Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Král, Anton
Band: 13 (1865), ab Seite: 114. (Quelle)
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Král, Janko (slovakischer Poet, geb. in Ungarn um das Jahr 1824). Eine jener merkwürdigen menschlichen Naturen, welche durch ihr räthselhaftes Wesen, ihr abenteuerliches Auftreten die Phantasie aufgeregter Naturen beschäftigen und noch bei Lebzeiten von den Zeitgenossen in ein Dunkel gehüllt werden, das zu lüften einer späteren Zeit überlassen bleiben muß, obwohl es sehr zweifelhaft ist, ob es auch gelüftet werden wird. Ueber seinen Geburtsort, seine Eltern, seine Kinderjahre fehlen alle Nachrichten. Man weiß nur soviel, daß er die Jugend zu Turec, einer kleinen Ortschaft in Oberungarn, verlebte und daß er im Jahre 1848 etwa 24 Jahre alt gewesen sein mochte. Der Vater, ein ungarisch-slavischer Bauer, scheint früh gestorben zu sein, denn Janko gedachte seiner kaum, der Mutter aber war er zugethan mit kindlicher Liebe. Das Leben, das er führte, war abenteuerlich. Er kam und ging, Niemand wußte woher und wohin. Unter den Felsen des Tatragebirges schien er heimischer zu sein, als an irgend einer von Menschen bewohnten Stätte. Wenn er sich aber einmal unter Menschen sehen ließ, so war es nicht für lange. Im Volke lebte seine Erscheinung so nachhaltig, daß, wenn er irgendwo ankam, es von Mund zu Mund wie ein Lauffeuer ging: Janko Král ist da. Am öftesten wurde er jedoch in Pesth gesehen. So wanderte er wie Ahasver von Ort zu Ort und wenn den Gerüchten, die über ihn umgingen, Glauben zu schenken ist, so hatte er seine Wanderungen bis nach Bessarabien erstreckt, wo er mit den Hirten der dortigen Steppen die Tage mit Gesang und Märchenerzählen verlebte. Auch brachte er von dort eine Sammlung bessarabischer Lieder und Märchen mit. Um die Zeit seiner Rückkehr verlor er die Mutter durch den Tod, und er widmete dem Andenken der Unvergeßlichen ein tiefempfundenes Gedicht, welches im „Besednik“, einer Beilage des Journals „Moravské Noviny“ abgedruckt gewesen sein soll. Die Sangsgenossen seines Volkes suchten ihn, wenn sie seine Anwesenheit wußten, öfter auf, und es kamen Kollar, Stur und Andere zu ihm; [115] wenn sie ihn aber antrafen, so fanden sie ihn auf dem Boden liegend, mitten in einer oft so dichten Rauchwolke, daß man seine körperlichen Umrisse kaum zu unterscheiden im Stande war. Rauchen schien sein eigentliches Lebenselement. Seine Kenntnisse waren ungewöhnlicher Art; er sprach das Ungarische wie ein geborner Magyar und ein von ihm in magyarischer Sprache verfaßtes Gedicht wird noch heut’ als Volkslied gesungen; überdieß verstand er das Französische und Englische. Shakespeare kannte er fast auswendig, übrigens besaß er keine Bücher. Als er einmal ein solches geschenkt erhielt – es war eine Sammlung ukrainischer Volkslieder – und ihn Jemand um dasselbe ersuchte, erwiederte er ihm: „Ich habe es schon gelesen und es dann im Kaffeehause liegen gelassen, vielleicht findet es dort Jemand, dem es mehr nützt als mir“. Als die ungarische Revolution ausbrach, wurde er von den Magyaren, deren entschiedener Gegner er war, verfolgt, gefangen und zum Strange verurtheilt. Vor der Vollstreckung des Urtheils erbat er sich nur die Erlaubniß, noch eine Anrede an die Versammlung halten zu dürfen. Dieß wurde ihm gewährt und nun hielt er in magyarischer Sprache eine Rede von solcher Wirksamkeit, daß man ihn sofort wieder frei gab. Nun aber hielt er sich doch nicht mehr sicher im Vaterlande. Er floh zu seinen Freunden nach Mähren, lebte dort einige Monate versteckt und pflegte die im Kampfe empfangenen Wunden. Eines Tages aber verließ er heimlich das Haus und ließ ein Schreiben zurück, worin er als Grund seiner Entfernung nichts weiter angab, als daß er so braven Leuten nicht länger zur Last sein könne. Von dieser Zeit an ist er spurlos verschwunden und Niemand weiß es, ob er noch und wo er lebt. Seine Dichtungen, meist Improvisationen, sind nicht gesammelt. Nicht selten schrieb er sie selbst nieder; wenn er aber zu Ende war, vernichtete er Alles selbst. Nur Einiges ist hie und da gedruckt, und aus diesen Fragmenten seiner Muse spricht ein tiefer poetischer Geist in eigenthümlicher gewaltiger Art. Er selbst hielt seine Arbeiten versteckt und ließ unter keiner Bedingung den Druck derselben zu, ja einen seiner Freunde drohte er zu erschießen, wenn er es wagen sollte, die Dichtungen, ungefeilt wie sie waren, zu veröffentlichen. Nach Rittersberg’s „Kapesní slovníček“ wäre aber Král im Jahre 1850 zum Stuhlrichter des Neograder Comitates in Ungarn bestellt worden, welche Mittheilung mit der obigen seines spurlosen Verschwindens nicht zusammenstimmt. In neuester Zeit erst erließ sein ungenannter Biograph in der „Pravda“ eine Aufforderung an Alle, die Král gekannt und etwas Näheres über ihn wüßten, Nachricht davon zu geben, so wie jene, die Gedichte von ihm besitzen. dieselben zu veröffentlichen, um das Andenken an diesen nationalen Dichter zu erhalten. Dieser Aufruf hat bereits Früchte getragen; das in Olmütz erscheinende Blatt „Morava“, das im Jahre 1864 zu erscheinen begann, theilt schon in Nr. 70 Findlinge (Vinatky) des Janko Král mit und setzt deren Mittheilung in den Nummern 71, 72, 74, 78, 81, 83 fort. Es sind Dichtungen eines bedeutenden Talentes.

Pravda, spis politický a literární, d. i. die Wahrheit, politische und literarische Zeitschrift (Prag, 8°.) I. Jahrg. (1863), S. 16: „Janko Král. Úryvky ze života zapomenutého básníka“, d. i. Janko Král. Fragmente aus dem Leben eines verschollenen Poeten. – Rittersberg, Kapesní slovníček novinářský a konversační, d. i. Kleines Taschen-Conversations-Lexikon (Prag 1850, 12°.) Theil II, S. 294.