Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 10 (1863), ab Seite: 427. (Quelle)
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Kandler, Peter (Archäolog, geb. zu Triest im Mai 1804). Ueber das Leben dieses unermüdlichen Forschers, dem wie dem bereits verstorbenen Dr. Rossetti zunächst die Aufhellung der alten Geschichte und Topographie Triests und Istriens zu verdanken, ist nur sehr wenig bekannt. Dr. Kandler lebt in Triest als Advocat und zugleich Anwalt dieser Stadt; die Muße seines Berufes widmet er antiquarischen Forschungen über seine Vaterstadt und dehnt sie über sein ganzes Heimatland aus; er ist dort Director des Museums triestinischer Alterthümer, Conservator der Baudenkmale für das Küstenland und wurde in Anerkennung seiner Verdienste um das Gemeinwesen der Stadt Triest und um die Wissenschaft von Sr. Majestät mit dem Orden der eisernen Krone 3. Classe ausgezeichnet. Um die Alterthumskunde seines engern Vaterlandes, nämlich Triests und Istriens, besitzt er große Verdienste; er hat nicht nur manche alte verwitterte Inschrift kenntnißreich beschrieben und herausgegeben, er hat Monumente entdeckt, ausgegraben, entweder auf eigene Kosten, oder auf die mehrerer Privaten, die er für den Zweck der Archäologie zu gewinnen wußte, gerettet und zu Tage gefördert. Er hat junge Männer für diese Studien zu gewinnen gewußt und sie angeregt, mit ihm vereint Nachforschungen zur Auffindung und Erhaltung von Alterthümern im Lande anzustellen. Auch als Schriftsteller war K. in der genannten Richtung sehr thätig und hat bisher folgende Werke herausgegeben: „L’Istria, poema latino di Andrea Rapicio, Vescovo di Ttrieste“ (Pavia 1826), dieses Gedicht des Bischofs Rapicius, der im 17. Jahrhunderte lebte (gest. 1673), an Sigismund Grafen Herberstein gerichtet, ist seines geschichtlichen, die Stadt und das Gebiet von Triest betreffenden Inhalts wegen interessant; – „Relazione storica della Basilica di Santa Maria e San Giusto in Trieste“ [428] (ebd. 1843); – „Discorso in onore del Dr. Domenico de Rosetti“ (ebd. 1844); – „Guida al Forestiero nella Città di Trieste“ (Triest 1844); – „Cenni al Forestiero che visita Pola“ (Triest 1845); – „Cenni al Forestiero che visita Parenzo“ (Triest 1845), diese und die vorige Schrift erheben sich weit über den Charakter eines gewöhnlichen „Fremdenführers“, indem sie eine quellenmäßig gearbeitete Geschichte dieser Städte im Alterthume, im Mittelalter und in der neuen Zeit geben; als urkundliche Belege ihres Inhalts sind anzusehen und schließen sich daran: die „Atti istriani editi per cur adella Direzione del Museo di Antichità Tergestine. Vol. I. Puntata I. Statuti di Pola; Vol. II. Statuti di Parenzo“ (Triest 1843 und 1846), sie ergänzen und schließen gewissermaßen ab des Dr. Rossetti in 4 Bänden herausgegebenen, 1829–1837 erschienenen „Archeografo triestino“; – „L’Istria“, es ist dieß der Titel einer von Kandler im Jahre 1846 begonnenen Zeitschrift, in welcher Mittheilungen über die physische, administrative und kirchliche Geographie Istriens, über dessen Beziehungen zu den angrenzenden Ländergebieten, über seinen Handel und Ackerbau, seine Statistik und Geschichte gegeben, und diese durch Karten einzelner Gebiete, Grundrisse alter Bauten, Kirchen u. dgl. Abbildungen interessanter Oertlichkeiten u. s. w. erläutert und vervollständigt werden; als Beilage zur Istria erscheint der „Codice diplomatico istriano“, welcher eine wahre Fundgrube für den Historiker bildet; – „Pel fausto ingresso di Monsignor Vescovo S. Bartolomeo Legat nella sua chiesa di Trieste il di XVIII April MDCCCXLVII“ (ebd. 1847), eine Festschrift, die wie dieß in Italien üblich ist, bei feierlichen Gelegenheiten ausgegeben werden und manchmal nichtige Gedichte u. dgl., manchmal aber und nicht selten interessante literar-historische oder geschichtliche Abhandlungen, Abdrucke wichtiger Relationen, Briefe, Documente u. dgl. m. enthalten. Die erwähnte Festschrift Kandler’s enthält die Schicksale der Kirche von Triest, der Kirche von Aemona (Citta nuova) und der Kirche von Pedena; eine Abhandlung über die weltliche Herrschaft der Bischöfe von Triest im Mittelalter mit den Grundrissen mehrerer Kirchen, und der Abbildung von 20 Münzen u. a. m.; – „Documenti per servire alla conoscenza delle condizioni legali del municipio ed emporio di Trieste“ (ebd. 1848); – „Fasti sacri e profani di Trieste e dell’ Istria“ (ebd.); – „Statuti municipali del Comune di Trieste che portano in fronte l’anno 1150“ (Triest 1849); – „Indicazioni per riconoscere le cose storiche del Litorale“ (Triest 1855,4°.), zwar nur als manoscritto ad uso del Conservatore pel Litorale herausgegeben, aber eine wahre Fundgrube antiquarischer, durch sorgfältige Quellenforschung ermittelter Daten und ein werthvoller Beitrag zur Chronologie. Im October 1850 bereits trug ihm die kais. Akademie der Wissenschaften die Bearbeitung der Geographie des Landes zwischen der Etsch und der Culpa, dem adriatischen Meere und der Drau auf. K. unterzog sich auch dieser schönen Aufgabe, bei deren Lösung er an manche Hindernisse stieß und namentlich sich mehrere alte Handschriften, welche die Ambrosiana in Mailand besitzt, vergebens zu verschaffen suchte. In neuester Zeit erscheint die „Storia cronografica di Trieste dalla sua origine sino all’anno 1695 del Canonico Vincenzo Scussa Triestino cogli Annali [429] dal 1695 al 1848 del procuratore Civico Cav. Pietro D. Kandler. Prima edizione curata da F. Cameroni“ (Trieste1863, C. Coen, gr. 4°.); es sind bisher 10 Hefte mit mehreren (nicht eben entsprechenden) Lithographien erschienen. Kandler ist es auch, der das Municipalmuseum, welches dem in Triest (8. Juni 1768) ermordeten Winckelmann zu Ehren dessen Namen erhielt, der Erste angeregt und in’s Leben gerufen hat. Kandler wurde am 2. Juli 1853 zum wirklichen Mitgliede der philosophisch-historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften ernannt, ist aber überdieß correspondirendes Mitglied der königlichen Akademie der Wissenschaften in Turin, des Istituto di corrispondenza archaeologica zu Rom, der archäologischen Gesellschaft zu Athen, der historischen Vereine für Kärnthen, Krain, Steiermark, Croatien u. a. und Ehrenbürger von Pirano und Mantua.

Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (Wien, Staatsdruckerei, gr. 8°.) Bd. IV (Jahrg. 1850), S. 78–86; S. 105 bis 107; S. 147–151; S. 173–184; Bd. V, S. 166; Bd. VII, S. 66. – Wanderer (Wiener Unterhaltungsblatt, 4°.) Jahrg. 1842, S. 549. – Frankl (L. A. Dr.), Sonntagsblätter (Wien, 8°.) Jahrg. 1842, S. 636. – Wurzbach von Tannenberg (Constant Dr.), Bibliographisch-statistische Uebersicht der Literatur des österreichischen Kaiserstaates (Wien, Staatsdruckerei, gr. 8°.) III. Bericht (1855), S. 650, Marg. 21.119–21.155. – Oesterreichische Blätter für Literatur und Kunst (Beilage der Wiener Zeitung) 1855, Nr. 27. – Osservatore Triestino (polit. Blatt, Fol.) 1855, Nr. 145 u. 146. – Porträt. Mit dem Facsimile der Unterschrift: P. Kandler. Dauthage (lith.) 1854. Gedr. bei Jos. Stoufs (Wien, bei Joseph Bermann, Halbfol.).