BLKÖ:Bianchi, Pietro Martire

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 1 (1856), ab Seite: 378. (Quelle)
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Bianchi, Pietro Martire, in vielen Lexiken auch Isidor (Gelehrter, geb. zu Cremona 1731, gest. ebenda 1808). Ist der Sohn eines armen Schusters. Den ersten Unterricht erhielt er von den Jesuiten, bei denen er namentlich seine Kenntniß der lateinischen Sprache ausbildete. Daher kam es auch, daß er seinen Namen Banchi in Blanco verwandelte. Frühzeitig schrieb er lateinische Briefe und Gedichte, und noch gibt es von ihm Aufsätze, welche manchen jugendlichen Streich im Ciceronianischen Latein schildern. 1756 trat er in den Orden der Camaldulenser in seiner Vaterstadt und nahm an Stelle seines Taufnamens Petrus den Klosternamen Isidor an, weßhalb er auch unter diesem in den Lexiken aufgeführt zu werden pflegt. Die höheren theologischen Studien machte er im Kloster Classe bei Ravenna, 1760 beendete er sie. Im Kloster S. Gregorio zu Rom, wohin er sich 1763 begab, trieb er das Griechische und die Archäologie. In der Numismatik und Inschriftenkunde hatte er den Ab. Mauro Sarti zum Lehrer. Die Cardinäle Zelada, Amaduzzi, Giorgi, Mazini, Giovanetti, Garatoni und Stampa bildeten seinen erleuchteten Freundeskreis und die Grundlage eines Briefwechsels, den er das ganze Leben lang unterhielt. Im Jahre 1765 erhielt er den Auftrag, Mathematik und Philosophie im Kloster von Ravenna vorzutragen. Im J. 1769 [379] mußte er sich nach Fonte Avellana begeben, wo er die Logik lehrte und das denkwürdige Gemach bewohnte, in welchem dereinst Peter Damiani und Dante gewohnt hatten; dort erwarb er sich jenen großen literarischen Ruf, den er dann benützte, um den Sinn für Wissenschaft und Kunst zu wecken. Von dort folgte er einem Rufe des Erzbischofs von Montreale, Franz Testa, wo er die Leitung eines Seminars und Collegiums übernahm. Fast mit allen Akademien in Palermo in Verbindung, sandte er an dieselben, oder las in denselben die Abhandlungen über Gegenstände, die gerade damals an der Tagesordnung waren. So entstanden seine Widerlegung des Rousseau, seine „Meditazioni sulla felicità“ und seine Uebersetzung: „Saggi politici“ des David Hume u. m. a. So wurde B. der Chorführer der aus Frankreich nach Italien gebrachten Literatur, welche in Sicilien den Namen der „galanten“ erhielt, wie man auch die Akademie des Fürsten von Campofranco nannte, wo diese Art Literatur am meisten gepflegt wurde. Um diese Zeit wurde B.’s Mäcen der Fürst Raffadali von dem Könige von Neapel nach Dänemark als Botschafter gesendet und der Fürst nahm nun B. als seinen Secretär mit. Im Herbst 1774 schifften sich Beide in Palermo ein, landeten in Toulon, setzten die Reise durch Deutschland fort, wo sie Klopstock und andere Schriftsteller besuchten und gingen über Amsterdam nach Kopenhagen. In dieser Stellung hatte B. Muße genug, seinen schriftstellerischen Neigungen zu leben und so entstanden die Briefe über die literarischen und künstlerischen Verhältnisse Dänemarks, welche er später in einem Bande gesammelt herausgab. Nach zweijährigem Aufenthalte in Kopenhagen wurde Raffadali als Botschafter nach Portugal versetzt. 1776 reiste B. mit ihm an seinen neuen Bestimmungsort und beide gingen vorerst über Flandern nach Paris. Hier wurde B. mit den Encyklopädisten, mit Buffon, d’Alembert, Rousseau bekannt; diesen letztern besuchte er, was doch mit einigen Schwierigkeiten verbunden war. In Bordeaux lernte B. den berühmten Montesquieu kennen und wohnte einer Akademiesitzung bei, in welcher er einen Vortrag in ital. Sprache hielt. Endlich in Madrid angekommen, fühlte er seine Gesundheit so angegriffen, daß er den Fürsten um seine Entlassung bat. Er reiste nun nach Mailand, wo er den erleuchteten Grafen Firmian kennen lernte. Dieser wollte nun Bianchi nicht gerne ziehen lassen und um ihn zu fesseln, schuf er eigens für ihn die Lehrkanzel der Moralphilosophie zu Cremona. Nun verließ Bianchi seine Vaterstadt nicht wieder. Hier in seiner Stellung als Professor der Philosophie, womit er den Posten eines Bücherrevisors verband, beschäftigend sich mit archäologischen und biographischen Arbeiten, wurde B. bald eine literarische Notabilität und wirkte in gleicher Weise wie Bettinelli (s. d. S. 357) im nachbarlichen Mantua für die Belebung der Wissenschaft. Er war gleichsam der geistige Mittelpunct: an ihn liefen von ganz Italien die Briefe über Wissenschaft und Kunst ein, und bei ihm versammelte sich auch Alles, um das Neueste darüber zu erfahren. Bianchi wollte sich schon lange vorher secularisiren lassen, aber der auf ihn eifersüchtige Orden verweigerte ihm dies und B. mußte auf Befehl seines Generals in’s Kloster Santa Caterina eintreten; zwei Jahre später, als sein Kloster aufgehoben wurde, wurden seine Wünsche erfüllt und nun lebte der Gelehrte der Wissenschaft und Tugend, bis er im Winter 1808 in’s bessere Jenseits hinüberging. Bianchi’s Werke, welche im Drucke erschienen, sind sehr zahlreich. Lancetti zählt deren 115 auf, wovon die vorzüglichsten folgende sind: „Meditazioni sopra [380] la felicità“, wovon die ersten 2 Bücher zuerst im Journal „Notizie de’ letterati“ zu Palermo (II. Sem. 1772 und I. 1773) herauskamen. In neuer Bearbeitung zugleich mit einem 3. Buche erschien es in einem Bande zu Palermo 1774, 12°. Charlotte Dorothea Biehl veranstaltete davon eine dänische Uebersetzung, worin ein Capitel über die Aufstände vorkommt, welches in der italienischen fehlt, da es Bianchi wegen der Aufstände in Sicilien nicht drucken ließ. Eine deutsche Uebersetzung erschien in Wien im Jahre 1775 bei Beck. Dieses Werk erlebte 8 Auflagen, die 8. in Gamba’s „Collezione di operette d’istruzione[WS 1] e di piacere“ Dieser Erfolg kommt doch mehr auf die persönliche Gunst, deren sich der Verfasser erfreute, als auf den eigentlichen Werth des Werkes selbst. Nun veröffentlichte B. seine „Dissertazione apologetica“ (Palermo 1771, 4°.), eine Apologie der schönen Künste und Wissenschaften, worin Rousseau’s Ansicht, daß die Geometrie, Astronomie, Poesie und Beredsamkeit aus dem Geize, Aberglauben, der Leichtgläubigkeit und der Ruhmsucht entspringen, mit Vernunftgründen und Nachweisen aus der Geschichte bekämpft wird. Bevor er noch Sicilien verließ, gab er heraus: „Saggi politici sul commercio del S. David Hume tradotti dall’ inglese con l’aggiunta d’un discorso preliminare sul commercio di Sicilia“ (Venedig und Palermo 1774, kl. 8°.). In Kopenhagen erschienen nun die „Lettere sullo stato delle scienze e belle lettere in Danimarca dopo la metà del secolo XVIII“, welche für ihre Zeit Aufschlüsse über manches in Italien damals Unbekannte gaben, heute aber von dem Artikel des Brockhaus’schen Lexik. über „Dänische Literatur“ überboten werden. Im Jahre 1781 gab er die „Opuscoli eruditi latini et italiani del P. M. Giuseppe Allegranza (s. d.) in 4°. heraus, welche 8 lateinische und 32 italienische Abhandlungen, archäologischen und epigraphischen Inhaltes enthalten. Am Schlusse dieses Werkes befindet sich von Bianchi: „Elogio storico del p. D. Giovanni Claudio Fromond – ein anderes ähnliches Werk ist sein „Elogio storico di Pietro Verri (Cremona 1803, Manini, 8°.). B.’s in seiner zweiten Lebenshälfte veröffentlichten Werke betreffen gewöhnlich seine Vaterstadt Cremona; es sind darunter bemerkenswerth die „Memorie storiche intorno alla vita della beata Elisabetta Picenardi cremonese“; – die „Marmi cremonesi, ossia ragguaglio delle antiche inscrizioni che si conservano nella villa delle Torri de’ Picenardi“ (Mailand 1791, 8°.), worin doch die Marmi cremonensi erst in Classe IV bis VII vorkommen; Classe I, II, III enthält die Marmi bresciani, marmi comaschi und Lapidette napoletane; – „Antichi monumenti della gente Magia“ (Cremona 1793, 8°.) enthält 69 aus Muratori, Fabretti, Maffei, Gruterus u. a. gesammelte Inschriften auf diese alte Familie, die ihren Ursprung aus römischer Zeit ableitet. Die letzte Arbeit B.’s war: „Sulle Tipografie ebraiche di Cremona del secolo XVI con un ragguaglio di un Salterio ebraico stampato in detta citta nel secolo medesimo“ (Cremona 1807, Feraboli). Die große Menge der übrigen Schriften, die meistens unbedeutend und welche V. Lancetti in seiner „Biografia cremonese“ vollständig aufzählt, übergehen wir.

Cenni biografici dell’ abate J. Bianchi (Cremona 1844, 8°.). – Biografia sinottica de J. Bianchi (ibid. 1844, 8°.). – Ugoni (Camillo), Della Letteratura italiana nella seconda metà del secolo XVIII. Opera postuma di --- (Milano 1856, Bernardoni, gr. 8°.) II. Bd. S. 413–436. – Lancetti (Vincenzo), Biografia cremonese. vol. II. 225. – Lombardi, La storia della letteratura ital. tom. IV. p. 295. – Bello (Louis), Vie du P. Bianchi.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: d’instruzione.