Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 10 (1863), ab Seite: 463. (Quelle)
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Kara Djiordje, oder der schwarze Georg von Serbien (Fürst von Serbien, geb. zu Wischnjewzi bei Kragujewac um 1770, enthauptet zu Belgrad 1817). Er heißt eigentlich Georg Petrowitsch, d. i. Sohn des Peter, wie sein Vater hieß, erhielt aber in Folge des an seinem Vater begangenen Mordes den Namen des schwarzen (d. i. bösen) Georg, oder wie die Türken ihn riefen: Kara Djiordje (Kara heißt schwarz) und die Slaven diese Bezeichnung übersetzten: Czerny Georg (sprich: Tschernischorsch). In früher Jugend schon zeigte K. großen Haß gegen die Türken und hatte, kaum den Knabenjahren entwachsen, einen Türken erschlagen. Er mußte nun fliehen, wollte auch seinen Vater zur Flucht bewegen und schoß diesen, als er sich weigerte, nieder, wie ein unverbürgtes Gerücht wissen will, um ihn der Rache der Türken zu entziehen. Nun suchte und fand er Schutz auf österreichischem Gebiete, trat um 1787 in ein kaiserliches Freicorps, wurde Unterofficier in demselben und verließ nach dem Sistower Frieden 1791, nachdem er es zum Feldwebel gebracht, die kaiserlichen Dienste, worauf er in seine Heimat zurückkehrte. Nach Anderen wäre er als Feldwebel mit seinem Hauptmanne in Streit gerathen und hätte denselben, wie einst seinen Vater, getödtet, worauf er, wie einige Jahre früher in Oesterreich, so jetzt in seiner Heimat Zuflucht vor den Verfolgungen gefunden habe. Einige Zeit führte er daselbst ein Haidukenleben, d. h. er kämpfte in den Gebirgen gegen die Türken; als aber unter Hadschi Mustapha Pascha’s humaner Verwaltung das Land allmälig der Segnungen des Friedens sich zu erfreuen begann, wurde auch K. anderen Sinnes, kehrte in’s Vaterhaus zurück und befaßte sich mit dem Viehhandel. Die neue Ordnung der Dinge war jedoch in Serbien nicht von Dauer, die Janitscharen begannen wieder ihre unheilvolle Wirthschaft, Kara Mustapha Pascha wurde ermordet, und ein Regiment des Schreckens, wie nie vorher, begann im Lande zu wüthen. Da trat K. den Gewaltthätern entgegen und bald sah er sich von den Massen der Bedrückten umgeben, die ihn als ihren Führer an die Spitze stellten. K. wurde Commandant von Serbien. Wie die Gestalt irgend eines gewaltigen Helden des Alterthums, so großartig, aber weit grauenvoller, tritt jene Kara Djiordje’s hervor in den Kämpfen um die Befreiung seines Vaterlandes vom türkischen Joche, welche in der Eroberung Belgrads ihren Höhenpunct erreichten. Nachdem Kara Djiordje oberster Führer der Nation, von Seite Rußlands als solcher anerkannt worden war, und in den später [464] ausgebrochenen Wirren die unbegreifliche, mit seinem bisherigen Charakter unvereinbare Rolle eines unentschlossenen Schwächlings gespielt hatte, floh er, nachdem er keine andere Rettung sah, am 2. October 1813 wieder auf österreichisches Gebiet, alle Errungenschaften der Freiheitskämpfe von 9 Jahren preisgebend und Serbien auf’s Neue den Bedrückungen der Pforte überliefernd. In Oesterreich wurde Kara Djiordje, der ehemalige Feldwebel, festgenommen und nach Gratz in Sicherheit gebracht. Nach einiger Zeit freigegeben, begab er sich nach Rußland, wo er zum kaiserlichen General-Lieutenant ernannt wurde und in St. Petersburg eine gute Aufnahme fand. Plötzlich erscheint Kara Djiordje im Frühjahr 1817 wieder in Serbien. Ueber die Ursache seiner Rückkehr in’s Vaterland wird Verschiedenes erzählt, nach Einigen habe er nur verborgene Schätze aufsuchen, nach anderen im russischen Interesse das Land wieder aufwiegeln wollen. Diesen letzteren Plan habe er nun dem Wojwoden Wuitza, seinem alten Gastfreunde, mitgetheilt, der ihm aus Gefälligkeit für Milosch, damaligen Fürsten von Serbien, im Schlafe den Kopf abhieb, und diesen an den Pascha in Belgrad ablieferte, welcher ihn nach Constantinopel sandte. Andere Quellen melden, Kara Djiordje sei von dem Pascha von Belgrad in Semendria gefangen genommen, enthauptet und sein Haupt nach Constantinopel gesendet worden.

Westermann’s Jahrbuch der illustrirten deutschen Monatshefte. Ein Familienbuch (Braunschweig, gr. 8°.) Bd. III (October 1857 bis März 1858), S. 244. – Gartenlaube. Illustrirtes Familienblatt (Leipzig, Keil, 4°.) Jahrg. 1859, S. 82: „Der schwarze Georg von Serbien“.