Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Jacini, Paul
Band: 10 (1863), ab Seite: 14. (Quelle)
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Jacini, Stephan (Nationalökonom, geb. zu Casalbuttano bei Cremona im Jahre 1827). Sohn reicher Eltern, der in dem Fellenberg’schen Institut zu Hofwyl in der Schweiz seine Ausbildung erhielt. Nach dem Austritte aus dieser Anstalt hörte er die Rechte und trieb vornehmlich staatswirthschaftliche Studien, dann unternahm er eine wissenschaftliche Reise durch Europa und den Orient, und durch eigene Anschauung und Kennenlernen der socialen Verhältnisse verschiedener Völker erweiterte er seine Kenntnisse und festigte seine Grundsätze. Nach seiner Rückkehr in die Heimat, in welcher mittlerweile nach den Ereignissen der Jahre 1848 und 1849 einerseits die Zustände sich zu klären, andererseits Eifer und wissenschaftliches Streben sich zu steigern begannen, lag er staatswissenschaftlichen Studien ob und unterzog sich der Bearbeitung der von dem Mailänder Vereine zur Beförderung der Wissenschaften, Literatur und Künste 1851 ausgeschriebenen Preisaufgabe: Den Zustand der ackertreibenden Classen und deren Verhältniß zu den anderen Classen der Gesellschaft in der Lombardie darzustellen. Die von Jacini eingesendete Arbeit erhielt den Preis und erschien unter dem Tit.: „La proprietá fondiaria e le popolazioni agricole in Lombardia“ (Mailand 1854), im Drucke. In meisterhafter Weise schildert Jacini darin den Einfluß, welchen die landwirthschaftlichen Verhältnisse auf den Geist wie die sociale und politische Entwicklung der Völker üben, dann die allgemeinen Zustände, in welchen sich die Grundbesitzer und die ackerbautreibenden Bewohner der Lombardie befinden und gibt zuletzt die Mittel an, wie die Interessen der lombardischen Bevölkerung gehoben und befördert werden können. Das Buch erregte Aufsehen, drei starke Auflagen erschienen in Mailand in kurzer Zeit; Professor Ferrara nahm es in die „Biblioteca degli Economisti“, eine zu Turin erscheinende bändereiche Sammlung, auf, eine deutsche Uebersetzung unter dem Titel: „Ueber das Grundeigenthum und die ackerbautreibende Bevölkerung in der Lombardie“, wurde ausgegeben, und Courceil de Seneuil begann eine französische Bearbeitung; das I. R. Istituto lombardo di scienze lettere ed arti wählte aber den 30jährigen Verfasser zu seinem wirklichen Mitgliede. Dieser Schrift folgten bald andere Arbeiten: über das materielle Wohl der Lombardie, über Staatswirthschaft als Einleitung zu neuen Werken über Ethnographie und eine Denkschrift über den Zustand des Veltlin im Jahre 1858. [15] Diese letztere Arbeit unternahm J. auf Wunsch des Erzherzog Statthalters, Ferdinand Max, dem es daran gelegen war die wahren Ursachen der zunehmenden Verarmung des Veltlins zu vernehmen. Mit vollem Freimuth, jedoch von jeder politischen Tendenz sich fern haltend, gab J. eine getreue Darstellung des traurigen Zustandes und zugleich die Mittel an, wie denselben abzuhelfen sei. Der Erzherzog ging sogleich daran, die Abhilfen zu schaffen, aber die politischen Ereignisse überholten dieses Vorhaben. Die Lombardie war für Oesterreich verloren, ehe etwas Eingreifendes in der Sache geschehen konnte. Von den neuen Gewalthabern wurde Jacini öfter nach Turin berufen und zu Rathe gezogen, und als im Jänner 1860 nach dem Sturze des Ministeriums Ratazzi Cavour ein neues Cabinet bildete, wurde J. das Finanzministerium angeboten; dieses ausschlagend, nahm er das der öffentlichen Arbeiten an, und seine der bald darauf eröffneten Kammer 1860 vorgelegten Gesetzentwürfe fanden eine günstige Aufnahme.

Wurzbach von Tannenberg (Constant Dr.), Bibliographisch-statistische Uebersicht der Literatur des österreichischen Kaiserstaates (Wien, Staatsdruckerei, gr. 8°.) Zweiter Bericht (1854), S. 200, Marginal 6042–6055. – Männer der Zeit, Biographisches Lexikon der Gegenwart (Leipzig, Carl B. Lorck, 4°.) Bd. II, Sp. 261. –