Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 3 (1858), ab Seite: 320. (Quelle)
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Dittrich, Joseph (Bischof von Corycus, apostol. Vicar im Königreiche Sachsen, geb. zu Marschen bei Mariaschein in Böhmen 25. April 1794, gest. 5. Oct. 1853). Besuchte anfänglich die Landschule seines Geburtsortes, dann das Gymnasium zu Leitmeritz und später das akademische Gymnasium zu Prag, wo er auch die Philosophie absolvirte. Aus dem ärmlichsten Hause in die Studien getreten, entwickelte er einen beispiellosen Fleiß; in eiskalter Kammer und oft mit bloßem Brode sich begnügend, hatte er sich in Prag mühselig fortgebracht. Die Theologie begann und vollendete er im Alumnate zu Leitmeritz, und am 20. Aug. 1818 erhielt er die Priesterweihe. Von Wien, wohin er zur Vollendung des höheren theolog. Cursus gesendet worden [321] war, kehrte er bereits 1820 nach Böhmen zurück und wurde von seinem Bischofe zur Seelsorge in Postelberg verwendet. 1824 berief ihn Bernard Mauermann, Bischof und apostol. Vicar in Dresden, nach Sachsen und ernannte ihn zum Director der katholischen Schulen in Leipzig. 1827 erhielt er den Auftrag, das kathol. Schulwesen in Dresden dem Bedürfnisse der Zeit gemäß einzurichten. Er organisirte eine Haupt- und Freischule, leitete beide Anstalten, unterrichtete selbst, bis er 1830 Vicariatsrath und 1831 königl. Hofprediger wurde. Als solcher fungirte er bis 1838 und bewährte sich als einer der ausgezeichnetsten Kanzelredner. Im J. 1833 hatte er den Religionsunterricht der kön. Prinzen und Prinzessinnen übernommen. Zugleich half er einem im protestantischen Lande für die Katholiken sehr fühlbaren Uebelstande ab. Es waren nämlich Tausende Katholiken zerstreut, welche weit weg von jeder Seelsorgerstation lebten und keine Gelegenheit hatten, die gottesdienstliche Feier ihrer Kirche zu besuchen und die heiligen Sacramente zu empfangen. Bei den geistlichen und weltlichen Behörden machte nun D. seinen ganzen Einfluß geltend, es wurden über seine Anregung Missionsstationen errichtet, die wenigstens etliche Male im Jahre von den zunächst gelegenen Pfarrgeistlichen besucht werden müssen. Im Jahre 1854 zählte man bereits 18 solcher Stationen. Dittrich selbst hielt in den entlegensten Gegenden Missionen. Im Jahre 1841 wählten ihn Prinz Johann, dermalen König von Sachsen, und seine erlauchte Gemalin zu ihrem Seelenfreunde und Beichtvater. Das Domstift St. Peter zu Budissin ernannte ihn 1844 zu seinem Mitgliede, am 20. Febr. 1845 zum Domdecan. Zu gleicher Zeit verlieh ihm Se. Maj. der König das Ritterkreuz des kön. sächs. Civil-Verdienstordens. Bis zu D.’s Wahl hatte sich Oesterreich die Oberaufsicht über die in der Lausitz vorhandenen 3 Stifte: das Domstift und die weibl. Cistercienserstifte zu Marienstern und Marienthal reservirt. Dittrichs zwei Vorgänger: Mauermann u. Kutschank wurden nur in Gegenwart des kön. Commissärs gewählt, doch nicht ohne nachdrückliche Protestation von Seite der österr. Regierung. Bei Dittrichs Wahl fand nicht nur kein Protest Statt, sondern Oesterreich entsagte im nämlichen Jahre jeder Einmischung in die inneren und äußeren Angelegenheiten des Domstiftes und aller Einflußnahme auf die Wahl ihres Vorstehers. Nach Mauermanns Tode wurde Dittrich auf vereinigte Bitten des sächs. Clerus als apostol. Vicarius Sachsens von dem Könige in Vorschlag gebracht und mit päpstl. Breve vom 20. April 1846 dazu und zugleich zum Bischofe von Corycus ernannt und in der St. Nikolauskirche zu Prag feierlich consecrirt. Dittrich vereinigte nun die zwei höchsten geistlichen Würden im Königreiche Sachsen, die des apostol. Vicars für die Erblande und des Administrators für die Oberlausitz, in seiner Person. Mit weiser Umsicht, von schönen Erfolgen begleitet, verwaltete D. seine hohen geistlichen Aemter. Er bereiste fleißig die Pfarr- und Schulbezirke, nahm von Allem selbst Einsicht, stellte Gebrechen ab und förderte mit den entsprechendsten Mitteln den Unterricht. In Consistorialsachen arbeitete er die wichtigeren eigenhändig aus, schloß den Vertrag mit den beiden in der Lausitz bestehenden Klöstern, welche die Exemtion über die Gebühr bis zur Verletzung der Administrationsrechte ausdehnten, im J. 1849 glücklich ab; besiegte die zahlreichen Hindernisse, welche sich der Errichtung katholischer Schulen im protestantischen Lande entgegenstellten und gründete selbst eine solche zu Reichenau bei Zittau; errichtete, um Schullehrer zu bilden, im J. 1851 ein kathol. Schullehrerseminar [322] zu Budissin, wozu ihm die von einer Convertitin ausgesetzte ansehnliche Stiftung von 30,000 Thlrn. das Stammcapital lieferte, welches er aus seinem eigenen Vermögen ergänzte. Zu gleicher Zeit beschäftigte ihn der Bau zweier Kirchen, einer zu Leipzig und einer in der Neustadt zu Dresden. Für erstere bewilligte die östr. Regierung eine Sammlung in ihren Staaten. Auch errichtete D. ein ansehnliches Gebäude für die kathol. Hauptschule zu Altstadt Dresden. Ferner wirkte D. als Mitglied der ersten Kammer der Ständeversammlung seit dem J. 1845 für seine Kirche. Er war außer dem Prinzen Johann der einzige Katholik in der Versammlung. Namentlich während der „deutsch-katholischen Agitation“ entwickelte D. eine ersprießliche Thätigkeit. Seit mehreren Jahren bereits leidend – in Folge von Ueberbürdung an Geschäften – vollzog er noch am 19. Juli 1853 die Vermälung des Prinzen Albert mit der Prinzessin Wasa, worauf er das Comthurkreuz des sächs. Civilverdienst-Ordens erhielt; dann sanken seine Kräfte von Tag zu Tag, bis der Tod sein Leiden endete. Sein Leichenzug, dem alle Confessionen beiwohnten und dem die königl. Prinzen Johann und Albert das Geleite gaben, war ein herrliches Zeugniß für die Achtung und Verehrung, welcher sich D. in allen Kreisen erfreute. Das kleine Vermögen, welches sich D. erspart, hatte er theils bei Lebzeiten dem von ihm gestifteten Lehrerseminar geschenkt, theils für den Bau einer zu Neuleutersdorf in der Oberlausitz zu gründenden Kirche bei dem Domstifte niedergelegt. Seine reiche Bibliothek sollte zu Folge letztwilliger Bestimmung so vertheilt werden, daß ein Theil dem Oberlausitzer Seminar zu Prag, ein zweiter dem Lehrerseminar zu Budissin, ein dritter der Capitalsbibliothek zufalle, ein vierter endlich, die Werke über das canonische Recht enthaltend, zur Begründung einer Bibliothek für das Budissiner Consistorium diene. Im Drucke gab D., außer den Schulprogrammen, die er als Director veröffentlichte, den Pastoralbriefen, die er für die Gemeinde schrieb und einigen Gelegenheitsreden, nichts heraus. In Handschrift hinterließ er eine Religionslehre, eine biblische Geschichte, die er zum Behufe des Unterrichtes für die jungen Prinzen aufgesetzt, und eine Reihe ausgezeichneter Predigten. Einige davon sind in dem von Emilian Veverka (čechische Schreibart) herausgegebenen Sammelwerke: „Sbírka vykladů a kázaní“, d. i. Sammlung von Auslegungen und Predigten (Prag, Rohliček, 8°.) und in dem in den Quellen angegebenen Werkchen desselben Herausgebers erschienen.

Wewerka (Emilian), Eilf Reden des seligen Joseph Dittrich (Regensburg 1854, Manz, 8°.) Voran geht S. V–XVIII „Bischof Dittrichs Biographie.“ [Diese 11 Reden hatte Dittrich noch bei Lebzeiten dem Herausgeber als Beitrag zu einem homiletischen Sammelwerke überlassen. Die voranstehende Biographie ist – einige Zusätze abgerechnet – aus der Feder des hochw. H. Domscholaster Dr. Přihonský in Budissin.) – Steger (Dr. Fr.), Ergänzungs-Conversations-Lexikon (Leipzig und Meißen, 8°.) IX. Bd. S. 555.