Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Chiereghin, Stefano
Band: 2 (1857), ab Seite: 340. (Quelle)
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Chiari, Peter (dramatischer Dichter, geb. zu Brescia im J. 1700, gest. zu Venedig 1762). Trat nach vollendeten Studien in den geistlichen Stand, ohne jedoch die Functionen desselben zu verrichten. Er lebte längere Zeit in der Eigenschaft eines Hofpoeten des Herzogs von Modena der Literatur. 1736 u. 1737 war er Prof. der Literatur daselbst. Nachdem er Italien bereist, ließ er sich in Brescia nieder. Zu einer Zeit als Goldoni und Carlo Gozzi für die italienische Bühne schrieben, war Chiari der dritte. C.’s Stücke wurden gleich denen Goldoni’s mit Beifall in Venedig gegeben; doch besitzen sie lange nicht die vis comica und den freien munteren Dialog, der Goldoni’s Stücken eigen ist. In etwa 10–12 Jahren hatte C. an 60 Stücke verfaßt u. die Nebenbuhlerschaft mit Goldoni nahm einen feindseligen Charakter an. C. ging gar so weit, daß er Goldoni in fast lächerlicher Weise nachahmte und als dessen „Moliere“ aufgeführt worden, selbst einen zweiten „Moliere“ schrieb; als Goldoni den „Terenz“ verfaßt, mit dem „Plautus“ nachfolgte und der „Sposa persiana“ Goldoni’s mit der „Schiava Chinese“ ein Seitenstück gab. Aber nicht blos in den Titeln war Ch. Goldoni’s Nachfolger, auch die Form desselben machte er zu der seinigen und schrieb die Lustspiele in den sogenannten Versi martelliani [14silbige gereimte Verse, eine Nebengattung des Alexandriners], welcher Versart Goldoni sich bediente. C. überlebte selbst noch seinen Ruhm und sah sich auf den Brettern von Goldoni zuletzt ganz verdrängt. Seine Versuche in der Tragödie sind noch mehr mißlungen und die vier Trauerspiele, die er verfaßt, fanden eine ungünstige Aufnahme. Seine dramat. Werke erschienen gesammelt in 10 Bänden: „Commedie in Versi del Ab. Pietro Chiari“ (Venedig 1756, auch Bologna 1759–1762); – wozu noch gehört: „Nuova raccolta di Commedie in Versi ...“ (Venedig 1762) und „Tragedie“ (Bologna 1792). – Nicht viel glücklicher als mit seinen dramatischen Arbeiten war C. mit seinen Romanen, worunter als seine besten „Giuocatrice di lotto“; – „Ballerina onorata“ und „Cantatrice per disgrazia“ anzuführen sind. Dieser letztere erschien sogar in französ. Uebersetzung unter dem Titel: „Adrienne ou les aventures de la Marquise de N. N.“ (Paris 1768, 12°.). – Auch schrieb C. ein paar philosophische Werke: „L’uomo, lettere filosofiche“ (Venedig 1755, 4°.) u. m. a. Als Lustspieldichter war C. nicht ohne Talent, er besaß sogar eine glückliche Erfindungsgabe; aber der Styl ist ohne Kraft, der Dialog unwahr, affectirt, matt; als Romandichter fehlte ihm jedoch die Hauptsache: Kenntniß des menschlichen Herzens und wie ein italienischer Kritiker [341] seine Romane charakterisirt: Sono di genere fiocco, destano poco interesse, né ritraggono che eventi é circostanze di tenue rilievo.

Tipaldo, Biografia degli uomini Italiani illustri. VII. Bd.Encyclopédie des gens du monde, von Louise Ozenne. – Enciclopedia italiana. Appendice (Venedig 1853, Tasso, gr. 8°.), Fasc., 266, S. 385. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Auflage) IV. Bd. S. 93 [nach diesem gest. 1788]. – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer u. Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) I. Bd. S. 524 [nach dieser gest. im Jahre 1787]. – Bouterweck (Fr.), Geschichte der Poesie und Beredsamkeit II. Bd. S. 474.