BLKÖ:Bossi, Ludwig Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Boßler, Maria
Band: 2 (1857), ab Seite: 89. (Quelle)
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Bossi, Ludwig Graf (Archäolog und Schriftsteller, geb. zu Mailand 28. Febr. 1758, gest. ebenda 10. April 1835). Studirte in Pavia die Rechte und Naturwissenschaften. Mit großen Kenntnissen in allen wissenschaftlichen Fächern verband er ein ungemein starkes Gedächtniß. Er widmete sich anfänglich dem geistlichen Stande, und war Canonicus an der Mailänder Kathedrale. Als aber die Franzosen in Italien einrückten, verließ er, indem ihm Papst Pius VII. den Rücktritt in den Laienstand gestattete, seine Stelle und trat in französische Dienste. Zuerst versah er die Dienste eines französischen Agenten am Turiner Hofe; als später Piemont mit Frankreich vereint wurde, ward er als Präfect über sämmtliche Archive Italiens bestellt. Im J. 1803 verfaßte er im antiken Style, den er sich als ein tüchtiger Kenner der alten Sprachen angeeignet, eine Lobrede auf Napoleon. Ebenso aber wie in den classischen Studien besaß er ausgebreitete Kenntnisse in der Physik, Chemie und Mineralogie. Wie er als Canonicus theologische und religiöse Bücher geschrieben, so schrieb er nun Archäologisches, Naturwissenschaftliches u. Geschichtliches. Unter seinen archäologischen Schriften ist die bekannteste: „Observations sur le Vase que l’on conservait à Gènes sous le nom de Sacro Catino, et sur la note publiée sur ce Vase par M. Millin ec. ec.“ (Turin 1807, 8°., J. Giossy). Man hielt dafür, daß diese Vase aus Smaragd und in den Zeiten der Barbarei nach Europa gebracht worden sei; man behauptete, sie habe unserem Heilande bei der Fußwaschung der Apostel gedient. B. stellte nun die Behauptung auf, sie sei nichts als eine durchsichtige Pasta, deren Composition ein Geheimniß der alten Orientalen war. Ein Herr Gosselin, Custos der Medaillen an der königl. Bibliothek, wollte eine Abhandlung herausgeben, worin er bewiesen hatte, die Vase sei aus keiner andern Substanz als aus Bouteillenglas. Als im J. 1816 diese Vase nach Genua zurückgebracht worden, langte sie in Stücke zerbrochen an ihrer Bestimmung an. Unter Bossi’s übrigen Schriften, welche sich bis zur ansehnlichen Summe von 80, die in gelehrten Zeitschriften erschienenen Abhandlungen ungerechnet, erheben, sind anzuführen seine „Storia di Spagna“; – ferner „Storia di Leone X., 12 Bde.“ (Mailand 1816–17), eine sehr bereicherte Uebersetzung der Geschichte Leo X. von Roscoe; – „Istoria d’Italia, 19 Bde.“ (Mailand 1819–23). Seine kritischen Untersuchungen über Christoph Columbus (Mailand 1818) wurden von M. C. M. Urano in’s Französische übersetzt: „Histoire de Christophe Colomb, suivie de sa Correspondent d’éclaircissements et de pièces curieuses et inédites“ (Paris 1825, Boullaud; H. Jeannin, 8°.). Diese als 2. angekündigte Ausgabe ist nur eine neue Titelauflage der 1824 bei Peytieux erschienenen. – Sein Werk „Introduzione allo studio delle arti del disegno“ enthält reiches Material zur Kunstgeschichte. B. arbeitete auch fleißig am „Giornale della società d’incorraggiamento“ mit, und den von ihm gegründeten „Mercurio storico politico“ setzte er bis zum 30. Bde. fort. B. war ein Polyhistor, und bei seiner [90] großen schriftstellerischen Fruchtbarkeit leiden seine Schriften an einer erklärlichen Leichtfertigkeit. Der Abend seines Lebens war nicht glücklich; er starb in sehr dürftigen Verhältnissen.

Carta (Giov. Battista), Cenni biografici intorno al Cavaliere Conte L. Bossi (Mailand 1835, 8°.). – Biographie des hommes vivants (Paris 1816, L. Gr. Michaud, 8°.) I. Bd. S. 421. – Quérard (J. M.), La France littéraire (Paris 1827, Didot, 8°.) S. 426. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Aufl.) III. Bd. S. 141 [gibt irrig das Jahr 1785 als B.’s Geburtsjahr an]. – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer und Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) VI. Bd. Supplem. S. 379 [nach diesem ist B. 1758 geboren]. – Nuovissimo Dizionario degli uomini illustri d’ogni età ec. (Milano 1854, G. Pozzoli, 16°.) I. Bd. S. 537 [nach diesem ist B. am 28. Februar 1758 geboren, am 1. April 1835 gestorben].