Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
De Baut
Nächster>>>
Debreczeni, Martin
Band: 3 (1858), ab Seite: 188. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Louis Antoine Debrauz de Saldapenna in der Wikipedia
Louis Antoine Debrauz de Saldapenna in Wikidata
GND-Eintrag: 11604232X, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Debrauz, Alois|3|188|}}

Debrauz, Alois (Publicist, geb. zu Triest 2. Juni 1811).[BN 1] Besuchte das Gymnasium zu Laibach, die philosophischen Collegien zu Mailand und die Universität zur Vollendung der Rechte in Wien und Paris. Nach erlangter Doctorswürde trat er bei dem Civil- und Criminalgerichte in Mailand in den Staatsdienst, welchen er aber, einem unwiderstehlichen Drange, die Welt zu sehen, folgend, schon 1837 wieder verließ. Er besuchte zuerst die italienische Halbinsel, lebte dann acht Jahre in Neapel, wo er mit politischen und diplomatischen Notabilitäten in Verkehr trat und sich endlich auf den Rath Mehrerer derselben für die publicistische Laufbahn entschied und seinen Aufenthalt in Paris nahm. Dort seit Juni 1838 mit der Tochter eines hohen Officiers der napoleonischen Armee vermält, war er einer der thätigsten Redacteure des von Emil Girardin gegründeten Journals „La Presse“, welches als Hauptorgan des echt conservativen Kabinets Molé gegen die parlamentarische Coalition mit großer Energie in die Schranken trat. Als in Folge des Vertrages vom 15. Juni 1840 das Cabinet Thiers Deutschland mit dem Kriege bedrohte, unternahmen Debrauz, Girardin und Lamartine einen so gewaltigen Kampf gegen das Ministerium Thiers, daß letzteres wirklich gestürzt wurde. Aus dieser Zeit datirt die Verbindung des Publicisten Debrauz mit Guizot, der an der Stelle Thiers das Portefeuille des Aeußern übernahm. Als am 13. Juni 1841 der Herzog von Orleans so unglücklich hinweggerafft wurde und die Regentschaftsfrage an die Tagesordnung trat, erschien von D. die [189] Brochure: „La Question de la Régence, exposée d’après les principes du droit et les usages des états constitutionnels de l’Europe“ (Paris 1842, Dusillion, 8°.), worin er die Parallele der Regentschafts-Normen anderer Staaten Europa’s zog und principiell zu Gunsten der mütterlichen Regentschaft schloß. Die Vertraulichkeit zwischen Lamartine und D. bewog Letzteren, als er gewahr wurde, daß Lamartine von der Juli-Regierung zur Opposition getrieben wurde, zur Herausgabe einer zweiten Brochure: „Guizot et Lamartine“, welche damals große Sensation in Paris erregte. Lamartine trat nach der unglücklichen Candidatur für die Präsidentschaft der Deputirtenkammer gänzlich zur Opposition über, D. aber trennte sich von ihm und näherte sich wieder dem Minister Guizot, der ihn zu verschiedenen Missionen in Deutschland, Italien und Spanien verwendete. Im J. 1845 veröffentlichte D. ein Werk unter dem Titel: „L’enseignement supérieur en harmonie avec les besoins de l’Etat. Projet de réorganisation des Facultés de droit en France, précédé d’une Lettre approbative de M. le ministre de l’instrucion publique“ (Paris 1845, Dusillion, 8°.). In Folge dessen erhielt D. von dem damaligen Minister des öffentlichen Unterrichts Grafen Salvandy den Auftrag, die deutschen und italienischen Universitäten zu besuchen und nach den Ergebnissen seiner Beobachtungen den Entwurf einer Reorganisation der Rechtsfacultäten in Frankreich auszuarbeiten. D. vollendete die Arbeit, welche dem von dem Grafen Salvandy im Jänner 1848 der Pairskammer vorgelegten Gesetzentwurfe zu Grunde lag und nur in Folge der eingetretenen Februar-Revolution nicht zur Discussion kam. Während des Jahres 1848 ergriff D. in englischen und französischen Blättern die Sache Oesterreichs mit solcher Entschiedenheit, daß es Cavaignac unterließ, den italienischen Revolutionären Hilfe zu leisten und die Regierung Kossuths anzuerkennen. Die in jener verhängnißvollen Zeit im Journal „la Presse“ veröffentlichten „Communications“ machten die Runde durch alle europäischen Blätter. Fürst Schwarzenberg, als er das October-Ministerium bildete, forderte D. auf, diese Aufsätze gesammelt erscheinen zu lassen und sie erschienen auch unter dem Titel: „La question italienne“ (Paris 1849). D.’s patriotische Hingebung hatte seine Ernennung zum kaiserl. Rathe zu Folge (Febr. 1849). Als er später im Auftrage des Ministers Freiherrn von Bruck die Reorganisation der k. k. Consulate in Frankreich und an der Nordküste Spaniens durchführte, wurde er Sectionsrath im k. k. Handelsministerium mit der Dienstleistung bei dem k. k. General-Consulate in Paris. In dieser Stellung bereiste er im Sommer 1853 Spanien, Portugal und Marokko, um die dortigen Consularämter zu inspiciren und die Mittel des österr. Handels in jenen Ländern zu heben. Die Frucht dieser Reise, wozu ihm von der französischen Regierung die Dampffregatte[WS 1] Newton eigens zur Verfügung gestellt worden, sind die in den „Mittheilungen aus dem Gebiete der Statistik“ (Jahrg. 1854, II., III. und V. Heft) abgedruckten Berichte, reich an interessanten Details und bisher wenig oder gar nicht gewürdigten Thatsachen. Der Beginn der orientalischen Verwicklungen fachte in D. den Drang zu publicistischer Thätigkeit so mächtig an, daß er 1854 seine Entlassung aus dem Staatsdienste nahm, um frei seine Polemik gegen Rußland in französischen, englischen und deutschen Blättern führen zu können. Die vielbesprochenen diplomatischen Correspondenzen des „Constitutionnel“ während des orientalischen Krieges rühren aus D.’s [190] Feder, welche zu verfassen D. dadurch in der Lage war, daß er dem französ. Minister des Aeußern Drouin de l’Huys nahe stand und dadurch aus bester Quelle schöpfen konnte, was damals im Rathe Europa’s beschlossen wurde. Nach dem am 30. März 1856 geschlossenen Frieden von Paris übernahm D. in höherem Auftrage die Darstellung der Ursachen und Wirkungen dieses Friedens, welche unter dem Titel: „Le traité de Paris, ses causes et ses effets“ (Paris 1856, gr. 8°.) erschien, durch Aufhellung interessanter diplomatischer Geheimnisse bei seinem Erscheinen viel Aufsehen erregte und reißenden Absatz fand. Bei der Thronbesteigung Napoleons III. publicirte D. eine Lebensskizze dieses Monarchen, wovon die Details an der Urquelle geschöpft wurden, da sich der Verfasser der persönlichen Gunst des Kaisers erfreut. D. lebt seit vielen Jahren in Paris als anerkannter und geachteter Publicist. In jüngster Zeit (Sept. 1857) fungirte er als Secretär bei dem III. internationalen statistischen Congresse, welcher zu Wien stattfand, wobei seine parlamentarische Gewandtheit im Congresse und von dem k. k. Handelsministerium anerkannt wurden. D.’s mannigfaltige Verdienste wurden von vielen Staaten durch Verleihung von Orden ausgezeichnet.

Louandre (Charles) et Bourquelot (Felix), La littérature française contemporaine 1827–1844 (Paris 1846, Daguin, 8°.) I. Bd. S. 161 [führt ihn mit dem Taufnamen L. Charles auf]. – Journal La Presse 1838 u. d. folg. Jahrgänge.

Berichtigungen und Nachträge

  1. Debrauz de Saldapenna, Alois [Bd. III, S. 188], gest. zu Paris 24. Jänner 1871. Ihm wird mit noch ein paar anderen Glücksrittern die Schuld zugeschrieben, sein Möglichstes dazu beigetragen zu haben, daß Erzherzog Ferdinand Max die mexikanische Kaiserkrone annahm.
    Presse 1865, Nr. 264: „Memorial diplomatique“. – Neue freie Presse 1868, Nr. 1257: „Enthüllungen“. – Roman-Zeitung (Berlin, Janke, 4°.) VIII. Jahrg (1871) Bd. II, Sp. 636, in der „Todtenschau“. [Band 24, S. 386]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Dampffregate.