BLKÖ:Kinsky von Wchinitz und Tettau, Wenzel (III.)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 11 (1864), ab Seite: 284. (Quelle)
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30. Wenzel (III.) (geb. 1572, gest. 28. Februar 1626), ein durch seine Schicksale besonders denkwürdiger Sproße des mächtigen Adelsgeschlechtes. Der älteste Sohn Johann’s des Aelteren [s. d. S. 280, Nr. 13] aus dessen Ehe mit Anna Pausar von Michnicz. Kaum 24 Jahre alt, war er Kämmerer und Rath des Königs Mathias von Ungarn. Eingedenk der seinem Vater Johann angethanen Unbilde, trug er einen unversöhnlichen Haß gegen Kaiser Rudolph und schloß sich an König Mathias an, dem er sich verbindlich machte, seinen ganzen Einfluß aufzubieten, ihm die Krone Böhmens zu verschaffen, wogegen ihm Mathias die böhmischen Krongüter Chlumec und Kolin in’s Eigenthum zu überlassen versprach. Bei dem Einfalle der Passauer im Jahre 1611 bewährte er sich ebenso durch seinen Muth als seine Klugheit. Der Pöbel, unter dem Vorwande, die versprengten Passauer aufzusuchen, begann bereits zu rauben und zu morden. Da war es Wenzel, der mit seinen Brüdern vereint an der Spitze eines Haufens ständischer Truppen diesem Vorgehen Einhalt that und die Jesuiten in der Altstadt beschützte. Als die utraquistischen Stände eine Deputation an den König Mathias entsendeten, die ihn aufforderte, nach Böhmen zu kommen, um das im Lande hausende Passauer Kriegsvolk aus demselben zu vertreiben, befand sich K. bei derselben. Bemerkenswerth ist es, daß die utraquistischen Stände ihn, der Katholik war, wählten; auch schildert Graf Slawata in seinen Schriften – welche Folkmann zu benützen Gelegenheit gehabt – Wenzel’s Auftreten in den utraquistischen Versammlungen in sehr zweideutiger Weise. Slawata aber ist – was hier schwer in die Wagschale fällt – Wenzel’s politischer Gegner. Als aber Mathias in’s Land kam und die Schenkung der beiden Krongüter ruchbar wurde, widersetzten sich die Stände gegen diesen Vorgang und erklärten Wenzeln als einen Landesverräther, der aus Eigennutz seinen rechtmäßigen König verrathen und bei dessen Lebzelten einem andern ohne Zuziehung der Stände die Krone Böhmens versprochen habe. Die Untersuchung gegen Wenzel wurde auf das Strengste geführt und er zum Verluste seiner Ehre, seines Lebens und seiner Güter verurtheilt. Auf vielfache Fürbitten wurde Wenzel von Kaiser Mathias zur ewigen Haft begnadigt. Er kam nun auf die Festung Glatz, wohin ihn sein Beichtvater und seine Gemalin begleiten durften. Nach einjähriger Haft rettete er sich durch Flucht. Er hatte in seinem Kerker sich einen Altar errichtet und hinter demselben allmälig die Steine herausgehoben So gelangte er auf das Dach und von diesem mittelst Strickleiter in’s Freie, wo ihn bereits ein Pferd zur weiteren Flucht erwartete. Er begab sich nun nach Krakau und ließ sich, 45 Jahre alt, auf der dortigen Hochschule als Student einschreiben. Seine Flucht wurde bekannt und auf ihn ein großer Preis gesetzt. Als aber im Jahre 1618 die dem Habsburgischen Fürstenhause feindliche ständische Bewegung in Böhmen ausbrach, begab er sich dahin und gewann die Stände für sich, indem er ihnen versprach, nie mehr zu Gunsten der Dynastie aufzutreten. Indessen hatte er sich früher schon insgeheim mit Ferdinand II. in Correspondenz gesetzt und den König gebeten, er möge Alles, was auf den böhmischen Landtagen 1615 und 1616 gegen ihn vorgebracht und beschlossen worden, annulliren. König Ferdinand wollte sich vor der Hand zu nichts verbindlich machen, erklärte sich aber bereit, seiner Zeit Alles, was zu Gunsten Wenzel’s durchzusetzen sein werde, zu ratificiren. Als die utraquistischen Stände, die ihrem Genossen nicht trauten [285] und ihn scharf beobachteten, von allen diesen Vorgängen Kunde erhielten, belagerten sie Wenzeln mit Hilfe seiner eigenen utraquistischen Unterthanen in seinem Schlosse zu Chlumec, nahmen ihn gefangen und brachten ihn in scharfe Haft. Wie es ihm dießmal ergangen wäre, wenn nicht durch die Schlacht am weißen Berge (1. November 1620) die Macht der böhmischen Utraquisten gebrochen und Wenzel aus seiner Haft befreit worden wäre, läßt sich schwer bestimmen. Bei diesem, den Katholiken so günstigen Umschwunge der Dinge wurde von König Ferdinand II. ihm und seinen Erben der Besitz der Herrschaft Chlumec nicht nur von Neuem bestätigt, sondern ihm im Jahre 1622 auch mehrere der den utraquistischen Ständen confiscirten Güter verliehen. Nicht lange überlebte K. den ihm so günstigen Glückswechsel, denn bereits im Jahre 1626 starb er, 54 Jahre alt, zu Brünn. Mit Elisabeth Kragíř von Kraigk, einer verwitweten Hofkirchen, vermält, hatte er nur einen Sohn, Johann Octavian [S. 281, Nr. 16], den ersten Grafen des Hauses Kinsky. –