Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kager, Karl von
Band: 10 (1863), ab Seite: 352. (Quelle)
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Kästner, Victor (Dialectdichter, geb. zu Kerz in Siebenbürgen im Jahre 1826, gest. zu Hermannstadt 29. August 1857). Sohn des evangelischen Pfarrers J. D. Kästner zu Neudorf. Sein Geburtsort Kerz, eine deutsche Sprachinsel mitten unter romänischen Dörfern, hat noch das deutsche kernhafte Wesen der alten Sachsencolonien bewahrt. Dieser Umstand wie die herrliche romantische Lage des von den Riesenkuppen der Karpathen umschlossenen Dörfchens haben seinen Sinn für die Poesie geweckt und derselben die Richtung gegeben, in welcher er als Poet in siebenbürgisch-sächsischer Mundart eigenthümlich und bisher auch einzig dasteht. Er besuchte das Gymnasium zu Hermannstadt und hörte 1845–1847 die Rechtsstudien an der juridischen Facultät ebenda. Nach deren Beendung trat er bei der politischen Nationalbehörde m Hermannstadt als Kanzellist ein und 1852 in die finanzielle Amtssphäre über, rückte in Bälde zum Concipisten und Bezirkscommissär vor und that die letzten Jahre vor seinem Tode, der ihn im schönsten Alter von 31 Jahren ereilte, die Dienste eines Präsidialsecretärs. Bis an sein Lebensende blieb er der Muse treu, der er in jungen Jahren zu huldigen begonnen hatte. Aber lange kam nichts in die Oeffentlichkeit; erst im Jahre 1850 gelang es der theilnehmenden Zusprache des Schulrathes Schuller, ihn zur Mittheilung einer Ballade zu bewegen, welche in Schuller’s Sylvestergabe für 1851: „Ueber die Herkunft der Sachsen“, abgedruckt steht. Seitdem las er mehrere seiner Dialectdichtungen, wie: „Die Herbstfäden“, „Der Gebirgssee“, „Der Weihnachts- und Neujahrsmann“ im Hermannstädter Zweigverein für Siebenbürgische Landeskunde vor. Außer einigen zerstreut gedruckten Gedichten ist noch eine „Zusammenstellung der geschichtlichen Daten über die Kerzer Abtei und die sich an dieselbe knüpfenden Sagen“ (in den Blättern für Geist, Gemüth u. s. w. 1851, S. 137 u. f.) erschienen. Aus seinem Nachlasse wurden die „Sächsischen Gedichte“ (Hermannstadt 1862, 8°.) herausgegeben; es sind dieß seine im sächsisch-altenburgischen Volksdialect geschriebenen Gedichte; ungedruckt sind noch eine Sammlung sächsischer Sprüche und Redensarten, und ein Idiotikon, wovon aber nur Anfänge vorhanden, aus welchen ersichtlich ist, daß er es wissenschaftlich angelegt habe. Ist schon der poetische Werth von Kästner’s Dichtung nicht gering – wenn auch nicht so ungeheuer [353] groß, als er von einigen Freunden gemacht wird – so sichert ihm vornehmlich der Umstand eine Stelle in der Literaturgeschichte, daß er der Erste es gewagt, seine Leier in den Tönen des als unmelodisch verschrieenen siebenbürgisch-sächsischen Dialectes und zwar durch alle Tonarten erklingen zu lassen. Er hat durch seine Dichtungen die Eignung dieser Mundart zu poetischer Behandlung aller im Bereiche der Dichtkunst gelegenen Stoffe dargethan. Die vor ihm gemachten Versuche beschränken sich nur auf launige Themen und waren meist Gelegenheitsgedichte. Schon seit dem Jahre 1853 verheirathet, hinterließ er eine Witwe mit zwei Kindern, Sohn und Tochter. Wie tüchtig der Poet als Beamter gewesen, beweist der Ausspruch seines Chefs, des Grafen Beldi, der dem Todten nachrühmte: „er habe mit ihm seine rechte Hand verloren“.

Frommann (G. Karl Dr.). Die deutschen Mundarten. Eine Monatschrift für Dichtung, Forschung u. s. w. (Nürnberg, v. Ebner, gr. 8°.) IV. Jahrg. (1857), S. 397–416. – Blätter für Geist, Gemüth und Vaterlandskunde (Kronstadt, kl. 4°.) XV. Jahrgang (1857), Nr. 37 und 38: „Victor Kästner“, von Johann Rohrmüller. – Vierteljahrschrift für Seelenlehre, herausg. von Heinrich Neugeboren (Kronstadt 1859), 3. Heft: „Kästner’s Biographie“, von Dr. Eugen von Trauschenfels. – Transsylvania (Hermannstadt, 4°.) 1859, Nr. 6. – Oesterreichisches Morgenblatt, herausg. von Isidor Gaiger (Prag, kl. Fol.) 1858, Nr. 47–49: „Victor Kästner, ein siebenbürgisch-sächsischer Dialectdichter“, von Eugen von Trauschenfels. [Bemerkenswerth ist, daß dieser Aufsatz von Trauschenfels mit dem in den „Blättern für Geist und Gemüth“ von Johann Rohrmüller mitgetheilten identisch ist. Sind Trauschenfels und Rohrmüller eine und dieselbe Person?] – Hermannstädter Zeitung 1862, Nr. 285.