Ehlermann, 8°.) Bd. II, S. 1095, Nr. 619. [Goedeke führt „Die Verschwörung wider Peter den Großen“ und „Menzikoff und Natalie“ als zwei verschiedene Stücke, ersteres als Trauerspiel, letzteres als Schauspiel, an. In Wirklichkeit sind beide ein Stück, und zwar „Die Verschwörung wider Peter den Großen oder Menzikoff und Natalie“, und eine Fortsetzung des Stückes: „Das Mädchen von Marienburg“.] – Raßmann (Friedrich), Pantheon deutscher jetzt lebender Dichter und in die Belletristik eingreifender Schriftsteller (Helmstädt 1823, Fleckeisen, 8°.) S. 179. – Mnemosyne (Lemberger Unterhaltungsblatt und Beilage der deutschen Lemberger Zeitung) 1831, Nr. 45: „Erster und letzter Besuch bei Kratter“. [Bezeichnend in diesem Aufsatze ist im Hinblicke auf die noch herrschende Sucht, Dramen in gebundener Rede zu schreiben, folgende Stelle: „Es sei die Bemerkung gestattet, daß, obwol unbestreitbar die metrische Form die der dramatischen Darstellung am meisten würdige ist, doch die in Prosa geschriebenen Schauspiele damaliger Zeit keineswegs des prosodischen Reizes im weiteren Sinne ermangelten, und daß Kratter’s Arbeiten mit ebenso viel Bühnen- als Sprach- und euphonischen Kenntniß geschrieben waren, und sich also, namentlich sein „Mädchen von Marienburg“, länger auf der Bühne erhalten konnten als so manche in Versen geschriebenen Schauspiele und Tragödien der Neueren, welche in die metrische Form sich verhüllend ... alle Augenblicke in eine lyrische Begeisterung, eigentlich nur in einen mit Endreimen versehenen Gemeinplaz ausbrechen und so auf’s Neue den Satz bewähren, wie schwer es sey, eine gute Prosa zu schreiben und nur zu leicht einen mittelmäßigen Vers zu schmieden.“] – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliograph. Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, Abtheilung 1, S. 55. [Daselbst wird Kratter zu einem Theatercassierer in Bamberg und seit 1795 zum Theaterdirector in Bamberg gemacht. Dieser Irrthum ist leicht aus dem durch schlechte Schrift veranlaßten Druckfehler Bamberg statt Lemberg entstanden.]